Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
»ich habe mein Mobiltelefon auch so eingestellt. Nicht jeder muss meine Nummer wissen.«
»Kennst du dich eigentlich mit Computern aus?«, frage ich Daniel.
Er sieht mich erstaunt an. »Ja klar. Das ist sogar ein Hobby von mir. Die Homepage des Lokals habe ich selbst gemacht.«
Aber Daniel ist alles andere als verrückt. Warum sollte er im Internet absurde Drohungen platzieren? Um abzulenken?
Schön langsam erscheint mir jede und jeder verdächtig. »Bis morgen Mittag muss ich meine Reportage abgeliefert haben«, seufze ich. »Soll ich Demetz mit hineinnehmen? Soll ich mich auf Josef Dvorak beschränken?«
Onkel Franz reibt sich die Hände. »Wenn ich den in die Finger kriege …«
»Danke, Hackfleisch hatten wir schon genug«, meint Billy.
Jetzt kann sie über die Sache mit der Hand schon beinahe wieder scherzen. Mir gelingt das noch nicht. Zu genau erinnere ich mich, wie sich die beiden Finger angefühlt haben. Die Finger des Fernsehkochs Udo Baumann, des Lieblingsschwiegersohns der Nation, der sich aus Imagegründen nicht scheiden lassen wollte. Vielleicht ist ihm das zum Verhängnis geworden. Noch etwas, das ich nicht schreiben kann. Verdammt.
»Was man tun muss, ist klar«, sagt Onkel Franz. »Man muss Demetz eine Falle stellen.«
»Wie?«, fragt Daniel.
Onkel Franz sieht ihn überheblich an. »Anlocken muss man ihn. Er hat schon so viel angerichtet. Wenn er eine gute Gelegenheit wittert, dann wird er kommen. Oder wir beleidigen ihn. Dann kommt er, um sich zu rächen.«
»Sollen wir etwa an alle möglichen Verdächtigen Zettel verteilen? Vielleicht mit dem Text: Kommt am Mittwoch in der Nacht vorbei, die Türe steht offen, Billy Winter ist ganz allein und weiß von nichts?« Daniel kann Onkel Franz offenbar auch nicht besonders leiden. Aber irgendwie hat er schon Recht. Vielleicht hat das Gehirn von Onkel Franz doch gelitten.
Er wehrt sich: »Natürlich wird nicht die Chefin der Köder sein, Sie werden es sein. Für unsere Chefin ist das viel zu gefährlich. Sie wollen ja ein Mann sein …«
Ich lege Onkel Franz beschwichtigend die Hand auf die Schulter. »Das klingt alles gut, in der Praxis ist es aber …«
Gleichzeitig habe ich eine Idee. Warum Zettel verteilen, wenn es eine viel bessere Methode gibt? Der oder die Täter werden lesen, was im ›Magazin‹ steht. Sie werden wissen wollen, was ich weiß. Eine Falle, eine Provokation. Das heißt aber auch, dass ich auf die Geschichte mit Demetz verzichten sollte. Was aber, wenn bis zum nächsten Heft auch andere wissen, dass er zumindest am Rande seine Hände im Spiel hat? Berufsrisiko. Ich will alles, also muss ich es eingehen. Das Interview mit Manninger werde ich bringen, kurz. Es wirkt nicht so, als würde ich ihn verdächtigen. Er darf sich Sorgen machen und Billy loben. So wiegt er sich in Sicherheit.
Billy, Onkel Franz und Daniel reagieren unterschiedlich.
Onkel Franz ist begeistert, dass ich seine Idee aufgegriffen habe. Daniel möchte auf keinen Fall, dass ich den Täter zum Apfelbaum hinziehe. Billy wiederum will nicht, dass ich den Täter in Richtung Offen lenke.
Wir debattieren lange. Ich mache mir Sorgen. Noch weiß ich nicht, wie die Falle aussehen könnte. Noch weiß ich nicht, wie provozieren.
»Werden wir die Polizei informieren?«, fragt Billy.
Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Aber besser, Zuckerbrot weiß nichts von meinen Plänen, er könnte sie durchkreuzen. Der Täter handelt schnell, so war es jedenfalls bisher. Der Polizeiapparat braucht Zeit. Außerdem: Fremde Gesichter im Ort fallen auf. Also können uns außerhalb der Öffnungszeiten auch Beamte in Zivil nicht schützen, ohne sofort zum Dorfgespräch zu werden. Der Täter ist schlau. Zumindest war er es bisher.
Gegen den Willen von Onkel Franz und Daniel entscheiden wir uns letztlich dafür, unsere Falle im Apfelbaum aufzubauen. Hier gibt es einfach mehr Möglichkeiten als in der Stadt. Für ihn und für uns.
Gemeinsam mit Daniel breche ich auf. Höchste Zeit für ihn, um rechtzeitig zum Abendgeschäft im Lokal zu sein. Es ist beinahe halb acht. Onkel Franz wehrt sich dagegen, dass ihm Billy etwas zu essen macht, er sei gewohnt, für sich selbst zu sorgen. Billy widerspricht.
Ich beschließe, nun doch noch in die Redaktion zu fahren. Vielleicht gelingt es mir, den Großteil der Reportage heute Abend fertig zu stellen. Morgen um elf ist Billys Sorgerechtsverhandlung. Ich habe es ihr nicht versprochen, aber wenn es geht, werde ich sie begleiten.
Wie zum
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