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Ausgespielt

Ausgespielt

Titel: Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Niemand betrank sich und fiel rückwärts auf andere Gäste. Frauen weinten weder, noch kippten sie ihren Begleitern Drinks ins Gesicht. Niemand kotzte in die eleganten Toiletten mit ihren Marmorböden und den Körbchen voller winziger Frotteehandtücher. Die Gäste rauchten zwar, doch das Belüftungssystem war auf dem neuesten Stand der Technik, und eine unermüdliche Schar von Hilfskellnern trug schmutzige Aschenbecher davon und ersetzte sie etwa alle fünf Minuten durch frische.
    Reba streckte einen Arm aus und bremste mich. Wachsam stand sie da und sah Onni durchdringend an, die allein an einem Tisch saß und mit einer Nonchalance, die ich für vorgetäuscht hielt, eine Zigarette rauchte. Die Anwesenheit zweier halb gefüllter Champagnerflöten und einer in einem Kühler daneben stehenden Flasche ließ auf einen Begleiter schließen, der den Tisch vermutlich kurz zuvor verlassen hatte. Die »echte« Onni besaß nur wenig Ähnlichkeit mit der Onni, die ich auf den grobkörnigen Schwarzweißfotos gesehen hatte. Sie war groß und schlank, hatte ein langes, schmales Gesicht, eine breite Nase, dünne Lippen und kleine, fast wimpernlose Augen. Ihr dunkles Haar war absolut glatt und fiel ihr bis auf die Schultern, wobei es in jenem seidigen Hochglanz erstrahlte, den man aus der Shampoowerbung kennt.
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    Sie trug silberne Ohrringe, die weit herabhingen und bei jeder Kopfbewegung ihren Hals streiften. Die Jacke ihres schwarzen Business-Kostüms hatte sie abgelegt. Darunter trug sie ein weißseidenes Trägertop, das mehr wie ein Unterrock aussah als jedes andere Oberteil, das ich je gesehen hatte. Wenn man ihre Züge einzeln musterte, war sie eigentlich nicht hübsch, doch sie hatte es geschafft, ihre Vorzüge bestmöglich zur Geltung zu bringen. Ihr Make-up war gekonnt, und ihre Brüste wirkten so hart wie Golfbälle, die auf unerklärlichen Wegen unter das magere Fleisch auf ihrer Brust geraten waren. Trotzdem präsentierte sie sich, als wäre sie eine Schönheit, und das war der Eindruck, der vorherrschte.
    Reba ging mit vorgetäuschter Freude auf sie zu. »Onni! Ist ja traumhaft. Ich hatte gehofft, dass du hier bist.«
    »Hallo, Reba.« Onni zeigte sich kühl, doch Reba schien dies nicht zu bemerken und setzte sich auf einen Stuhl. Auch ich nahm Platz, während mir sonnenklar war, dass sich Onni überhaupt nicht freute, uns zu sehen. Neben ihr wirkte Reba kindlich, lebhaft und zierlich, mit ihren dunklen, zerzausten Haaren, den großen dunklen Augen, der perfekt geschnittenen Nase und dem zart gerundeten Kinn, während Onni ein leicht fliehendes Kinn hatte. Was Reba fehlte, war diese Pose der Selbstbeherrschung, die unter Heuchlern aus der Mittelschicht als gute Kinderstube gilt.
    »Das ist meine Freundin Kinsey«, erklärte sie. »Ich habe ihr von dir erzählt.« Ihr Blick fiel auf die zwei Champagnerflöten, als hätte sie sie gerade erst bemerkt. »Ich hoffe, wir stören dich nicht beim Tête-à-tête. Tolles Date?«
    »Es ist gar kein Date. Beck und ich mussten Überstunden machen, und da hat er vorgeschlagen, hier noch einen Schluck zu trinken. Ich glaube nicht, dass wir lange bleiben werden.«
    »Beck ist hier? Ist ja toll. Ich sehe ihn aber nirgends.«
    »Er spricht gerade mit einem Freund. Schade, dass du unser 198
    Essen abgesagt hast. Als du erzählt hast, dass dir etwas dazwischengekommen ist, habe ich auf AA getippt.«
    »Ich war bereits bei einem Treffen. Ich muss nur einmal die Woche hin.« Reba nahm sich eine von Onnis Zigaretten und ließ sie zwischen den Zähnen auf und ab wackeln. »Hast du Feuer?«
    »Aber sicher.« Onni fasste in ein kleines Täschchen und zog ein Streichholzheft heraus. Reba nahm es, riss ein Streichholz an und wölbte die Hand um die Flamme. Sie inhalierte zufrieden und gab die Streichhölzer mit einem verschlagenen Lächeln zurück, das Onni offenbar entging. Mittlerweile kannte ich Reba gut genug, um zu erkennen, dass in ihren Augen eiskalte Wut blitzte. Sie zog den Aschenbecher näher heran, stellte einen Ellbogen auf den Tisch und stützte das Kinn in die Hand. »Also.
    Wie läuft’s denn so bei dir? Du hast gesagt, du schreibst, aber ich habe nie etwas von dir gehört.«
    »Ich habe geschrieben. Ich habe dir eine Karte geschickt. Hast du die nicht gekriegt?«
    Reba zog an ihrer Zigarette, ohne das Lächeln abzulegen.
    »Stimmt. Du hast geschrieben. Es waren Häschen auf der Karte, wenn ich mich recht entsinne. Eine mickrige Karte in zweiundzwanzig Monaten. Ja, ja, bloß

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