Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
eben. Was weiß ich, woran. Er hat nie die richtigen Bewegungen gehabt, wahrscheinlich war es das. Ein Streber ohne Talent. Aber als Journalist hat er sich hinaufgearbeitet. Ein eigenes Magazin, einen wichtigen Gastronomieführer.«
»Wer wird eigentlich erben?«
»Gute Frage. Keine Ahnung, Sie wissen ja, er war …« Der Koch wedelt mit der Hand durch die Luft, als ob er sich verbrannt hätte. Leicht hatte es der schwule Bachmayer in dieser Umgebung sicher nicht. Also hat er sich gerächt. Mit seinen Kritiken. Trotzdem, die Sache mit den Inseraten bleibt mies.
Ein jüngerer Mann, schwarzes T-Shirt, Designerjeans, dreht sich zu uns um. »Das kann ich dir sagen, Alfi«, wendet er sich zu meinem Gesprächspartner. »Seine beiden Hunde. Bachmayer war ganz schön exzentrisch. Es sind die ersten beiden Hunde, die ein Gastronomiemagazin herausgeben werden. Wahrscheinlich wollte er euch noch im Nachhinein eins auswischen!« Er lacht.
Die Erbschaftsgeschichte interessiert auch einige andere in unserer Umgebung. Der Chef vom Solid kommt, der Koch vom Wiener Schmäh drängt sich mit seinem übergroßen Model heran. Auf den zweiten Blick erkennt er in mir sogar eine Journalistin vom »Magazin«, auch wenn ihm mein Name nicht einfällt. Damit kann ich leben. Ich bin eben nicht seine Kragenweite. Er meine auch nicht.
»Wisst ihr, wie ›Fine Food‹ in Zukunft heißen wird?« Kunstpause. »Hot Dogs!«, ruft er und schüttet sich vor lauter Lachen etwas Bier auf sein Armani-Polo.
»Ob es wirklich die Kleine war …? Wie heißt sie …? Billy Winter? Ein paarmal sind wir uns über den Weg gelaufen, schlecht ist sie nicht, fachlich. Aber die hat Haare auf den Zähnen«, meint der vom KaReh. Bei einem Mann hätte das wohl »durchsetzungsstark« oder so ähnlich geheißen.
Der Chef vom Solid wärmt die alte Geschichte zwischen ihr und Manninger auf, sehr viel scheinen die meisten über Billy nicht zu wissen. Außer, dass sie gute Chancen gehabt hätte, Küchenchefin im Royal Grand zu werden, sich aber dann doch für den Apfelbaum entschieden hat.
Ob da nicht doch noch etwas zwischen ihr und dem Manninger läuft, wird gemutmaßt. Aber säße er dann in New York und sie im Weinviertel? Unser Kreis wird größer.
Rosa Flieder mischt sich ein. »Der Manninger ist seit einigen Jahren fest mit seiner Amerikanerin zusammen. Ihr gehört eine Werbefirma. Sie wollte zurück, deswegen ist er nach New York.«
Was Frau Flieder sagt, wird geglaubt, das merke ich sofort.
»Dass sie Salz und Zucker vertauscht hat, das kapier ich nicht«, meint das Model.
Ihr Begleiter streichelt ihr beiläufig über die Wange. »Du bist zu nett. Das Mädel wird überfordert gewesen sein.«
Der KaReh-Koch widerspricht, bevor ich mich nicht mehr zurückhalten kann. »Wer soll versehentlich Zucker und Salz mischen? Außerdem: Das ›Mädel‹ ist gut und seit fast zehn Jahren Souschefin. Wer, glaubst du, hat die Küche im Royal Grand in den letzten Jahren geleitet? Demetz sicher nicht mehr. Und der Klaus … Das ist ein Weichei. Da ist sie schon ein anderes Kaliber.«
Jetzt muss ich etwas nachlegen. »Irgendjemand scheint sie sabotieren zu wollen. Zuerst die durchgeschnittenen Leitungen zu den Kühlanlagen, dann die Sache mit Salz und Zucker, dann die Melone, die durchs Fenster geworfen wurde.« Mir schaudert bei der Erinnerung daran.
»Küchenstreiche«, sagt einer und zuckt mit den Achseln.
»So eine Melone kann jemanden schwer verletzen.«
Einige kichern. Sie haben die Aktion ja nicht mitbekommen.
Der Chef des Solid spöttelt: »Das perfekte Verbrechen! Man nehme eine Wassermelone von mindestens fünfzehn Kilo, erschlage jemanden, verarbeite die Waffe danach zu Wassermelonensorbet und verfüttere es an die Gäste! Vielleicht als kleine Aufmerksamkeit des Hauses.«
Lautes Lachen.
»Ihr Koch ist verschwunden.«
Das Grinsen wird etwas weniger breit.
»Seltsame Sache. Jemandem den Koch abzuwerben gehört zum Schlimmsten, was man momentan einem Feind antun kann. Bei der Personalknappheit. Da lass ich mich lieber mit zehn Melonen beschießen. Aber wehe, ihr sagt das meiner Truppe. Zwei von ihnen lehnen da hinten herum.« Der Solid-Chef deutet auf einen der umlagerten Nischentische.
Die Diskussion verlagert sich für einige Minuten hin zum akuten Mangel an Köchen. Jeder kennt jemanden, der einen Koch sucht, niemand kennt gute Köche – oder auch Köchinnen –, die zu haben wären.
»Die Jungen halten einfach nichts mehr aus«, sagt der
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