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Ausgesaugt

Ausgesaugt

Titel: Ausgesaugt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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einem Stielglas serviert, doch dafür hat man alle möglichen Whiskeys zur Auswahl, und es gibt immer mindestens ein hübsches Mädchen mit schwerem irischem Dialekt und die Pogues in der Jukebox.
    Vor mir sitzt ein Typ in einem Auto, hat den Motor laufen und wartet auf jemanden. Ich halte neben ihm an und hupe. Er sieht herüber, ich mache ihm ein Zeichen, damit er wegfährt und ich einparken kann. Er dreht sich um und tut so, als hätte er mich nicht gesehen.
    In einem der Getränkehalter zwischen den beiden Vordersitzen ist etwas Kleingeld. Ich nehme eine Handvoll Münzen, lasse das Fenster herunter und werfe sie gegen die Fahrertür des anderen Wagens. Er schrickt auf und sieht mich mit dem Oh Gott, ich habe einen Verrückten verärgert -Blick an, den der durchschnittliche New Yorker so ein- bis zweimal im Jahr aufsetzt. Jetzt mache ich ein anderes Handzeichen: Ich deute erst auf ihn und dann auf die Straße, und zwar mit dem Mittelfinger. Endlich versteht er, was ich ihm sagen will, und verpisst sich, bevor ich ihm wehtun muss.
    Ich parke den Impala, betrete das Banshee Pub, schiebe mich an dem Haufen Verbindungsstudenten vorbei, die Dart spielen und die Happy Hour tüchtig ausnutzen und bestelle einen Doppelten. Ein Typ, der etwas Hellblaues trinkt, sieht mich an und deutet auf meine Augenklappe.
    – Hey, du siehst wie ein Pirat aus.
    Ich kippe meinen Drink, stelle das Glas ab, sehe den Barmann an, deute auf das Glas und wende mich dem Typen mit dem blauen Drink zu.
    – Und du siehst wie ein Boxsack aus.
    Bei meinem zweiten Drink stört mich keiner mehr.
    Das ist wahres Glück.
     
    Tick-tick-tick.
    Ich trinke.
    Tick-tick-tick.
    Ich rauche.
    Tick-tick-tick.
    Ich kenne ein paar Leute, die dem Clan namens Heilung angehören. Ich kenne sogar die Anführerinnen. Ich weiß nur nicht, wie dieser Tage mein Verhältnis zu ihnen ist. Wenn ich sie anrufe, könnten sie möglicherweise ganz aus dem Häuschen sein, endlich mal wieder von mir zu hören. Klar, Joe, komm vorbei, nimm am besten den Geheimgang, du musst einfach nur ›Sesam öffne dich‹ sagen. Doch am anderen Ende des Ganges steht dann womöglich Sela mit einem Maschinengewehr. Oder nur mit bloßen Händen. Mit denen könnte sie mich wahrscheinlich noch schneller umbringen. Auf jeden Fall würde sie sich freuen, mich zu sehen, so viel steht fest. Das Problem ist nämlich nicht sie, sondern ihre Lebensgefährtin.
    Amanda Horde. Gründerin des Clans namens Heilung und gleichzeitig seine glühendste Anhängerin.
    Wie sie über mich denkt, hängt davon ab, an wie viel sie sich noch erinnern kann. Und wie verrückt sie inzwischen geworden ist.
    Zum Glück erinnere ich mich noch an ein paar andere Telefonnummern. Eine davon hat mir immer viel Glück gebracht. Obwohl sie ausgerechnet einer Frau gehört. Nein, es ist nicht so, wie ihr denkt.
    Lydia.
    Das Gute an Lydia ist, dass sie immer mit offenen Karten spielt.
    Geradeaus und ohne Schnörkel.
     
    – Wer ist dran?
    – Hey, Lydia.
    – Wer ist dran?
    – Ich bin’s.
    Es folgt eine Pause – diese Art Pause, bei der man sich mühelos vorstellen kann, wie sich die Person am anderen Ende gerade sehnlich wünscht, sie könnte durch den Hörer greifen, den Gesprächspartner an der Kehle packen und so lange schütteln, bis er auseinanderfällt.
    Dann ertönt ein Zischen, mit dem lange angehaltener Atem wieder ausgestoßen und zu einem Wort geformt wird.
    – Feigling.
    Schon möglich. Wahrscheinlich hat sie Recht. Trotzdem verletzt dieses Wort meine Gefühle nicht besonders.
    – Freut mich auch, deine Stimme zu hören, Lydia. Pass mal auf, kennst du den schon?
    – Pitt.
    – Woher weiß man, dass eine Lesbe zu ihrer zweiten Verabredung unterwegs ist?
    – Hast du mich angelogen?
    – Warte, warte, der ist echt gut.
    – Ist es wahr?
    – Wenn eine Lesbe zu ihrer zweiten Verabredung unterwegs ist, kommt sie im Umzugswagen.
    – Gibt es das Loch wirklich?
    Ich versuche, mir noch einen Witz einfallen zu lassen.
    Sie hat offenbar keine Lust, so lange zu warten.
    – Sind diese Kinder wirklich da unten? Hast du mich angelogen, Pitt? Oder war das nur eines von deinen Spielchen? Mir egal, was deswegen alles passiert ist. Völlig egal. Aber die Kinder, Joe. Sind sie wirklich in diesem Loch? Stimmt das alles? Sag mir, Joe, hast du dir das nur ausgedacht? Klar, du hast es dir nur ausgedacht. Stimmt doch, oder? Sag mir, dass du dir das alles nur ausgedacht hast.
    Mir will einfach kein Witz einfallen.
    Nur die

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