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Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
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Inspektor,
oder?«
    »Entschuldigt mich bitte.« Die Polizistin holte ihr Handy
hervor, trat zur Seite, um ungestört zu telefonieren. Als sie zurückkam, sagte
sie: »Ich habe alles veranlasst.«

     
    »Lasst uns jetzt der Toten zu Ehren tanzen.
Bevor es noch kühler wird.« Amélie stellte ihre Teeschale weg und stand mit
langsamen Bewegungen auf. Die anderen taten es ihr nach. Sie machten Platz rund
um das Feuer. Amélie hatte ein Tanzritual vorbereitet. Sie hatten einander an
den Händen gefasst und bildeten einen Kreis vor dem Feuer. Ein Energiekreislauf
zwischen den Frauen, es war ganz deutlich zu spüren. Sachte drehten sie sich
nach rechts, dann wieder nach links. Nackte Füße auf dem Gras. Sie grüßten
Mutter Erde, Schlangenarme wanden sich zum sternenübersäten Himmel.
    Amélie stimmte eine sanfte Melodie an. Ein wortloser Gesang.
Die anderen fielen ein. Ihre unterschiedlichen Tonlagen vermischten sich zu
einer einzigartigen Sinfonie. Nach einem Moment der Stille sprach Amélie: »Wir
verabschieden uns von dir, Caro, und von dir, Selma. Wir verabschieden uns und
auch wenn wir im Leben nicht immer einer Meinung waren, so wollen wir euch doch
danken für alles, was ihr uns wart.«
    Mit den Fackeln in den Händen wanderten sie bald darauf
zurück nach Hallstatt. Vorbei ging es an der Kirche, am Friedhof mit seinem
Beinhaus. Kein Mensch war unterwegs. Einsam leuchteten Straßenlaternen.
Irgendwo schrie ein Vogel.
    Eine obszöne Zeichnung an einer Hausmauer fesselte ihre
Aufmerksamkeit. ›Asiatinnen zurück in die Mongolei‹, entzifferte Berenike.
Darunter eine entblößte Frau unter einem gestiefelten Fuß. Und das im schmucken
Hallstatt! Wo Adi wie seit eh und je jedes kleine Papierchen und jeden winzigen
Dreck sofort wegräumte, damit sich kein Gast seine Markenschuhe versaute.
    »So geht’s nicht!« Gerhild zitterte vor Zorn und kramte im Rucksack.
»So.« Sie packte eine Spraydose aus. Sah sich rechts und links um. Sprühte.
Rot. Wenigstens nicht Blutrot. Die Polizistin sah zur Seite. Gerhild übermalte
die Zeichnung, bis nichts mehr zu sehen war. ›Vergewaltiger, wir kriegen
euch!‹, schrieb sie darunter. Ellen und Helena lugten ihr über die Schulter und
nickten grimmig.
    »Habt ihr öfter solche Aktionen gemacht?« Berenike ließ
Gerhild nicht aus den Augen. »Ich habe die Buttersäure in Selmas Tasche
gesehen. Was war damals wirklich geplant?«
    Gerhild sah immer noch ihr Werk an. »Caro war so wütend über
die Entlassung Nagelreiters.« Sie blickte böse die Polizistin an, aber die
reagierte nicht. Sie sprach so leise, dass nur Berenike sie verstehen konnte.
»Wir wollten gemeinsam zu seinem Haus gehen und, na ja, sein Auto … so als
Warnung … unbrauchbar machen mit der stinkenden Buttersäure. Verreckt wär
er nicht daran, aber er hätt endlich mal selber gelitten. Hätt er halt ein
bissl gekotzt. Aber dazu kam’s nicht.«
    »Ich weiß.«

     
    Am nächsten Abend traf Berenike zufällig Jonas.
Eine Tasche in der Hand, trat er aus dem Hotel Seebrise, als sie auf dem
Heimweg daran vorbeifuhr. Sie bremste.
    »Hast du Lust auf … eine Tasse Tee?« Sie sah ihn an, sah
seine Muskeln, seine Lachfalten. Etwas hatte sich verändert.
    »Nike.« Er streckte einen Arm nach ihr aus. »Ich komme. Lass
mich nur noch mein Zimmer bezahlen.«
    »Reist du ab?«
    »Ja, der Fall ist seit heute abgeschlossen.«
    »Ach. Wirklich? Gratuliere.«
    »Ja. Ich musste nur noch ein kurzes Gespräch führen mit Caros
Vater.«
    »Und?«
    »Er ist unschuldig, aber das dachte ich schon längst. Der
Mann hat sich aus Angst versteckt, dass man ihn fälschlich verdächtigen könnte.
Er ist ja vorbestraft, weil er Caros Mutter getötet hat.«
    Sie dachte an die Tote, die keiner von ihnen gekannt hatte.
Der Mord an ihr war lange vor ihrer Zeit passiert.
    »Ich wollte eigentlich – aber ich komme zu dir, Nike, ich
komme.« Ein Lächeln. Gerade dass sie noch geradeaus weiterfahren konnte und
unfallfrei nach Hause fand. Berenike spürte das Vibrieren ihres Motorrads im
ganzen Körper. Sie ließ die Erregung aufsteigen, bis alles an ihr prickelte.
Der Fall war gelöst, und vielleicht hatte sie Jonas unrecht getan. Die
Polizisten hatten Pech gehabt, ein komplizierter Fall. Aber jetzt wollte sie in
die Zukunft sehen – oder in die Gegenwart, den Moment genießen. Momente mit
Jonas.
    »Ich mach uns Tee aus Nepal«, sagte sie, als er endlich da
war, die längsten 15 Minuten ihres Lebens. Er war da, war bei ihr. Sie starrte
ihn an

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