Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgerockt - [Roman]

Ausgerockt - [Roman]

Titel: Ausgerockt - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: FUEGO
Vom Netzwerk:
die sich beim Sprechen kurz weiteten und dann schnell wieder zu Schlitzen wurden. »Wieso sollte ich keinen Akt draus machen? Dass es dir nichts bedeutet, haben wir doch immer gewusst. Du machst Karriere, so oder so. Aber das heißt nicht, dass ich mich damit so einfach abfinden muss. Hab ich recht, oder was?«
    Er sah erst Lennard an und dann Linus, der sich räusperte und dann ruhig sagte: »Ihr habt beide recht. Scheiße. Jeder spricht halt für sich. Es bringt jedenfalls nichts, wenn wir uns jetzt gegenseitig anmachen.«
    »Absolut«, stimmte Brunssen zu. »Also vergesse ich mal die kleine Stichelei. Fakt ist, wir haben beschlossen, dass dieses unser letztes Demo war. Was nicht ist, das ist nicht. Tut mir leid.«
    Linus wusste nichts zu sagen. Er zog erneut eine Bierflasche aus der Kiste, öffnete sie und hielt sie Brunssen vor die Nase. Eine Geste der Verlegenheit, denn Brunssen hatte ja bereits signalisiert, dass er nichts trinken wollte. Dieses Mal ließ er seine Autoschlüssel jedoch in der Gesäßtasche verschwinden und griff nach der Flasche. Er prostete Holger zu. »Lass uns nicht streiten, Alter. Wir haben es versucht.«
    Solche Worte hörte Linus gerne. Seine Band hatte ein würdigeres Ende verdient als den obligatorischen Streit, dieses lupenreine Klischee. Linus hasste Streit.
    Aber in welcher Stimmung es auch immer verlaufen würde, es war das Ende. Vor allem Brunssens Entschlossenheit ließ daran keinen Zweifel.
    Vor etwa einem Jahr, als die Weihnachtsverkäufe in den Geschäften längst beendet waren, aber noch bevor die ersten Osterhasen in den Verkauf gekommen waren, hatten die Planes beschlossen, ihr letztes Demo-Tape aufzunehmen. Bei keinem ihrer Versuche, eine Plattenfirma zu finden, hatten sie sich so leidenschaftlich bemüht wie bei diesem letzten.
    Obwohl sie immer von ihrer Musik überzeugt gewesen waren, hatte kein anderes Demo sie so stolz gemacht, denn nichts davon war so gut wie Planecrash .
    Die zwölf Songs waren eine runde Sache, jeder für sich ein kleiner Hit mit Ohrwurmpotenzial und doch so eigenwillig wie ein Befreiungsschlag für die von Einheitsbrei genötigten Ohren der Deutschen. So hatte Holger es einmal formuliert und sie alle hatten das wunderbar treffend gefunden. Und sie hatten entsprechend hohe Erwartungen gehabt, was die Reaktionen der Plattenfirmen anging, an die sie ihre Aufnahmen verschickten.
    Allerdings hatten sie zu dieser Zeit auch einen Pakt geschlossen. Ein Versuch, ihren Realitätssinn und den Glauben an Erfolg in ein angemessenes Verhältnis zu setzen.
    Der Pakt lautete: Sollten wir mit Planecrash keinen Plattenvertrag bekommen, werden wir die Band auflösen.
    Linus hatte diese Verabredung von Beginn an wie ein Schutz vor sich selbst empfunden. Schutz vor einer trostlosen Zukunft, in der er ewig arbeitslos sein und von einem Plattenvertrag träumen würde.
    Heute nun war der Tag, an dem Sony als letztes von siebzehn Plattenlabels abgesagt hatte. Es war so weit.
    »Dann wollen wir mal, was?«, sagte Lennard und sah sich dabei um, als wüsste er nicht, welches Kabel er zuerst aufrollen sollte.
    »Das kann doch nicht euer Ernst sein.« Holger klang aufrichtig schockiert. »Ich meine, wollt ihr euch wirklich von so einer beschissenen Plattenfirma den Wind aus den Segeln nehmen lassen? Die haben doch keine Ahnung, das wissen wir doch! Und sie haben verdammt noch mal nicht das Recht, uns unseren Lebensinhalt zu nehmen. Wir werden weitermachen! Werden wir doch. Oder?«
    Lennard sah aus, als wollte er »Yeah« rufen, verkniff sich im letzten Moment aber jede Reaktion und beobachtete Brunssen.
    »Nichts da!«, raunzte der. »Erinnerst du dich noch daran, wie wir hier feierlich gesessen haben und den Entschluss gefasst haben? Holger? Erinnerst du dich?«
    Holger zuckte mit den Schultern.
    »Da hast du noch am lautesten geschrien: Ja, so muss es sein. Wenn’s nicht klappt, muss auch mal Schluss sein. Das waren deine Worte, Holger. Aber das hast du nur gesagt, weil du sicher warst, dass es nicht dazu kommen würde. Du warst felsenfest davon überzeugt, wir würden mit dieser CD einen Vertrag bekommen.«
    Brunssen musterte die Bandmitglieder der Reihe nach. »An diesem Abend haben wir alle das geglaubt.« Brunssens Blick kam auf Holger zur Ruhe. »Mich eingeschlossen.«
    Bei der Erinnerung an jenen Abend musste Linus lächeln. Sie waren voller Zuversicht gewesen.
    Dann lächelten sie plötzlich alle, wehmütig.
    Linus hätte diesen versöhnlichen Moment gerne

Weitere Kostenlose Bücher