Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
nach Putzmittel und kaltem Rauch. Wahrscheinlich ist deswegen die Türe offen. Niemand zu sehen. Ich räuspere mich, rufe schließlich: »Hallo! Wer da?«
Es ist Rosa Flieder persönlich, die nun erscheint. Sie trägt einen Jogginganzug aus violettem glänzenden Material und hat einen Putzlappen in der Hand. »An sich haben wir noch geschlossen.« Misstrauisch betrachtet sie mich: »Oder sind Sie gar noch jemand von der Presse?«
Ich mache eine vage Geste. »In erster Linie bin ich eine Freundin von Billy Winter, der Wirtin vom Apfelbaum, ehemals Souschefin im Royal Grand.«
»Die Verdächtige«, ergänzt Rosa Flieder. »Ich kenne sie nicht.« Das klingt, als ob dieser Umstand Billy noch viel verdächtiger machen würde.
»Sie hat einen Sohn, sie kann nicht viel ausgehen. Aber sie war einige Male bei Ihnen, hat sie mir erzählt.«
»Die Medien haben noch kein Bild gebracht …«
Zum Glück. Ich beschreibe Billy.
Rosa Flieder nickt. »Ich habe ein ausgezeichnetes Personengedächtnis, jetzt erinnere ich mich an sie, sie war wirklich ab und zu da, aber das ist schon lange her. Sie war mit dem Manninger liiert. Eine nette Kleine, man hat ihr nachgesagt, dass sie sehr ehrgeizig ist.«
Ich will schon widersprechen und ihr von der tatsächlichen Art der Verbindung zwischen den beiden erzählen, stocke dann aber. Wenn die Frau ein so gutes Personengedächtnis hat, wie sie behauptet, dann wird da wohl etwas dran sein. Interessant, worauf man so nebenbei kommt.
»Was wollen Sie von mir?«
»Billy Winter hat Bachmayer sicher nicht ermordet, also versuche ich herauszufinden, ob es sonst Verdächtige gibt.«
Rosa Flieder lacht, dass ihr großer, lila glänzender Busen nur so wogt. »Sie sind lustig«, keucht sie dann, »wirklich. Der Bachmayer hatte mehr Feinde, als ich Kunden habe. Und das heißt etwas. Erstens hat er alle möglichen Restaurants schlecht gemacht. Nicht immer zu Recht, das weiß ich von meinen Stammkunden. Zweitens hatte er immer wieder Probleme mit seinen Beziehungen.« Sie beugt sich vertraulich zu mir vor und flüstert: »Er war schwul. Nicht, dass ich da etwas dagegen hätte …«
»Aber?«
»Ich sage eben immer, man muss mit der Liebe und dem Sex ehrlich umgehen. Es gibt das eine, und es gibt das andere, und dann gibt es natürlich noch so Mischungen. Da wird es dann oft gefährlich. Aber er hat auf Liebe gemacht und seine Freunde doch nur ausgenutzt. Junge Burschen teilweise, dabei war er wirklich nicht schön. Aber eben einflussreich, wegen seines Magazins. Und des Restaurantführers.«
Es sieht so aus, als würde Rosa Flieder ihrem ermordeten Stammgast nicht besonders nachtrauern.
»Verkehren viele Homosexuelle bei Ihnen?«
Sie sieht mich empört an. »Wo denken Sie hin? Das ist keine Schwulenbar, aber er hat eben zur Branche gehört. Ich habe viele Leute aus der Gastronomieszene da, auch Künstler, andere Prominente. Und ganz normale Leute. Mir ist jeder recht, der seine Rechnung zahlt und nicht randaliert.«
»Kann ich mir den Innenhof ansehen, in dem er erstochen worden ist?«
»Was sind Sie eigentlich von Beruf? Privatdetektivin? Die Polizei war schon da.«
Natürlich. »Und Leute von den Medien?«
»Waren auch schon einige da.« Sie seufzt. »Das Ganze ist ein schwerer Schlag für mein Geschäft. Ich meine, im Innenhof hätte ja niemand etwas zu suchen, da stehen bloß die Mülltonnen. Aber es gibt vom Gang mit den Toiletten eine Tür hinaus. Normalerweise versperre ich sie. Die Leute in den Häusern rundum regen sich sonst wieder über den Lärm auf. Aber leider denke ich nicht immer daran.«
»Das heißt: Zumindest zwei Personen, Bachmayer und sein Mörder, müssen durch das Lokal gegangen sein, zu den Toiletten und dann durch die in den Innenhof.«
»Bachmayer ist schon etwas angetrunken gekommen, das war zirka um Mitternacht, das hab ich der Polizei und auch den Journalisten schon gesagt. Wer hinausgegangen ist, weiß ich nicht. Ich kontrolliere doch nicht, wer wann aufs Klo geht. Es war einiges los am Dienstagabend. Außerdem kann man nicht nur von uns aus in den Innenhof, sondern auch durch die Hintertüren der Häuser rundum.«
Zuckerbrots Mordkommission wird das alles überprüfen, da bin ich mir sicher. Routinearbeit.
»Hat Bachmayer auch einmal etwas über Ihre Bar geschrieben?«
Frau Flieder lacht schon wieder. »Wo denken Sie hin? Niemand will, dass die eigenen Stammlokale überfüllt sind. Schon gar nicht mit Touristen. Das hier ist eine Touristengegend.
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