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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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letzter Zeit. Im Mondlicht waren im Schiefergestein Fahrzeugspuren zu erkennen. Eine Vielzahl von Fahrzeugspuren, die von einem der Steintore ausgingen oder zu ihm führten. Fahrzeugspuren, wie sie im Lauf von zwei oder drei Jahren entstanden sein mussten. Dann waren da auch neuere Spuren, die in das andere Tor führten. Das größere. Größere Spuren. Jemand hatte ein paar große Fahrzeuge dort hingebracht. In allerletzter Zeit.
    Er trat aus dem Wald heraus und arbeitete sich zum Boden der Senke hinunter. Seine Schuhe erzeugten auf den kleinen flachen Steinen Geräusche, die in der Stille wie Gewehrschüsse klangen. Das Knirschen seiner Schritte hallte von den Felswänden zurück. Er kam sich winzig und allen sichtbar vor, wie ein Mann in einem Albtraum, der nackt quer über einen Fußballplatz geht. Er hatte das Gefühl, als wären die ihn umgebenden Berge eine gewaltige Ansammlung von Zuschauern auf den Tribünen, die alle stumm auf ihn hinabstarrten. Er schlich unter erheblicher Geräuschentwicklung zu den Toren des kleineren Schuppens. Aus der Nähe konnte man erkennen, dass es ein recht großer Bau war. Vermutlich errichtet, um riesige Maschinen und Pumpen aufzunehmen. Die Tore waren über dreieinhalb Meter hoch. Sie waren aus geschälten Baumstämmen gebaut, die mit eisernen Krampen zusammengehalten wurden. Sie wirkten wie die Wände eines Blockhauses, die mit Angeln an einer Bergwand hingen.
    Schloss gab es keines. Es war auch schwer, sich hier ein Schloss vorzustellen. Kein Schloss, das Reacher je zu Gesicht bekommen hatte, hätte der Größe dieser Tore entsprochen. Er stemmte sich mit dem Rücken gegen den rechten Torflügel und drückte den linken Flügel einen Fuß breit auf. Das eiserne Scharnier bewegte sich leicht auf einer dicken Schicht Wagenschmiere. Er zwängte sich seitlich durch den Spalt und trat ein.
    Drinnen war es stockfinster. Er konnte nichts sehen. Er blieb stehen und wartete, bis sich seine Augen an die Dunkelheit angepasst hatten. Aber es wollte sich keine Nachtsicht einstellen. Er trat weiter hinein, die Hände vor sich wie ein Blinder ausgestreckt.
    Er fand ein Fahrzeug. Sein Schienbein traf die vordere Stoßstange, ehe seine Hände die Motorhaube berührten. Das Fahrzeug war hoch. Ein LKW oder ein Pick-up. Zivil. Glatter Hochglanzautolack. Nicht matter Militärlack. Er tastete mit den Fingern über den Rand der Motorhaube, die Seiten hinunter. Ein Pickup. Er tastete sich hinten herum und auf der anderen Seite wieder hinauf. Tastete nach der Fahrertür. Nicht abgesperrt. Er öffnete sie. Die Innenbeleuchtung flammte auf wie ein Scheinwerfer von einer Million Kerzenstärken. Bizarre Schatten tanzten überall herum. Er befand sich in einer gewaltigen Kaverne. Sie hatte keine hintere Wand, sondern öffnete sich in die Bergflanke hinein. Die Felsdecke senkte sich und wurde zu einem schmalen, aus dem Gestein herausgearbeiteten Gang, dessen Ende sich in der Dunkelheit verlor.
    Er griff in die Fahrerkabine und schaltete die Scheinwerfer ein. Die Lichtbündel wurden von den Felsen zurückgeworfen. Jetzt konnte er ein Dutzend Fahrzeuge erkennen, die sorgfältig in Reihe parkten. Alte Pkws und Pick-ups. Jeeps aus Armeeüberbeständen mit primitiver Tarnbemalung. Und der weiße Ford Econoline mit den Löchern im Dach. Er sah nach seiner Reise von Chicago hierher traurig und verlassen aus. Irgendwie ausgemergelt und mit durchgedrückten Federn. Werkbänke und alte Werkzeuge hingen darüber. Kanister mit Farbe und Öl, Haufen von abgefahrenen Reifen und verrostete Flaschen mit Schweißgas.
    Er durchsuchte die ihm am nächsten stehenden Fahrzeuge. In allen steckten die Schlüssel. Im Handschuhkasten des dritten Pkws, den er durchsuchte, fand er eine Taschenlampe. Er nahm sie an sich. Ging zu dem Pickup zurück und schaltete die Scheinwerfer ab. Ging zu den mächtigen Holztoren zurück und trat wieder hinaus in die Nacht.
    Er wartete, lauschte. Nichts. Er zog die Torflügel zu und ging zu dem größeren Schuppen hinüber. Hundert Meter über die Schieferfläche. Der größere Schuppen hatte ähnliche Holztore. Eher noch größer als der Fahrzeugschuppen. Und sie waren abgesperrt. Ein so primitives Schloss wie dieses hier hatte er noch nie gesehen. Es war einfach ein alter, verbogener Baumstamm, den man über zwei Klammern gelegt und festgekettet
hatte. Die Ketten waren mit zwei großen Vorhängeschlössern gesichert. Reacher ignorierte sie. Es erübrigte sich, an den Schlössern herumzufummeln. Er

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