Ausgespielt
überanstrengen.«
»Tut mir Leid, wenn dich das stört, aber ich hatte zu tun. Du hast das Büro in schlechtem Zustand hinterlassen. Ich habe Monate gebraucht, um alles in Ordnung zu bringen.«
»Tja nun, die Strafvollzugsbehörde hatte Vorrang. Die schleppen einen einfach ins Gefängnis, und man darf nicht mal vorher noch an seinem Arbeitsplatz vorbeifahren und den Schreibtisch aufräumen. Aber bestimmt hast du alles gut im Griff.«
»Mittlerweile. Was ich nicht dir verdanke.« Onnis Blick schweifte leicht ab.
Reba wandte den Kopf rechtzeitig, um Beck von der Bar her näher kommen zu sehen. Als er sie entdeckte, stoppte seine Vorwärtsbewegung für den Bruchteil einer Sekunde, wie wenn 199
in einem Film mehrere Einzelbilder fehlen. Rebas Gesicht leuchtete auf. Sie erhob sich von ihrem Stuhl und ging auf Beck zu. Bei ihm angelangt, schlang sie die Arme um seinen Hals, als wollte sie ihn auf den Mund küssen.
Er machte sich sanft von ihr los. »Hey, hey, hey, Schönste.
Wir sind hier in der Öffentlichkeit. Schon vergessen?«
»Ich weiß, aber du hast mir gefehlt.«
»Tja, du hast mir auch gefehlt, aber stell dir mal vor, eine von Tracys Freundinnen wäre hier.« Er manövrierte sie zu ihrem Stuhl zurück und warf mir dabei ein Lächeln zu. »Schön, Sie wiederzusehen.«
»Freut mich auch«, sagte ich, obwohl es mich ganz und gar nicht freute. Aus nahe liegenden Gründen hatte sich meine Meinung über ihn radikal gewandelt. Als ich ihn bei Rosie getroffen hatte, hatte ich ihn als gut aussehend empfunden –
langgliedrig, schlaksig und mit diesem trägen, angedeuteten Lächeln. Seine Augen, deren Farbe ich seinerzeit für ein sattes Schokoladenbraun gehalten hatte, sahen nun so dunkel aus wie Vulkanstein. Jetzt, wo ich ihn mit Onni sah, spürte ich, welche Eigenschaft sie teilten – sie waren beide Opportunisten.
Unter den dreien saß momentan Reba am längeren Hebel. Onni kannte zwar die intimen Details von Rebas Beziehung zu Beck, aber weder Beck noch Onni wussten, dass Reba über ihre Affäre informiert war. Was die Situation noch weiter komplizierte, war, dass Onni mit ziemlicher Sicherheit nichts davon ahnte, dass Beck und Reba ihre sexuelle Verbindung wieder hatten aufleben lassen. Vor Spannung lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, und ich war neugierig darauf, wie Reba das Blatt spielen würde, das sie in die Hand bekommen hatte.
Beck setzte sich auf den freien Stuhl, lümmelte sich hinein und streckte die Beine aus, als hätte er Anspruch auf mehr Platz als wir. Er und Onni waren parallel zueinander platziert, während Reba ihnen gegenübersaß.
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Onni konzentrierte sich auf ihre Champagnerflöte.
Beck trank einen Schluck Champagner und musterte Reba über den Rand seines Glases hinweg. Die blonden Strähnchen in seinem Haar hatte mit Sicherheit ein Profi hineingefärbt. Und mit ebensolcher Sicherheit war der wie zufällig wirkende Strubbel-effekt alles andere als zufällig. »Und, wie läuft’s?«, fragte er.
»Nicht schlecht«, antwortete Reba. »Ehrlich gesagt habe ich mir überlegt, ob ich wieder bei dir zu arbeiten anfange.«
Onni blickte fassungslos drein, als hätte Reba in Gegenwart von Königin Elisabeth einen fahren lassen.
Reba ignorierte Onnis Miene und richtete ihre Worte
ausschließlich an Beck. »Ja, ich habe es gegenüber meiner Bewährungshelferin erwähnt, und sie war absolut dafür, solange mein ›zukünftiger Arbeitgeber‹ über meine Vergangenheit Bescheid weiß«, sagte sie, wobei sie mit den Fingern Anführungszeichen markierte. »Da habe ich mir gedacht, wer würde sich dafür besser eignen als du?«
»Reeb, ich würde dir ja gern helfen, aber es kommt mir unklug vor«, erwiderte er gelassen.
»Das ist doch lächerlich«, fauchte Onni. »Du hast ihn um Hunderttausende erleichtert.«
Reba wandte den Blick. »Onni, es tut mir Leid, aber du kapierst es nicht. Beck vertraut mir. Er weiß, dass ich alles für ihn tun würde.« Sie sah zu ihm hin. »Stimmt’s?«
Beck stellte seine Beine anders hin und richtete sich auf. »Es ist keine Frage des Vertrauens«, erklärte er in sanftem Tonfall. »Ich habe keine Stelle frei. Das ist Fakt. Ich wünschte, wir hätten eine.«
»Du könntest aber eine schaffen, oder? Für Abner hast du es ja auch getan.«
»Das war eine andere Situation. Marty war überlastet und hat die Unterstützung gebraucht. In dem Fall hatte ich keine Wahl.«
»Aber bei mir hast du eine, was? Du könntest dich dazu 201
entschließen,
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