Ausgeloescht
vor, sie so zu nennen - oder irgendeine andere Frau.
Das ist nur Programmierung, Bruder. Die radikalfeministische Bewegung hat die Männer konditioniert, Angst zu haben. Ich will dir ein Beispiel geben. Wir alle kennen das eine Wort, das kein Mann zu einer Frau sagen darf, richtig?
Fotze, tippt jemand anderer. Das Wort des Todes.
Genau. Nenn mir ein Wort, das sich in ähnlicher Weise auf Männer bezieht.
Niemand tippt etwas, im Cyberspace das Äquivalent von Totenstille.
Siehst du, schreibt er. Das meine ich. Wie ist das möglich?
Es gibt wahrscheinlich zehnmal so viele Schimpfwörter für Frauen wie für Männer, schreibt Leo. Wir haben viel länger Zeit gehabt, Frauen herabzusetzen.
Himmel, antwortet einer der Männer. Du hast aber eine gründliche Gehirnwäsche hinter dir, was? Leck mich.
Nur ruhig, Jungs, besänftigt der erste Schreiber. Wir sind alle an dem Punkt gewesen, wo er jetzt ist, oder wenigstens die meisten von uns. Lasst mich reden. Bist du noch da, Hurting?
Ich bin da.
Weißt du, ich habe deine Story gelesen. Lass mich dich etwas fragen: Bist du wütend auf sie? Bitte denk darüber nach, ehe du antwortest. Lass es dir richtig durch den Kopf gehen, und dann sei ehrlich. Welches Wort beschreibt das, was du empfindest, am besten?
Leo lässt sich Zeit.
Hass, schreibt er schließlich.
Gut. Naja, nicht gut natürlich, aber ehrlich. Also, warum hasst du sie?
Darum. Sie hat ohne Grund aufgehört, mich zu lieben. Sie hat mein Kind abgetrieben, ohne mich auch nur zu fragen. Und sie ist mühelos zu einer emotional Fremden geworden.
Okay, Hurting. Ich werde dir jetzt noch eine Frage stellen, und wieder solltest du gründlich darüber nachdenken. Bist du so weit?
Ich bin so weit.
Hier kommt sie: Was für eine Frau tut so etwas?
Erneutes Schweigen. Der Cursor blinkt auf dem Bildschirm, und vor meine Augen tritt das Bild einer Gruppe von Männern in einem mittelgroßen Raum, die mich beobachten und gespannt warten.
»Mach weiter, Leo«, sagt Alan. »Deshalb sind wir hier. Es wird Zeit, die Grenze zu überschreiten.«
Sie sind im »Schlampenchat«. Alan hat sich mit mir beraten, ob es zu früh ist, aber ich habe seine Bedenken zurückgewiesen. »Neugier ist normal.«
Ich würde sagen, tippt Leo, indem er sein Widerstreben weiterspielt, nur ein Miststück würde so etwas tun.
Gut! Du bist fast da, Bruder. Atme tief durch und tritt einen Schritt zurück. Sieh dir an, was es bedeutet, was du gerade gesagt hast. Wenn eine Frau, die so etwas tut, ein Miststück ist, und das ist wahr - warum um alles in der Welt solltest du irgendwelche Bedenken oder Skrupel haben, sie auch so zu nennen?
Schweigend blinkt der Cursor.
Ich begreife allmählich, was du meinst. Natürlich, Bruder. Man nennt es Wahrheit. Und? Und was?
Also SAG es. Was ist deine Exfrau, Bruder? Nicht »welche Frau würde das tun«, sondern was für eine Frau ist sie? WAS ist sie? Sie ist ein Miststück. Sag es noch mal!
Ein Miststück. Ein verfluchtes Miststück. Und was noch?
Eine Fotze. Eines verlogenes, kaltherziges, babymordendes Miststück.
Verschiedene Chatteilnehmer rufen Ermutigendes; wenigstens stelle ich es mir als Rufe vor. Vor meinem geistigen Auge sehe ich wieder die Männergruppe in dem mittelgroßen Raum. Einige haben wutverzerrte Gesichter, andere weinen. Alle schütteln die Fäuste und rufen immer wieder die Wörter: Miststück! Dreckstück! Fotze!
Wo bleibt denn mein persönlicher Liebling?,
denke ich.
Ich suche und werde fündig.
Nutte, hat jemand getippt. Scheißnutte.
Ich habe dieses Wort immer gehasst, mehr noch als das frevlerische »Fotze«. Ich bin mir nicht sicher, wieso.
Gott, ich hasse sie, tippt Leo. ICH HASSE SIE SO GOTTVERDAMMT! Ich wünschte Er hört auf zu tippen und wartet.
Was wünschst du dir, Bruder?
»Warte noch ein bisschen«, rät ihm Alan. »Er soll es aus dir herausholen. Sei nicht zu eifrig.«
Rede weiter, Bruder. Wir sind hier unter uns. Niemand kennt dein Gesicht oder deinen richtigen Namen. Halt dich nicht zurück. Was wünschst du dir?
Ich wünschte, sie wäre tot, schreibt Leo hastig. Stille. Dann:
So weit waren wir alle schon mal. Du brauchst dich nicht zu schämen. Der erste Schritt zur Wiederinbesitznahme deiner Männlichkeit besteht darin, dass du ehrlich bist, was deine Gefühle Frauen gegenüber angeht. Du weißt, was du empfindest, sie nicht. Lass dir von ihnen nicht vorschreiben, was du empfinden darfst, okay?
Ich muss weg. Danke.
Leo loggt sich aus.
»Das war gut«,
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