Ausgeloescht
lobe ich ihn. »Ein toller Auftritt. Das rasche Verschwinden am Ende war das Sahnehäubchen.«
»Unschlüssig und hasserfüllt«, stimmt Alan zu. »Genau die richtigen Zutaten für einen psychotischen Zusammenbruch. Hoffentlich erregst du damit Dalis Aufmerksamkeit.«
James gibt mir ein Zeichen.
»Ich muss gehen, Leute. Benachrichtigt mich, wenn ihr euch entschließt, wieder in den Chat zu gehen.« »Machen wir.«
Die Verbindung wird getrennt. »Was ist los?«, frage ich James. »Earl Cooper ist unterwegs. Er will uns sprechen.«
Ich strecke mich aus und versuche, mich von dem giftigen Gemisch aus Aufregung und Frust zu reinigen. »Hoffen wir, dass er etwas Nützliches zu sagen hat.«
»Ich habe ein paar Beobachtungen gemacht, bin mir aber nicht sicher, wie hilfreich sie sein werden.«
Cooper sitzt auf einem unserer Bürosessel, entspannt, aber wachsam, und zwirbelt ein Ende seines Schnauzbarts.
»Wir nehmen alles, was Sie haben«, versichere ich ihm.
»Prima.« Er lehnt sich zurück und scheint sich zu sammeln. »Ein Kernkonzept des geografischen Profilings ist die >mentale Karte<, das kognitive Bild unserer Umgebung, das wir entwickeln. Die >Karte< entsteht aus Erfahrung, Reisen, Bezugspunkten und so weiter. Wir alle haben sichere Zonen, in denen wir am entspanntesten oder zuversichtlichsten sind. Diese Zonen befinden sich in der Regel nahe an unserem Zuhause, allerdings nicht immer. Können Sie mir folgen?«
»Ich glaube schon«, sage ich.
»Beim geografischen Profiling ist der erste Mord normalerweise der nützlichste. Ich habe einige Mörder interviewt, die durch das, was ich tue, gefasst worden sind, und habe ihnen erklärt, wie wir sie gefunden hatten. Sie töteten unweit von ihrem Zuhause und entledigten sich der Leichen in Gebieten, die sie kannten. Alle hielten sie sich für clever, doch als ich ihnen die Fakten vorlegte, begriffen sie, dass sie unbewusst innerhalb einer sehr eng umrissenen Zone agiert hatten, in der sie sich wohlgefühlt haben - ein Bereich, den wir als >Komfortzone< bezeichnen.«
»Das ergibt Sinn«, sage ich. »Wer zum ersten Mal mordet, ist noch nicht vom Erfolg ermutigt. Er ist sehr erregt, hat aber auch große Angst. Relativ nahe bei seinem Zuhause zu bleiben müsste ihn beruhigen.«
»Richtig. Reisen Sie in ein fremdes Land, und Sie begreifen das Konzept sehr rasch: In vertrauter Umgebung sind wir am entspanntesten. Wir alle entwickeln Komfortzonen, bewusst oder unbewusst. Sie sind räumlich begrenzt und abgestuft. Am entspanntesten sind Sie in Ihrem Wohnzimmer. Im Garten hinter dem Haus sind Sie entspannter als im Vorgarten. Im örtlichen Lebensmittelgeschäft? Weniger entspannt als im Wohnzimmer, aber Sie haben dort schon oft eingekauft, also ist es okay. An Ihrem Arbeitsplatz fühlen Sie sich wahrscheinlich ziemlich sicher. Sie bilden eine mentale Karte, und wenn es Zeit wird, eine Straftat zu verüben, kommt diese Karte ins Spiel. Sie überdenken die Faktoren, schauen, was Sie wissen:
Fluchtwege, welche Stellen am einsamsten sind, wo das Licht der Straßenlaternen nicht hinkommt.
Gestalten wir die Sache einfacher, indem wir ein Beispiel wählen. Sagen wir, wir haben zwei benachbarte Wohngegenden. Die eine ist weiß, untere Mittelschicht. Die andere ist vorwiegend schwarz und arm, mit einer höheren Verbrechensrate. Ein Weißer wird in der weißen Wohngegend getötet, liegt erschossen auf seinem grünen Rasen hinter seinem weißen Gartenzaun. Was ist die erste Vermutung?«
»Dass einer der bedrohlichen Schwarzen herübergekommen ist und den armen weißen Mann erschossen hat«, sagt Callie.
»So ist es. Was aber ist auf der Grundlage dessen, was ich eben gesagt habe, die wahrscheinlichste Wahrheit?«
»Dass der Weiße von jemandem aus seiner eigenen Umgebung erschossen wurde«, sage ich.
»Genau. Komfortzonen.«
»Das ist ja alles sehr interessant«, sagt James und offenbart durch seinen Tonfall, dass er das genaue Gegenteil denkt. »Aber wie hilft uns das weiter?«
»Nur Geduld«, sagt Earl, von James' Feindseligkeit anscheinend unbeeindruckt. Vielleicht ist er schwierige Studenten gewöhnt. »Wir ziehen noch andere Faktoren in Betracht. Wir sehen uns den Schauplatz der Entführung und den Leichenfundort an. Wir suchen nach möglichen Fluchtwegen und fragen uns, was es uns über den Täter verrät.«
Ich verziehe das Gesicht. »Ich verstehe allmählich, weshalb Sie gesagt haben, dass Sie uns möglicherweise nicht viel helfen können. Wir wissen nicht, wer
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