Ausgeliefert: Roman (German Edition)
Aufzeichnungen waren makellos und die Effizienz des ganzen Apparates erstklassig. Nicht in einem Maße, dass es ihnen möglich gewesen wäre, den gesamten Wissensdurst des FBI sozusagen aus dem Stand zu befriedigen, aber immerhin so, dass sie praktisch vor der Nase des härtesten Konkurrenten auf der ganzen Welt funktionieren und ihre Angestellten regelmäßig bezahlen konnten. Auf jeden Fall halfen ihre Aufzeichnungen und die Effizienz ihrer Organisation McGrath. Halfen ihm, binnen dreißig Sekunden zu erkennen, dass er im Begriff war, in eine Sackgasse zu geraten. Das Personal von Meigs Field war überzeugt, weder Holly Johnson noch einen der vier Kidnapper jemals gesehen zu haben. Ganz sicherlich nicht am Montag und ganz sicherlich nicht gegen dreizehn Uhr. In dem Punkt waren sie unerschütterlich. Sie übertrieben es nicht. Sie waren sich ihrer Sache nur sicher, und dies mit der gelassenen Überzeugung von Leuten, die ihre Arbeitszeit damit verbringen, kleine
Flugzeuge in den wohl dichtest beflogenen Verkehrsknoten des ganzen Planeten zu schicken.
Es gab also keine verdächtigen Starts von Meigs Field, ganz sicher nicht zwischen Mittag und etwa fünfzehn Uhr. Das war klar. Die Unterlagen wiesen das eindeutig aus. Die drei Agenten verließen den Kontrollturm ebenso schnell wieder, wie sie ihn betreten hatten. Die Angestellten im Tower nickten sich gegenseitig zu und vergaßen die ganze Angelegenheit, noch bevor die FBI-Leute wieder auf dem kleinen Parkplatz in ihren Fahrzeugen Platz genommen hatten.
»Okay, fangen wir von vorne an«, sagte McGrath. »Sie beide kümmern sich um die Situation mit diesem Zahnarzt in Wilmette. Ich habe etwas anderes zu erledigen. Und ich muss Webster anrufen. Ich wette, die gehen dort unten in Washington bereits die Wände hoch.«
Siebzehnhundertundzwei Meilen von Meigs Field entfernt benötigte der junge Mann im Wald Instruktionen. Er war ein guter Agent, gut ausgebildet, aber im Hinblick auf verdeckte Tätigkeit war er neu und relativ unerfahren. Die Nachfrage nach Agenten für den verdeckten Einsatz nahm ständig zu. Das Büro hatte alle Mühe, sämtliche Planstellen zu besetzen. Also wurden Leute wie er eingeteilt. Unerfahrene Leute. Er ging davon aus, dass er so lange klarkommen würde, wie er sich ständig ins Gedächtnis rief, dass er nicht auf jede Frage eine Antwort hatte. Sein Selbstbewusstsein störte das überhaupt nicht. Er war stets bereit, um Anleitung und Hilfe zu bitten. Er war vorsichtig. Und er war Realist. Realist genug, um zu wissen, dass er hier überfordert war. Die Dinge in seiner Nähe entwickelten sich in einem Tempo zum Schlechten hin, dass für ihn zweifelsfrei feststand, dass man mit dem Schlimmsten rechnen musste. Was das sein würde, wusste er nicht. Es war nur so ein Gefühl. Aber er vertraute seinen Gefühlen. Vertraute ihnen so weit, dass er stehen blieb und sich umdrehte, ehe er an seinen ganz speziellen Baum kam. Er atmete tief durch, änderte seinen Entschluss und schlenderte auf dem Weg, auf dem er gekommen war, wieder zurück.
Webster hatte McGraths Anruf erwartet. Das war klar. McGrath wurde sofort mit ihm verbunden, als hätte der Direktor bloß in seiner großen Bürosuite gesessen und herbeigesehnt, dass das Telefon klingelte.
»Fortschritte, Mack?«, fragte Webster.
»Ein wenig«, erklärte McGrath. »Wir wissen genau, was abgelaufen ist. Wir haben das alles von einer Videoaufzeichnung aus einer Sicherheitskamera in einer chemischen Reinigung. Sie ist um zehn nach zwölf hineingegangen und um Viertel nach zwölf wieder rausgekommen. Es waren vier Leute. Drei auf der Straße, einer in einem Wagen. Sie haben sie geschnappt.«
»Und was dann?«, fragte Webster.
»Sie benutzten eine gestohlene Limousine«, sagte McGrath. »Anscheinend haben sie den Besitzer getötet, um an den Wagen zu kommen. Dann haben sie Holly fünf Meilen nach Süden gebracht und die Limousine abgefackelt. Mit dem Besitzer im Kofferraum. Sie haben ihn bei lebendigem Leib verbrannt. Er war Zahnarzt, Name Rubin. Was sie mit Holly gemacht haben, wissen wir noch nicht.«
In Washington blieb Harland Webster eine ganze Weile stumm.
»Lohnt es sich, die Gegend abzusuchen?«, fragte er schließlich.
Jetzt war McGrath damit an der Reihe, eine Weile stumm zu bleiben. Er war sich nicht sicher, was hinter der Frage steckte. Meinte Webster, dass sie nach einem Versteck oder nach einer weiteren Leiche suchen sollten?
»Mein Bauch sagt mir, nein«, erwiderte er. »Die
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