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Ausgesaugt

Ausgesaugt

Titel: Ausgesaugt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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entkommen wollte.
    Nicht dass sie mir je was getan hätte. Es ist nur, dass sie die Gefahr förmlich ausstrahlt. Gefahr mit einer niemals endenden Halbwertszeit.
    Und sie hat kein bisschen Angst. Sie ist schlauer als alle anderen zusammen, aber ist sich noch immer nicht ganz sicher, ob ich ihre Mutter nicht doch umgebracht habe.
    Hab ich nämlich.
    Und zwar aus guten Gründen.
    Dieses Mal scheint wirklich das ganze Irrenhaus Freigang zu haben. Und früher oder später werden sie mir wohl alle über den Weg laufen.
    Diggas Rhinos laden die Leichen in den Lieferwagen. Digga ist nicht gerade der pietätvollste aller Menschen, weshalb sie Percy auch einfach auf der Ladefläche liegen lassen und alle anderen draufstapeln.
    Seltsamerweise ist nach der Mordsschießerei nicht eine Polizeisirene zu hören.
    Das bringe ich zur Sprache.
    Und Digga hat auch eine Antwort darauf.
    – Das ist gar nicht gut. Scheint, als wüssten die Cops, dass hier genau die Art von durchgeknallter Scheiße abgeht, von der man sich besser fernhält. Da machen sie dann ein Kreuzchen auf dem Stadtplan, und das bedeutet Ärger. Weißt du, früher haben sich die Cops nicht ums Verrecken nach Harlem getraut. Am nächsten Morgen ist dann ein Leichenwagen durch die Straßen gefahren und hat die Toten eingesammelt. Und erst dann haben die Cops angefangen, die Sache aufzuklären. Oder auch nicht. Jedenfalls haben sie in schöner Regelmäßigkeit diejenigen Bereiche auf der Karte markiert, wo es am gröbsten zuging. Dann kamen sie mit der grünen Minna und ihrem Tränengas und ihren Schlagstöcken und haben ein paar Schädel eingeschlagen und ein paar Nigger mitgenommen. Um auch wirklich jeden daran zu erinnern, wer hier das Scheißkommando hat und so weiter.
    Jenks und zwei weitere Rhinos sind alles, was von Diggas Einsatzkommando übrig geblieben ist. Und Jenks sieht jetzt noch schlimmer aus als vorher. Sie schließen die Hecktür des Lieferwagens, und Digga scheucht sie davon.
    – Fahrt die Leichen zum Jack rüber und legt sie ins Laugenbad.
    Digga sieht mich an.
    – Hättest dich ruhig bei ihm bedanken können. Er hat dir immerhin das Leben gerettet, Motherfucker.
    Ich drehe mir eine Zigarette.
    – Er hat auch nicht Danke gesagt, als ich seins verschont habe.
    Digga nickt.
    – Stimmt auch wieder.
    Wir gehen den Pfad hinunter.
    Ich zünde mir die Zigarette an.
    – Die Cops werden nicht viel länger stillhalten.
    – Nein, werden sie nicht.
    – Irgendwas braut sich in der Stadt zusammen.
    – Ja, stimmt.
    Wir erreichen den Ort der Schießerei. Da ich keine Munition für meine Kanone finden konnte, hab ich mir eine von den Koalitionsschlägern geschnappt. Sie ist schmal und auf Hochglanz poliert. Wie ein Modeaccessoire. Lässt sich ganz bequem in den Hosenbund stecken, ist aber für meinen Geschmack viel zu leicht.
    Ich trete einige Kieselsteine in eine Blutpfütze.
    – Das wird eine Riesensauerei geben.
    Er hat die Hände tief in den Manteltaschen vergraben und lässt sie dort, als er mit den Schultern zuckt.
    – Ich will’s mal philosophisch ausdrücken: ’ne Menge Leute sind von meinen Entscheidungen abhängig, aber wenn alle kurz vorm Durchdrehen sind, kann ein einzelner Mann nur begrenzt was ausrichten, kapiert? Ich muss versuchen, das beschissene Hood zusammenzuhalten, zum Wohle meiner Brüder und Schwestern kämpfen – da kann ich mich nicht gleichzeitig irgendwelchen beschissenen Illusionen über die Tatsache hingeben, dass wir alle gründlich im Arsch sind.
    Er nickt sich selbst zu.
    – Die Leute werden sterben. Meine Leute. Haufenweise. Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass mehr Leute anderer Clans früher sterben. Damit wir uns das zurückholen können, was uns gehört, wenn sich der Rauch verzogen hat. Wenn es überhaupt dazu kommt. Und da bin ich mir gar nicht mehr so sicher. Scheiße, vielleicht kommen ja auch alle plötzlich wieder zur Vernunft. Man weiß ja nie.
    – Da würd’ ich nicht drauf wetten.
    – Oh, keine Angst. Tu ich nicht.
    Wir haben den Fuß der Anhöhe erreicht.
    Er späht hinauf.
    – Dann werd ich mal tun, was der Alte gesagt hat, und ein paar Leute umlegen.
    Er blickt mich an.
    – Willst du mitmachen?
    Ich werfe meine Kippe in den Rinnstein und drehe mir die nächste.
    – Ich muss noch ein paar Vermisste aufstöbern.
    – Aha. Ein junges Liebespärchen samt Baby etwa?
    Er nimmt die Hände aus den Taschen und fuchtelt damit herum.
    – Du warst in diesem beschissenen Loch. Dann hast du die Zündschnur

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