Ausgeliefert: Roman (German Edition)
müssen wissen, dass wir die Gegend absuchen könnten. Mein Gefühl sagt mir, dass die sie woanders hingebracht haben. Vielleicht weit weg.«
Wieder blieb die Leitung stumm. McGrath konnte Webster nachdenken hören.
»Ja, das sehe ich wohl auch so«, meinte Webster schließlich. »Die haben sie weggeschafft. Aber wie genau? Auf der Straße? In der Luft?«
»In der Luft nicht«, sagte McGrath. »Wir haben gestern die
Linienflüge überprüft. Und jetzt waren wir gerade auf einem Privatflugplatz. Nichts dergleichen.«
»Und was ist mit einem Hubschrauber?«, fragte Webster. »Rein und raus, ganz geheim?«
»Nicht in Chicago, Chief«, widersprach McGrath. »Nicht so dicht bei O’Hare. Die Jungs dort haben mehr Radarschüsseln als die ganze Army. Wenn es irgendwelche unautorisierten Hubschrauberflüge gegeben hätte, rein wie raus, dann würden wir das wissen.«
»Okay«, sagte Webster. »Aber wir müssen diese Geschichte unter Kontrolle bekommen. Entführung und Mord, Mack, ich habe da gar kein gutes Gefühl. Sie gehen also von einem zweiten gestohlenen Fahrzeug aus? Ein Rendezvous mit der gestohlenen Limousine?«
»Ja, wahrscheinlich«, sagte McGrath. »Das überprüfen wir gerade.«
»Eine Ahnung, was das für Leute sind?«
»Nein«, erklärte McGrath. »Wir haben ziemlich gute Bilder von dem Videoband. Computeraufbereitet. Wir laden sie Ihnen gleich runter. Vier Männer, weiß, alle zwischen dreißig und vierzig, drei von ihnen recht ähnlich, Durchschnittstypen, gepflegt, kurzes Haar. Der vierte ist ziemlich groß, dem Computer nach vielleicht einen Meter dreiundneunzig. Ich nehme an, dass er der Anführer ist. Er war derjenige, der sie als erster gepackt hat.«
»Haben Sie schon eine Idee, was das Motiv sein könnte?«, fragte Webster.
»Nein, nicht die leiseste Ahnung«, sagte McGrath.
Wieder herrschte Stille in der Leitung.
»Okay«, meinte Webster dann. »Sie passen auf, dass nichts bekannt wird?«
»Ich gebe mir alle Mühe«, sagte McGrath. »Wir sind bloß zu dritt.
»Wen haben Sie eingeschaltet?«, wollte Webster wissen.
»Brogan und Milosevic«, erklärte McGrath.
»Sind die gut?«, fragte Webster.
McGrath gab einen Grunzlaut von sich. Würde er sie ausgewählt haben, wenn sie das nicht wären?
»Beide kennen Holly recht gut«, sagte er. »Die sind schon in Ordnung.«
»Heulsusen?«, fragte Webster. »Oder richtig solide, wie die Leute früher mal waren?«
»Ich habe noch nie gehört, dass einer von den beiden sich beklagt hätte«, sagte McGrath. »Über gar nichts. Sie machen ihre Arbeit und sind da, wenn man sie braucht. Sie meckern nicht einmal über ihr Gehalt.«
Webster lachte.
»Können wir sie klonen?«, fragte er.
Die kleine Witzelei hing nur ein paar Sekunden in der Luft. Aber McGrath wusste zu schätzen, dass der Direktor sich bemühte, ihm auf diese Weise sein Vertrauen zu zeigen.
»Und wie geht es Ihnen dort unten?«, fragte er.
»In welcher Hinsicht, Mack?« Webster war wieder ganz ernst.
»Der Alte«, sagte McGrath. »Macht er Ihnen Schwierigkeiten?«
»Welcher Alte, Mack?«, fragte Webster.
»Der General«, meinte McGrath.
»Bis jetzt noch nicht«, sagte Webster. »Er hat heute morgen angerufen, aber er war höflich. So läuft das immer. Eltern sind gewöhnlich die ersten ein, zwei Tage ziemlich ruhig. Nervös werden sie erst später. General Johnson wird sich da auch nicht anders verhalten. Er mag ja ein großes Tier sein, aber tief im Innersten sind die Leute alle gleich, oder nicht?«
»Aber sicher«, sagte McGrath. »Er soll mich anrufen, wenn er einen Bericht aus erster Hand haben möchte. Vielleicht tut ihm das gut.«
»Okay, Mack, vielen Dank«, sagte Webster. »Aber ich glaube, diese Sache mit dem Zahnarzt sollten wir für den Augenblick für uns behalten. Das lässt die ganze Geschichte bloß in einem noch schlimmeren Licht erscheinen. Schicken Sie mir einstweilen, was Sie haben. Ich werde unsere Leute darauf ansetzen. Und keine Sorge! Wir kriegen sie zurück. Das Büro sorgt für seine Leute, stimmt’s? Da geht nie etwas schief.«
Die beiden FBI-Veteranen ließen die Lüge in Schweigen ausklingen und legten gleichzeitig die Hörer auf.
Der junge Mann kam aus dem Wald geschlendert und stand plötzlich dem Kommandanten gegenüber. Er war klug genug, zackig zu salutieren und nervös zu wirken, zeigte aber nur die Art von Nervosität, wie sie die unteren Dienstgrade alle vor dem Kommandanten an den Tag legten. Nichts, was Argwohn erweckt hätte.
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