Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
Außerdem hat der doch alle, die gut wegkommen wollten, um Inserate angeschnorrt.«
Sieh an, offenbar kein Geheimnis für Insider.
»Nicht, dass ich mir das nicht leisten könnte. Ich bin sparsam, das Lokal und die Wohnung gehören mir, da fallen die hohen Mieten in dieser Gegend weg, aber ich brauche keine Inserate. Meine Bar ist auch so voll.«
»Irgendwelche besonderen Streitereien in letzter Zeit?«
»Sie sind doch Privatdetektivin.«
»Nein, Billys Freundin. Nebenbei auch Journalistin. Vom ›Magazin‹.«
Ihre Miene wird reserviert. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
»Wir haben über anderes geredet.«
Rosa Flieder schüttelt den Kopf und lächelt dann. »Hab ich offenbar wieder einmal zu viel geredet. Aber ich habe nichts zu verbergen, schreiben Sie nur, dass bei mir alles sauber ist. Keine Homo-Fehden, keine anderen Streitereien, ich habe eine Bar, in der man sich entspannen kann. Punkt.«
Fast fange ich an, Bachmayer zu verteidigen. Ich mag keine Vorurteile gegenüber Homosexuellen. Als ob die Heteros nicht ähnliche Probleme hätten – aber eben anerkannt, und wenn sie wollen, auch mit Brief, Siegel, staatlichem und kirchlichem Segen. Trotzdem nicke ich bloß und wiederhole: »Homo-Fehden?«
»Die gibt es bei mir nicht.«
»Hatte Bachmayer einen aktuellen Freund? Kann ich ihn irgendwo finden?«
»Lassen Sie den Jungen bitte in Ruhe. Der Polizei habe ich ohnehin schon seinen Namen sagen müssen. Ein Musiker, der mit deutschen Liedern, so wie der Grönemayer oder so, Karriere machen will. Hübsch genug ist er für einen Schlagerstar, heutzutage müssen sie ja in erster Linie hübsch sein. Bachmayer hat mächtig angegeben. Der Junge ist lieb, der tut niemandem etwas. Er hat außerdem gerade begriffen, dass Bachmayer von ihm nur das eine will. Aber jetzt, wo er tot ist, trauert er eben doch.«
»Woher wissen Sie das?«
»Er war da. Wahrscheinlich hat auch der Bachmayer seine netten Seiten gehabt, das alles soll sich nicht so anhören, als sei es um ihn nicht schade, um jeden ist es schade, wenn Sie verstehen, was ich meine. Aber Sie dürfen auf keinen Fall schreiben, was ich so dahergeredet habe.«
»Versprochen. Ab wann geht es bei Ihnen so richtig los?«
»Sie wollen wiederkommen?«
Ich nicke.
»Daran kann ich Sie nicht hindern … Also, die meisten meiner Stammgäste arbeiten lange, vor Mitternacht ist es selten voll bei mir. Wie das heute ist, weiß ich nicht. Natürlich haben alle vom Mord gehört. Ob da mehr Gäste kommen? Oder weniger? Man wird sehen. Ich will aber nicht, dass irgendwer meine Stammgäste belästigt. Da kann ich böse werden, ich warne Sie. Am Abend ist Willy da, er ist fast zwei Meter groß und kann einen jeden vor die Türe setzen.«
»Warum haben Sie einen Rausschmeißer?«
»Das macht er nur nebenher, er ist mein Kellner. Einer mit Überblick. Zumindest theoretisch.«
Jetzt habe ich mir doch noch einen Abstecher auf den Naschmarkt verdient. Zu viel darf ich nicht kaufen, bremse ich mich, immerhin ist Oskar nicht da, und ich werde wohl die meisten Abende der nächsten Zeit im Apfelbaum verbringen. Aber türkischen Käse fürs Frühstück und einen Sesamkringel gegen den plötzlichen Hunger. Etwas Lammfleisch, das kann ich ja einfrieren. Rote, längliche Paprika, solche mit viel Aroma, nicht das holländische Plastikzeug. Ein paar Babymelanzane. Die wären eigentlich auch fürs Wirtshaus fein, aber da will ich Billy lieber nicht hineinpfuschen. Lauch ist uns gestern ausgegangen, davon nehme ich jedenfalls drei Stangen, das kann nicht schaden.
Die Wärme, die Zurufe der Verkäufer, das Gedränge, die Gerüche und die bunten Farben, das ist wie ein kleiner Urlaub. Meine Schritte werden elastischer, mein Blick aufmerksamer. Ich bin unterwegs. Auf der Jagd. Hühnerkrägen für Gismo. Sie soll teilhaben an meiner guten Laune.
Gute Laune? Ich bleibe so abrupt stehen, dass zwei japanische Touristen auf mich auflaufen und beginnen, sich wortreich zu entschuldigen. Oder machen sie mir Vorhaltungen?
Gute Laune? Dass Bachmayer tot ist, trifft mich nicht besonders. Aber die Auswirkungen des Mordes auf Billys Lokal. Der verschwundene Koch, die üblen Späße. Ich rufe in der Redaktion an und frage Felix, ob es in den Agenturmeldungen etwas Neues gibt. Ganz stolz erzählt er mir, dass er erst vor einer Viertelstunde alles gecheckt habe, nein, es gebe nichts Neues. Offenbar lässt es sich mit ihm gut arbeiten, ein Glück.
Ich schleppe die Einkäufe die acht Treppen
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