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Ausgespielt

Ausgespielt

Titel: Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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beiden würde schon genügen. In dem Fall spielt es überhaupt keine Rolle mehr, wie solide die Anklage der Behörden ist, weil euch dann der Anwalt der Verteidigung in den Zeugenstand holt und auseinander nimmt.
    Nicht, dass er je Gelegenheit dazu erhalten wird. Lange bevor es dazu kommt, macht euch das FBI anhand von Anklagepunkten wie Behinderung der Justiz, Fälschen von Beweismaterial und weiß Gott was noch fertig. Und dazu noch Meineid, sobald ihr 289
    versucht, euch aus der Affäre zu ziehen. Reba ist absolut unglaubwürdig. Eine verurteilte Straftäterin und verschmähte Geliebte. Was sie aussagt, ist von vornherein zweifelhaft.«
    »Warum hast du sie dann mit hineingezogen? Wenn sie so nutzlos ist, hättest du ja von vornherein auf sie verzichten können.«
    »Wir haben eine geheime Informantin gebraucht, keine bescheuerte Ein-Personen-Gang. Du bist doch Profi. Du weißt es besser – zumindest dachte ich das bisher. Die FBI-Leute gehen aufs Ganze. Wenn du eine Operation wie die hier verpfuschst, zahlst du den Preis dafür selbst. Was kümmert es Reba schon? Sie hat nichts zu verlieren.«
    »Cheney, ich verstehe dich ja. Natürlich hätte ich sie stoppen müssen, aber ich wusste nicht, wie. Nachdem sie Marty erzählt hatte, was im Gange ist, ist auf einmal alles eskaliert –«
    »Blödsinn. Du hast bereitwillig mitgemacht. Was ihr getan habt, war illegal –«
    »Okay. Kapiert. Ist mir klar«, räumte ich ein. »Aber hätte ich vielleicht einfach gehen sollen? Sie hängt unseretwegen in der Sache drin – genauer gesagt meinetwegen. Ich fühle mich in gewissem Maße verantwortlich dafür, was mit ihr geschieht.«
    »Dann fang lieber mal an, dich auch für dein eigenes Verhalten verantwortlich zu fühlen. Wenn die Sache schief geht, hast du mehr Ärger am Hals, als du dir je hast träumen lassen.«
    »Moment mal. Moment. Ich will mich nicht reinwaschen, aber ich bin überrumpelt worden. Als zum ersten Mal die Sprache darauf kam, habe ich dir gesagt, dass ich nicht mitmachen will, aber du hast mich dazu überredet, die schmutzigen Fotos und all das eingeschlossen. Bildwechsel, neue Szene. Ich sitze mit ihr im Dale’s, und sie plappert, was das Zeug hält, und verpfeift den ganzen Plan. Was hätte ich denn tun sollen? Wäre ich aufgestanden und gegangen, hätte sie im nächsten Moment weiß Gott was angerichtet. Ob du’s glaubst oder nicht, ich habe mich 290
    um Schadenbegrenzung bemüht. Ich gebe ja zu, dass die Sache aus dem Ruder gelaufen ist –«
    »Tu mir einen Gefallen und halt dich von ihr fern, okay?
    Wenn sie bei dir anruft, leg auf und überlass alles Weitere uns.
    Ich telefoniere mit Vince und berichte ihm von den neuesten Entwicklungen. Mal sehen, ob er noch etwas retten kann.«
    »Es tut mir Leid. Ich wollte nichts verpfuschen.«
    »Tja, jetzt kannst du nichts mehr daran ändern. Es ist bereits passiert. Aber halt dich von Reba fern. Versprich’s mir.«
    Ich hielt eine Hand in die Höhe, als würde ich einen Eid leisten.
    »Ich rufe dich später an«, sagte er schroff, ehe er aufstand und zu seinem um die Ecke geparkten Wagen ging. Ich hörte, wie er den Motor anließ und mit leicht quietschenden Reifen davonfuhr. Meine Wangen brannten noch eine Stunde später.
    Ich verbarrikadierte mich in meiner Wohnung und räumte meine Wäscheschublade auf, da ich das Bedürfnis hatte, etwas Kleines und Sinnvolles zu tun. Ich musste mein Leben auf einem risikofreien Schauplatz in den Griff bekommen, auf dem ich mich wieder kompetent fühlen würde. Vielleicht war das Falten von Unterhosen nichts Großartiges, aber mir fiel nichts Besseres ein.
    Ich machte mit der Kommode weiter und faltete meine T-Shirts neu. Dann machte ich mich an die Kramschublade im
    Erdgeschoss. Die Vorstellung, strafrechtlich verfolgt zu werden, quälte mich. Behinderung der Justiz war ein verdammt ernster Vorwurf. Ich sah mich schon selbst in Gefängniskluft, die Füße gefesselt und die Hände in Handschellen vor dem Körper, wie ich auf dem Weg in und aus dem Gerichtssaal schlurfend den traditionellen Häftlingstanz aufführte. Bald kam mir das aber doch ein bisschen zu melodramatisch vor, und ich sagte mir, dass es unsinnig war, mich in übertriebener Selbstgeißelung zu suhlen.
    Hatte ich eben Mist gebaut. Ganz schlimm. Schließlich hatte ich niemanden umgebracht.
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    Eine Stunde später hörte ich Stimmen vor der Tür. Eine davon gehörte Henry. Ich spähte aus dem Küchenfenster, doch der Winkel war zu extrem, als dass ich

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