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Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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zu meiner Wohnung nach oben, füttere Gismo, lüge ihr vor, demnächst wieder mehr zu Hause zu sein, nehme den Lauch und mache mich auf Richtung Apfelbaum.
    Billy ist wirklich zäh, sie tut, als wäre nichts geschehen. Ich sage ihr das, und sie lächelt.
    »Ich hab gelernt, mich durchzubeißen. Disziplin, ohne die kommst du in meinem Beruf nicht weit.«
    Es gibt eine Grenze der Belastbarkeit, für jede und jeden. Aber das sage ich nicht, ich nehme mir nur vor, gut auf sie aufzupassen.
    Billy steht im Schankraum und breitet die Arme aus: »Das Wirtshaus ist wunderschön, nicht wahr? Ich hab mich sofort in den Apfelbaum verliebt. Vor allem in diesen Raum. Sie werden es mir nicht wegnehmen. Das gelingt ihnen nicht.«
    »Wer sind ›sie‹?«, frage ich Billy.
    Sie lässt ernüchtert die Arme sinken. »Wenn ich das wüsste.«
    Am Abend tauchen erwartungsgemäß etliche Journalisten auf und tun so, als würden sie aus blankem Zufall heute hier essen wollen. Wäre die Sache nicht so ernst, könnte man lachen. Die eine Partie sitzt im Garten, jene von der Konkurrenzzeitung im Schankraum. Man kennt einander und beäugt sich entsprechend misstrauisch.
    Billy meint kurz angebunden: »Sie sind Gäste wie alle anderen auch. Keine Vorzugsbehandlung, keine schlechtere Behandlung.« Sie verzichtet auf eine Lokalrunde und bleibt vorerst lieber in der Küche. Wir haben ohnehin genug zu tun. Aus irgendeinem Grund bin ich heute unkonzentriert. Zwei-, dreimal, als zu viele Bestellungen auf einmal im Laufen sind, weiß ich nicht mehr, was ich tun soll. Was fehlt? Was hab ich vergessen? Was will Billy als Nächstes anrichten? Geht das Wildschweinragout mit der Entenbrust hinaus? Brauchen wir noch einen Branzino? Ich rühre hektisch in Töpfen, schwenke unnötig Pfannen und sehe nach, ob man was am Grill wenden sollte, Ersatzhandlungen, leere Kilometer, um Aktivität vorzutäuschen und das Missverhältnis zwischen Adrenalin und Können zu verringern. Dabei wäre es so wichtig, die nächsten Gerichte in Angriff zu nehmen. Aber in meinem Kopf ist nur gähnende Leere. Billy bemerkt es.
    »Zweimal Branzino auflegen, dreimal Fischfiletstreifen. Kürbisgemüse fertig machen. Wir brauchen noch eine Thymianpalatschinke. Zucchini für den Wildkarpfen.«
    Ich fasse wieder Tritt. Helle, metallische Töne, wenn Pfannen und Töpfe auf den Herd gestellt werden, am Griller zischt es, die Dunstabzugshaube, die wie ein riesiger Schirm über allem hängt, saugt auf vollen Touren, der Geschirrspüler im Eck gurgelt überflüssiges Wasser aus, er wird geöffnet, und es scheint mir, als könnte man selbst die Dampfschwaden hören. Konzert einer Küche im Hochbetrieb.
    Hans-Peter kommt und ruft: »Neuer Tisch!« Noch einer mehr. Billy knallt den Bon an die Wand zu den anderen.
    Onkel Franz umschleicht die beiden Journalistentische mit auffälliger Häufigkeit, sagt uns Vesna, als der Druck nachlässt. Sie poliert hinter der Theke Gläser und hat alles gut im Blick.
    Wenig später stellt Hans-Peter in der Küche einen Stapel leer gegessener Teller ab und sagt: »Die Zeitungsleute lassen fragen, ob die Chefin gar nicht ins Lokal kommt. Sie hätten gerne ein paar Fotos gemacht.«
    Billy sieht mich kurz an.
    »Du wirst wenig dagegen tun können. Besser, du spielst mit, als sie machen Meuchelfotos von dir.«
    »Kann ich dich alleine lassen?«
    Ich sehe auf unser Magnetbrett. Die Vorspeisen für Tisch 14 sind noch offen, Tisch 20 und Tisch 5 haben noch keine Hauptspeisen, aber das meiste ist schon am Laufen. In gewisser Weise bin ich stolz, dass Billy mir zutraut, alleine mit dem – zugegebenermaßen kleinen – Rest der Abendbestellungen fertig zu werden. Ich nicke.
    »Ich hole mir eine neue Kochbluse und mache meine Lokalrunde. Alles wie üblich. Man wird schon sehen, was passiert.«
    »Tu dir etwas Puder ins Gesicht. Glänzende Gesichter kommen auf Fotos nicht so gut.«
    Billy lacht, es klingt beinahe fröhlich. »Monatelang hab ich mir gewünscht, dass mehr Journalisten kommen. Jetzt sind sie da. Zwar keine Gastrokritiker, sondern Kriminalberichterstatter, aber was soll’s. Auf in den Kampf! Vielleicht hat mir mein geheimer Feind letztlich eine Riesenfreude gemacht!«
    Davon bin ich zwar nicht restlos überzeugt, grinse aber zurück. Erst als Billy aus der Küche verschwunden ist, fällt mir ein, dass ich nicht weiß, wie der Wildkarpfen angerichtet wird. Idiotisch, gesehen habe ich es oft genug, aber es erscheint kein passendes Bild in meinem Kopf. Seltsam,

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