Ausgespielt
zurückkommen?«
»Hier kann niemand rein. Der Aufzug ist blockiert.«
»Aber wenn sie merken, dass der Aufzug blockiert ist, wird ihnen garantiert klar, dass etwas nicht stimmt, oder? Wir müssen verschwinden. Bitte.«
»Okay, okay. Aber ich wusste, dass ich mit dem Raum Recht hatte. Das ist doch unglaublich, finden Sie nicht?«
»Und wie. Aber wen juckt’s? Gehen wir.«
Ich verließ den Raum und betrat den Lastenaufzug. Die andere Tür stand noch offen, und ich steckte den Kopf in den Flur, um mich zu vergewissern, dass niemand hereingekommen war, während wir uns in dem Raum aufgehalten hatten. Reba konnte sich nur mit Mühe losreißen. »Reba, machen Sie schon!«, rief ich und klang dabei genauso verkrampft und ungeduldig, wie ich mich fühlte.
Wie unter Hypnose betrat sie den Aufzug und gab den
siebenstelligen Code ein. Die Türen auf dieser Seite des Aufzugs glitten zu. Reba brachte die Wandpolsterung wieder an und zog die gesteppte Verkleidung zurecht, um die zweite Tür zu verdecken.
»Wozu haben Sie denn so lange gebraucht?«
»Es ist alles so schön. Können Sie sich vorstellen, auch nur die Hälfte der Bündel da drin zu besitzen? Sie müssten nie wieder 284
einen Finger krumm machen.«
»Logisch. Ich würde ja nicht mehr lange leben.«
Wir gingen durch die Aufzugtür hinaus, die in Becks Büro führte, und Reba gab den Halteknopf frei. Nachdem sich die Türen des Lastenaufzugs geschlossen hatten, bogen wir um die Ecke und stiegen wieder in den öffentlichen Aufzug.
Reba gab auch hier den Halteknopf frei, die Türen glitten zu, und wir begannen die langsame Fahrt nach unten. Mir war fast schlecht vor Angst, doch sie wirkte völlig ungerührt. Die Frau hatte Nerven wie Drahtseile.
Als wir unten in der Halle aus dem Aufzug traten, blickte Willard lächelnd von seinem Tresen auf. »Gefunden?«
Ich hielt die Tasche hoch, um zu demonstrieren, dass unsere Mission erfolgreich gewesen war. Meine Hände zitterten dermaßen, dass ich fürchtete, er würde es quer durch die ganze Halle bemerken. Ich tat mein Bestes, um einen Schein von Normalität zu wahren, bis wir an der Tür angelangt waren und uns entfernen konnten.
Reba dagegen blieb sich auch diesmal treu. Sie marschierte absichtlich zu ihm hinüber, stellte sich auf die Zehenspitzen, legte die Arme auf den Tresen und hielt ihm ihren verletzten Finger unter die Nase. »Haben Sie einen Erste-Hilfe-Kasten?
Sehen Sie sich das mal an. Ich bin schwer verletzt.«
Willard beäugte ihren Finger und studierte die Wunde, die nicht größer war als ein Bindestrich. »Wie haben Sie das denn angestellt?«
»Ich muss irgendwo hängen geblieben sein. Tut tierisch weh.
Wenn Sie wollen, können Sie mir einen Kuss darauf geben, dann heilt es schneller.«
Er schüttelte den Kopf, lächelte nachsichtig und zog mehrere Schubladen auf. Während er nach einem Heftpflaster kramte, suchte Reba mit hektischen Blicken die Monitore ab und 285
kontrollierte alle zehn Bildausschnitte.
Willard hielt ein Pflaster in die Höhe. »Schaffen Sie das allein?«
»Seien Sie nicht grausam. Nach allem, was ich für Sie getan habe?« Sie streckte ihm den Finger hin, und er zog an dem roten Bändchen, mit dem man die Hülle öffnete, ehe er das Pflaster herauszog und es über die Wunde klebte.
»Danke«, sagte sie. »Sie sind ein Schatz. Ich werde für eine Gehaltserhöhung plädieren.« Sie warf ihm einen Luftkuss zu, während wir auf die Tür zugingen.
Hinter uns verließ Willard seinen Posten und folgte uns. Er zog seinen Schlüssel heraus, um für uns aufzuschließen.
»Kommen Sie bloß nicht wieder. Das war das letzte Mal.«
»Tu ich nicht, aber Sie werden mich vermissen«, erwiderte sie, als wir durch die Tür schlüpften.
»Da habe ich meine Zweifel«, erklärte er, und Reba warf ihm einen weiteren Kuss zu. Für meine Begriffe trug sie ein bisschen dick auf, aber das schien Willard nicht zu stören. Er drehte den Schlüssel im Schloss um, und wir waren gerettet.
286
22
Reba bremste ihren BMW vor meiner Wohnung ab. Als ich ausstieg und die Wagentür hinter mir zuschlug, sah ich Cheneys kleinen roten Mercedes am Straßenrand stehen. Mir wurde ganz mulmig. Eigentlich hatte ich ihn ja über meine Abenteuer mit Reba in den letzten Tagen informieren wollen, doch dann war Jonahs Anruf dazwischengekommen, und Cheney war zum Tatort aufgebrochen, ohne dass ich ein Wort gesagt hatte. Die Unterlassung verursachte mir nun ein schlechtes Gewissen, als hätte ich ihm absichtlich
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