Ausgesaugt
zurückkommen.
Er sieht zu Boden.
– Natürlich. Sobald sie begreift, wie hart dieses Leben ist. Dann kommt sie zurück.
Ich setze mich auf.
– Damit würde ich lieber nicht rechnen.
Er fährt mit der Fußspitze über den Rand des Wollteppichs.
– Nein, tu ich nicht. Tu ich nicht.
Langsam bereite ich mich aufs Aufstehen vor.
– Wie dem auch sei. Sag Evie einfach, dass ich meinen Job erledigt hab. Ich hab die beiden sicher hierhergebracht. Sie wollten nicht bleiben, und mehr kann ich nicht tun.
Sein Fuß fährt erneut über den Boden, zeichnet mit der Zehenspitze ein Kreuz auf den Teppich.
– Ja.
Ich beuge mich vor, stütze mich am Schreibtisch ab und ziehe mich hoch. Da meine Eingeweide dabei nicht aus meinem Arsch fallen, bin ich wohl noch nicht tot.
– Könntest du mich zur Enklave bringen?
Er reibt mit der Fußspitze über das Kreuz.
– Die Enklave.
Ich taumle auf die Tür zu.
– Jetzt mach’s mir nicht so schwer, Chubs. Du musst ja nicht bleiben. Fahr mich einfach hin, schmeiß mich dort raus und fahr weiter.
– Joe.
Ich sehe ihn an.
Er hat eine Hand auf die Wange gelegt.
– Es tut mir leid, Joe.
Ich lehne mich gegen die Wand und versuche, nicht daran runterzurutschen.
– Chubby?
– Es tut mir so leid.
– Was denn?
Die Hand gleitet das Gesicht hinunter und zieht die Wange in die Länge.
– Ich habe nie mit Evie gesprochen.
Ich rutsche die Wand runter.
Er zieht die Wange noch weiter nach unten.
– Sie weiß nichts von Delilah oder dem Baby. Überhaupt nichts.
Jetzt sitze ich auf dem Boden.
Es sieht aus, als wäre diejenige Gesichtshälfte, auf der seine Hand liegt, unter seinen Fingern geschmolzen.
– Sie hat nie gesagt, dass du nach ihnen suchen sollst.
Er lässt sein Gesicht los und es kehrt zu seiner ursprünglichen Form zurück.
– Ich glaube, sie weiß noch nicht mal, dass du noch lebst.
Ich bleibe auf dem Boden hocken.
Ich könnte jetzt die Waffe ziehen, die ich aus Amandas Arsenal mitgenommen habe, und ihn erschießen, aber das würde ja auch nichts bringen. Ich war ihm von Anfang an einen Gefallen schuldig. Ob ich nun der Meinung war, noch einen weiteren Grund zu haben, seine Tochter zu suchen oder nicht, spielt keine Rolle. Klar, ohne diese Zusatzmotivation hätte ich wohl irgendwann das Handtuch geworfen, aber daran kann man sehen, wie clever er seine Karten ausgespielt hat.
Ich hebe die Hand.
– Schon in Ordnung, Chubby.
Ich suche nach einer Zigarette und kann keine finden. Da fällt mir ein, dass mir Ben den Tabak nicht zurückgegeben hat.
Na, egal.
Chubby kommt rüber, nimmt meine Hand und zieht mich hoch.
– Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, Joe, dann sag es. Geld, egal. Ich... alles, verstehst du?
Er legt einen Finger auf seinen Hals.
– Joe, ich würde alles tun, um es wiedergutzumachen.
Ich schubse ihn weg und schaffe es, ohne fremde Hilfe stehenzubleiben.
– Himmel, Chubby. Gestern Abend hab ich noch in der Kanalisation gehaust und mich von Abfall ernährt. Ich hab mich vor der Welt versteckt und nur so getan, als wüsste ich, was ich tue. Dabei bin ich die ganze Zeit im Dunkeln getappt. Und jetzt sieh mich an.
Ich wische etwas Dreck von meiner zerfledderten Jacke.
– Was für eine Nacht. Hab ein paar alte Freunde getroffen, ein paar Abenteuer erlebt.
Ich fädle den Reißverschluss ein und ziehe ihn hoch, bis er kurz vor meinem Brustkorb stecken bleibt.
– Ich bin ein neuer Mensch.
Ich fahre mit den Fingern durch mein Haar.
– Wenn du mir einen Gefallen tun willst, dann ruf ein paar Leute an und erzähl ihnen, was in letzter Zeit so passiert ist. Aber vorher...
Ich deute mit der Hand auf die Tür.
– ... bring mich zu meinem Mädchen.
Die letzte Stunde vor der Morgendämmerung – die Stadt liegt still da, eine kurze Atempause vor den Mühen des nächsten Tages.
Wir fahren durch die leeren Straßen.
– Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du mir hilfst.
Ich stecke meinen Kopf zum Fenster raus, um die kühle Nachtluft zu spüren.
– Tja, Chubby. Da kannst du mal sehen.
Er beugt sich vor und tippt Dallas auf die Schulter.
– Jetzt abbiegen.
Dallas wechselt die Spur und biegt in die Greenwich Street.
Chubby lässt sich wieder auf die Rückbank des Riviera fallen.
– Nun, ich will meine Beteiligung an diesem Täuschungsmanöver ja nicht kleinreden, aber in Wahrheit war es Percys Idee.
– Percy.
Er nimmt den Humidor aus der Tasche, schraubt ihn auf und zieht eine Zigarre zur Hälfte
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