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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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darauf hindeuteten, dass diese Frau sehr lange Zeit in Fesseln verbracht hatte.
    »Was ist mit dir passiert?«, murmelte ich, als endlich der Rettungswagen vorfuhr. Die Sanitäter sprangen aus dem Fahrzeug und kamen zu uns gerannt, ganz auf ihre Aufgabe konzentriert. »Ich werde sie begleiten«, sagte ich.
    »Dann nehme ich Bonnie mit zu uns nach Hause«, erbot sich Elaina.
    »Ich will mit ins Krankenhaus«, protestierte Bonnie.
    »Nein, Schatz.« Es muss wohl irgendetwas in meiner Stimme gelegen haben, das Bonnie erkennen ließ, dass Widerspruch zwecklos gewesen wäre. Sie war nicht glücklich darüber, ging aber mit Elaina, ohne zu maulen.
    »Wir treffen uns im Krankenhaus«, sagte Alan. »Tolles Ende für eine Hochzeitsfeier.«
    Ich blickte Callie und Sam an. »Ihr wollt eure Flitterwochen auf Bora Bora verbringen. Ihr seid frisch verheiratet, also ab mit euch.«
    »Ts-ts«, machte Callie kopfschüttelnd. »Du solltest mich besser kennen.«
    Ich bekam keine Gelegenheit mehr, Callie zu antworten, denn die Sanitäter hatten die Frau nun in den Wagen geschoben. Als die Türen sich hinter mir schlossen, hing sie bereits am Tropf.
    Ich musterte die Bewusstlose, während wir über den Highway jagten. Ich schätzte sie auf Anfang vierzig. Ungefähr eins fünfundsechzig groß, zierlich, längliches Gesicht. Die Lippen waren weder ausgeprägt noch schmal. Sie hatte nichts Auffälliges und sah aus wie hundert andere Frauen ihres Alters. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich sie schon einmal gesehen hatte.
    Ihre Fingernägel waren ein bisschen zu lang und ziemlich schmutzig, ebenso die Zehennägel und die Füße, deren Sohlen von einer dicken Hornhaut überzogen waren, als hätte sie nie Schuhe getragen. Die Narben an den Fußgelenken waren breiter, als mir zuerst aufgefallen war; sie sahen aus, als wären sie immer wieder aufgescheuert und verheilt.
    Im Krankenhaus schaue ich den Ärzten und Schwestern zu. Die Frau kommt allmählich zu sich und wehrt die helfenden Hände ab. Sie schreit, starrt mit wirrem Blick um sich.
    »Schnallen Sie sie fest«, ordnet der Arzt an, worauf die Frau sich noch heftiger aufbäumt.
    Ich ziehe den Arzt an der Schulter zu mir herum. Er starrt mich an, verärgert über die Unterbrechung. Ich zeige ihm meinen Dienstausweis, sage ihm, was ich vermute, und deute dabei auf die Narben an den Gelenken. »Können Sie die Frau nicht einfach ruhigstellen?«, frage ich abschließend.
    »Wir wissen ja nicht einmal, was sie hat«, erwidert der Arzt gereizt. »Ihr Herzschlag ist unregelmäßig. Möglicherweise wurde sie unter Drogen gesetzt. Es ist am sichersten, wir legen ihr Gurte an.«
    »Wenn Sie die Frau festschnallen, richten Sie noch mehr Schaden an, glauben Sie mir. Ich sehe so etwas nicht zum ersten Mal.«
    Ich weiß nicht, ob es an meinem Dienstausweis, meinem Narbengesicht oder meinem Tonfall liegt, aber der Arzt nickt.
    »Vier Milligramm Ativan intramuskulär«, erteilt er Anweisung, »keine Gurte.«
    Das Team gehorcht, ohne zu murren. Die Frau kreischt und windet sich, als man sie festhält und ihr die Nadel in den Arm drückt. Kurz darauf wimmert sie nur noch, und ihr Körper entspannt sich. Ihr Atem geht ruhiger, die Augen fallen ihr zu. Die Pfleger lassen sie vorsichtig los.
    »Doktor«, sage ich, und der Arzt schaut mich an. »Entschuldigen Sie, aber da ist noch etwas. Die Frau muss auf Anzeichen sexueller Misshandlung untersucht werden.«
    Er nickt und dreht sich wieder zu seiner Patientin um. In diesem Augenblick sehe ich, dass irgendetwas unter dem Bett liegt. Ich beuge mich hinunter und hebe es auf. Es ist ein Blatt Papier, weiß, Briefbogengröße, zweimal gefaltet. Ich schlage es auseinander. Da steht in schwarzer Maschinenschrift:
     
    Wie versprochen, so geliefert. Folgen Sie den üblichen Ermittlungsschritten. Um Fragen zuvorzukommen: Ja, ich habe noch mehr in meiner Gewalt. Und ich werde sie töten, wenn Sie mich verfolgen. Seien Sie zufrieden mit dem, was ich Ihnen gegeben habe.
     
    Ich werfe einen Blick auf das Nachthemd der Frau. Es hat eine Seitentasche. In dieser Tasche muss der Zettel gewesen sein. Ich falte ihn zusammen und stecke ihn ein.
    Was ist das wieder für ein verrücktes Spiel? Was haben diese Irren davon, wenn sie einem anderen Menschen das Leben nehmen? Reicht es nicht, das Opfer zu vergewaltigen? Muss es die völlige Vernichtung sein?
    Aber das sind müßige Fragen. Außerdem kenne ich die Antwort - wenn nicht verstandesmäßig, so doch tief in

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