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Ausgerockt - [Roman]

Ausgerockt - [Roman]

Titel: Ausgerockt - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: FUEGO
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eingefroren oder, lieber noch, alle Beteuerungen über Bord geworfen und einfach angefangen, Songs für das nächste Demo zu schreiben, einfach weiterzumachen, neue Gitarrensaiten und Drumsticks zu kaufen, mehr Bier und Instantkaffee, eine Verlängerung der Pacht, irgendwann schließlich neue CD-Rohlinge und noch mehr Bier und Farbpatronen und Hoffnung, Glaube, Angst.
    Also eine Verlängerung der Zeit, in der sich ihre Köpfe im Sand befanden.
    Brunssen wusste das alles.
    Linus beneidete ihn darum, dass er jetzt im entscheidenden Moment konsequent war, dass er nicht mit sich haderte, zumindest nicht sichtbar.
    »Was wir geglaubt haben, zählt nicht mehr.« Brunssens Stimme klang wieder versöhnlicher. »Es hat halt nicht geklappt. Ich weiß, dass es nicht an unserer Musik liegt. Das ist doppelt schade, aber umso wichtiger ist es jetzt, dass wir unser Leben weiterleben und andere Dinge anpacken. Ich hab keine Lust, mit fünfzig noch in diesem muffigen Raum zu stehen und mir die Absagen der Plattenfirmen durchzulesen. Und ihr auch nicht! Irgendwann würdet ihr denken: Was hab ich nur die ganze Zeit gemacht? Mich zum Narren gemacht, das hab ich. Noch ist es okay. Aber in zehn Jahren würde ich es mir nicht verzeihen, wenn wir heute Abend nicht aufgewacht wären.«
    Im Probenraum war es nun still. Nur das Surren eines Transformators war zu hören. Dann gab es einen sanften Zischlaut. Lennard hatte sich noch eine Flasche Bier geöffnet.
    »Brunssen hat recht. Es ist vorbei«, sagte Linus. Und er meinte es auch so. Aber sie würden Zeit brauchen, sich das einzugestehen. Abgesehen von Brunssen.
    Da stand er, dieser breitschultrige Mann mit den weichen Gesichtszügen, der am Bass genauso gewissenhaft war wie in der Finanzwelt, der seine Hemden seit letztem Sommer eine Nummer größer kaufte, weil ihm inzwischen ein beachtlicher Bauch gewachsen war. Dieser Brunssen hatte sein eigentliches Leben nie aus den Augen verloren. Die Band war für ihn immer Hobby geblieben, hatte nie diesen Status erlangt, den Holger oder eben Linus ihr verliehen hatten. Ein Status, der dazu geführt hatte, dass sie sich halbwegs freiwillig in die Arbeitslosigkeit begeben hatten, um mehr Zeit für die Musik zu haben.
    »Dann war’s das jetzt?« Holger erhob sich von seinem Schemel. »Dann kann ich ja anfangen abzuschrauben, was?«
    Linus nickte und spürte ein wehmütiges Ziehen in seiner Brust. »Wir können.«
    Holger begann lustlos an den Beckenständern herumzuschrauben. Es sah nicht so aus, als wollte ein Schlagzeuger sein Drum-Set auseinandernehmen. Eher schien er auf ein Ereignis zu warten, auf einen Boten vielleicht, mit der Nachricht, man habe bei Sony die Briefe vertauscht.
    Dann hörte Linus die Melodie, den behutsam angestimmten Anfang eines ihrer Songs.
    Lennard hatte sich die Gitarre umgeschnallt, stand etwas verträumt vor seinem rauschenden Verstärker und spielte das Intro ihrer einzigen Coverversion, More Than This . Es war keine vollkommene Neuinterpretation, sondern eine druckvollere Version des späten Roxy-Music-Hits, die sich mit dem gebotenen Respekt am Original orientierte. Linus hatte es heimlich immer als erste Singleauskopplung aus Planecrash gesehen.
    Ehe er sich versah, setzte Holger statt der gewohnten Hängetoms behutsam mit der Hi-Hat ein, während Lennard den markanten Eingangslick des Songintros mehrmals wiederholte, um Linus und Brunssen Gelegenheit zu geben, ihre Instrumente vorzubereiten. Linus griff zögerlich nach seiner Gitarre, beobachtete im Augenwinkel Brunssen, der einen Moment unschlüssig dastand, schließlich zum Bass griff und seinen Verstärker aufdrehte.
    Niemals zuvor, da war Linus sicher, hatten sie More Than This so kraftvoll, so leidenschaftlich gespielt wie an diesem Abend. Ohne ein Wort zu sagen oder sich zu beratschlagen, wie sie es sonst immer getan hatten, spielten sie einen Song nach dem anderen, spielten ihr gesamtes letztes Demo. Zwölf Songs.
    In Linus’ Stimme schwang anfangs die Enttäuschung mit, doch je länger er sang, desto kraftvoller klang er, schließlich beinahe wütend.
    Hin und wieder sahen die anderen ihn an. Sie teilten seine Emotionen. Sie spielten ihr Abschiedskonzert.
    Acht Jahre Bandgeschichte. Linus fand das beachtlich für eine Band, deren Motivation nur aus dem festen Glauben an das Unglaubliche bestanden hatte.
    Nach etwa einer Stunde waren sie fertig. Sie ließen den letzten Akkord ausklingen, ohne das übliche Trommelfinale, wildes Saitengeschrabbel oder

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