Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
daheim bin ich nie unsicher, wenn es ums Kochen und Anrichten geht.
Ich bestelle bei Mahmet den Salat für das Entenhaxerl, erinnere ihn an den Weinviertler Schinken als Vorspeise und schneide dünne Scheiben vom marinierten Lachs. Die Vorspeisen sind fertig und können rausgehen. Ich richte an, garniere. Grünes Öl da, knusprig frittierte Tomatenhaut dort, dann läute ich dem Service, kläre, was mir noch für die Hauptspeisen fehlt, sautiere Steinpilze, weise den Lehrling an, Gemüse und Kaninchenbrust zu frittieren. Eine Portion Rehragout wird gewärmt, ein Stück rosa gegrillter Rehrücken liegt im Hold-o-Mat bereit.
Wieder richte ich an, selbst der Wildkarpfen sieht dem von Billy ähnlich. Zwei Kartoffelscheiben, darauf die gegrillten Zucchinischeiben, dann der Wildkarpfen, rund herum etwas vom Rucolaöl, zur Garnitur eine Gurkenblüte. Etwas grobes Meersalz.
»Auf Tisch 13 ist noch jemand dazugekommen. Könnt ihr noch einmal Variationen vom Kürbis machen?«
Ich seufze und nicke.
Zum Glück ist noch eine Kürbisblüte da. »Füllen«, sage ich zum Lehrling, »danach gleich in den Backteig und einlegen.«
Die Kürbisstücke sind aus. Ich hetze ins Kühlhaus, nehme eine Spalte Muskatkürbis, schäle sie, so schnell es geht, renne zur Schneidemaschine, um den Kürbis in regelmäßige, 8 mm dicke Scheiben zu schneiden. Gleich ist alles geschafft, dann kann ich nachsehen, was meine Kollegen … Der Kürbis ist zäh, die Spalte auch für dieses Profigerät beinahe zu groß. Ich drücke ungeduldig nach, an sich sollte ich den Fingerschutz … Ob mein Kollege vom »Blatt« …?
Es geht so schnell, dass ich gar nicht weiß: Hab ich aufgekreischt? War es die Maschine? Jedenfalls klafft in meinem Daumen ein tiefer Spalt. Blut, sehr viel Blut, noch spüre ich nicht viel, renne bloß zur Spüle, um nicht alles zu versauen. Mahmet kommt erschrocken näher.
»Schneid den Kürbis fertig, leg drei Stücke auf den Grill. Schnell«, sage ich. Nicht nur Billy kann tough sein. Ich bin richtig stolz auf mich. Dann spüre ich hellen Schmerz. Laut, sehr laut.
»Ein Pflaster und Leukoplast zum Abbinden«, rufe ich dem Lehrling zu.
»Man sollte die Chefin …«, wirft er ein.
»Die hat andere Sorgen. Mach schon, es hört nicht auf zu bluten.« Ab wann verblutet ein Mensch? Mira, mach dich nicht lächerlich. An einem Schnitt in den Finger ist noch niemand verblutet. Nicht einmal an einem tiefen. Aber warum wird mir dann so schwindlig?
Ich presse das Pflaster auf die Wunde, wickle, so fest es geht, viele Lagen Leukoplast herum.
»Einen großen Schnaps«, ordere ich bei Hans-Peter.
»Welchen?«
»Egal«, presse ich zwischen den Zähnen heraus.
»Oje«, sagt er, als er meinen behelfsmäßigen Verband sieht. Pflaster und Leukoplast sind mit Blut getränkt. Der Schnaps soll schnell kommen, sonst …
Ich kippe ihn hinunter und bilde mir ein, dass er tatsächlich hilft. Noch zwei Lagen Leukoplast, dann schaue ich auf Fritteuse und Grill. Die gefüllte Kürbisblüte gehört dringend heraus und abgetupft. Die Kürbisstücke sind auch schon fertig.
»Soll ich?«, fragt Mahmet, als ich mit der linken Hand einen Teller aus dem Wärmegerät nehme, um anzurichten.
»Geht schon«, lächle ich und komme mir tapfer vor. So was passiert in der Küche jeden Tag, wer ein Profi sein will, muss sich wie ein solcher verhalten. Ich schneide die dekorative Kürbisblüte der Länge nach in zwei Hälften, platziere sie und die gegrillten Kürbisstücke auf etwas Kürbissalat, vollende mit einem raschen Strich kalter Paprikasauce. Hans-Peter serviert.
Das Magnetbrett ist leer. Ich atme durch, verspreche mir einen zweiten Schnaps und sehe auf meinen Finger. Durch den verstärkten Verband ist nun zumindest kein Blut mehr gedrungen. Aber so wie die Wunde pulsiert, blutet sie noch. Ich zittere etwas, als ich meine ziemlich mitgenommene blaue Küchenschürze abnehme. Beinahe hätte ich meine neugierigen Kollegen vergessen. Ablenkung ist ohnehin das Beste. Vielleicht werde ich Billy später fragen, ob man mit einer solchen Wunde zum Arzt … Unsinn, so was passiert immer wieder, so was heilt von selbst zusammen.
Ehe ich noch in den Schankraum gehen kann, kommt der Lehrling und zeigt mir, wo er sich vor einem Monat verbrannt hat: Ein bläulich-roter Strich zieht sich quer über seinen rechten Unterarm. »Mahmet, zeig ihr, wo du dich geschnitten hast!«
Mahmet kommt und beweist, dass einen die Schneidemaschine noch viel schlimmer erwischen kann. Sein
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