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0872 - Der Templer-Friedhof

0872 - Der Templer-Friedhof

Titel: 0872 - Der Templer-Friedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Hier aber zögerte es.
    Der rechte Knochenfinger war um den Abzug gekrallt. Eine geringe Bewegung nur, und die Mündung der Waffe würde uns den Tod in Form einer Kugel entgegenschicken.
    Ich stellte mir die Frage, wen es wohl zuerst erwischte.
    Daß dieses silberne Skelett nicht mit Hector de Valois identisch war, hatten wir inzwischen herausgefunden. Es drehte sich jetzt um die Frage, wer dahintersteckte, doch eine Antwort würden wir wohl nicht mehr erhalten.
    Keiner von uns wußte, wieviel Zeit vergangen war und wie lange wir in die Mündung gestarrt hatten. Ich zumindest hatte trotz des Stresses erkannt, daß diesmal das richtige Skelett vor mir hockte, denn tatsächlich fehlte an einem Schädel ein Stück Knochen, den hatte Suko auf der Landstraße gefunden.
    Ich sah nur den Knöchernen. Es gab nichts anderes mehr. Die Wände- des doch relativ großen Arbeitszimmers waren zusammengerückt. Sie hatten alles kleiner gemacht, denn durch die Anspannung war mein Gesichtsfeld eingeengt worden, und mir fiel ein, daß ich noch immer auf die Kugel wartete.
    Der knöcherne Rächer schoß nicht.
    Etwas anderes geschah.
    Es sah unheimlich aus, man konnte es auch nicht erklären, aber der Sessel geriet in starke Vibrationen. Er begann sich zu schütteln, und ich befürchtete schon, daß er im nächsten Augenblick unter dem Druck des anderen zusammenbrechen würde.
    Aber er war stark, sehr stark sogar. Und er sonderte Kräfte ab, die einzig und allein auf den knöchernen Rächer fixiert waren. Täuschte ich mich, oder verschwamm die Gestalt plötzlich vor meinen Augen?
    Ja, sie war nicht mehr so fest, sie war dabei, sich aufzulösen, und etwas schob sich dabei immer näher heran.
    Ich konnte es nicht genau erkennen, sah nur den rötlichen Schein einer untergehenden Sonne im Hintergrund oder ein ähnliches Farbenspiel, sah große Vögel, geierähnliche, träge durch die Luft segeln, sah auf dem Boden zahlreiche bleiche Gebeine und im Vordergrund schattenhaft eine unheimliche Gestalt, die mit der rechten Hand einen langen Stock umklammert hielt, auf deren Spitze ein Totenschädel steckte. Die Gestalt war völlig haarlos, hatte aber einen Bart, der sich wie ein schwarzer Schatten um Mund und Kinn gelegt hatte. In der linken Hand hielt sie einen Dolch, während der Körper in ein violettes Gewand eingewickelt war.
    Eine Momentaufnahme, mehr nicht, aber für mich ungemein einprägsam.
    Dann war sie weg!
    Nicht mehr zu sehen. Verblüfft starrte ich auf den leeren Knochensessel.
    Ich spürte in meinem Innern den Druck. Wohl auch deshalb, weil ich zu lange den Atem angehalten hatte. In meinem Kopf rauschte es. Neben mir bewegte sich der Abbé, was ich kaum zur Kenntnis nahm, denn ich dachte wieder über den Knochensessel nach.
    Er war etwas Besonderes. Man konnte ihn im weitesten Sinne als Zeitmaschine ansehen, denn durch ihn war es möglich, in andere Dimensionen zu reisen, so war er unter anderem das Tor zu Avalon, und er war einmal ein Mensch gewesen. Man hatte ihn aus dem Gerippe des letzten Templer-Führers Jaques Bernard de Moley geformt, aber das war in diesen Augenblicken nicht wichtig.
    Ich reagierte wie ein Mensch, der seinen eigenen Augen nicht trauen wollte. Vorsichtig näherte ich mich dem Knochensessel.
    Dicht vor ihm blieb ich stehen.
    Dann berührte ich ihn. Meine Hand strich über das Gefüge der Knochen hinweg, und ich glaubte noch, eine Restwärme zu spüren, die einmal in den Gebeinen gesteckt hatte. Ich tastete ihn ab, die Wärme blieb, sie war weder schwächer noch stärker geworden, und als ich mich umdrehte, war das Rätsel nicht gelöst.
    Der Abbé und ich schauten uns an. Bloch stand inmitten der Rotweinlache, und auch meine Schritte hatten feuchte Trittspuren auf dem Boden hinterlassen.
    Mein Templer-Freund hob die Schultern.
    Ich nickte.
    »Also ist es auch dir ein Rätsel, John.«
    »Erraten.«
    »Soll ich jetzt sagen, daß es schade um den guten Wein ist, oder sollen wir uns dazu gratulieren, daß wir beide noch am Leben sind. Wie siehst du das?«
    »Es ist mir egal, mach was du willst.«
    »Okay, John. Ich werde die Splitter sammeln und die Lache aufwischen. Danach hole ich eine neue Flasche. Wir werden sie entkorken, und wir werden reden.«
    »Richtig. Die Müdigkeit ist mir vergangen.«
    Der Abbé verschwand. Ich kümmerte mich um die Scherben, holte mir einen Papierkorb heran, in die ich die Glasstücke legte, und vergaß auch nicht, dem Sessel hin und wieder einen Blick zuzuwerfen, aber bei ihm tat

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