Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
Vom Netzwerk:
ich – wir –«, rief Ellen und fing an zu stottern.
    Berenike übernahm das Wort, weil alle anderen durcheinanderredeten.
Sie konzentrierte sich mühsam. »Eine Tote, hier in der Auslage.«
    Kain richtete sich zu voller Größe auf. In der Gewichtigkeit
seines Amtes trat er an das heran, was wie eine Theaterbühne wirkte. Er
blinzelte, riss die Augen wieder auf. »Wenn ich es nicht besser wüsste …«
    »… würden Sie glauben, hier befindet sich eine Puppe im
Schaufenster. Genau.«
    Er sah Berenike an. Dann die Auslage. Dann sagte er: »Oje.«
Er sprach leise und wie zu sich selbst. »Da müssen wir wohl die Mordkommission
…« Und an seine Kollegin gewandt: »Sperr bitte den Fundort ab, du weißt schon!«
Die nickte brav. Bald darauf flatterte das rot-weiß-rote Band mit dem Aufdruck
›Polizei‹ im allgegenwärtigen Salzkammergutwind. Kain fingerte an seinem
Hosenbund herum und zog umständlich ein altmodisches Mobiltelefon hervor.
Energisch hackte er auf die Tasten ein. »Bereitschaft«, murmelte er und sank
wieder in sich zusammen, »wo ist die Nummer nur?« Pip, pip, leierten die
Tasten. Mit seinen dicklichen Fingern presste er schließlich das Telefon ans
Ohr und starrte durch die Scheibe auf die drapierte Tote.

     
    Wieder warten. Auf der Straße hin und her gehen.
Steife Beine. Ein feuchter Wind, Nebel vom See her. Hoffentlich fing es nicht
wieder zu regnen an. Was für ein Sommer. Eigentlich könnte sie … Berenike
überlegte … hier am Rande des Platzes müsste es gehen. Sie könnte in einer
Toreinfahrt, in der sie vom Wind geschützt war, endlich Tee zubereiten. Sie
hatte im Schock vorhin gar nicht daran gedacht. Das war weit genug vom Tatort
entfernt, oder Leichenfundort, ihretwegen, um niemandem in die Quere zu kommen.
Hastig packte sie den Campingkocher aus. Inspektor Kain sah ihr skeptisch zu
und half dann, den Spiritus zu entzünden. Gewohnte Handgriffe, Konzentration
auf das Wesentliche – wieder beruhigte die Teezeremonie sie.
    Sie brauchten Kräuter, die die Schockstarre lösten, in die
sie der Anblick der misshandelten Toten gestürzt hatte. Zum Glück hatte
Berenike ein wenig mehr Kräuter mitgebracht, als ursprünglich geplant. Wie
üblich hatte sie sich nicht entscheiden können. Baldrian war gut, und Lavendel.
Hollerblüten und Lindenblüten würden wärmen und einer Verkühlung vorbeugen.
Schade, dass sie keinen Ingwer bei der Hand hatte. Berenike hustete. Dann eben
ein wenig Thymian für die Atemwege. Sie goss den fertigen Tee in die
Thermoskanne.
    Ellen kam, um zu helfen. »Es ist besser, etwas zu tun«, sagte
sie mit kratziger Stimme. Sie reichte die schlichten Tonbecher herum, die
Berenike mitgebracht hatte. In Griechenland wurden sie für kühlen Wein
verwendet, aber wen kümmerte das jetzt.
    Sie standen im Kreis beisammen, wie junge Rehe und ihre
Mütter. Denise stützte sich wackelig auf Valerie. Gerhild kamen erneut die
Tränen. »Entschuldigt’s bitte«, sie schüttelte den Kopf, fuhr sich mit zwei Fingern
über die Augen.
    »Schon gut, Gerhild«, tröstete sie Selma. »Das muss raus. Was
is«, schrie sie dann Kain an, »geht da endlich was weiter?«
    »Natürlich!«, rief der zurück.
    »Hm, wer’s glaubt«, schnaubte Selma in ihren Tee. »Macht’s es
nur so wie beim Nagelreiter. Das Schwein habt’s auch laufen lassen!«
    »Nagelreiter? Wer ist das denn?« Berenike hatte in letzter
Zeit viel in ihrem Teesalon zu tun gehabt, kaum war sie zum Zeitunglesen
gekommen.
    »Ein Schwein. Ein mieses Schwein.«
    »Wieso, was ist passiert?«
    »Erzähl ich dir später, Berenike. Nicht hier.«

     
    Rita tänzelte neugierig zu Kain, beobachtete
sein Tun kurz. Sie hatte als Einzige nichts trinken wollen. Die junge Frau
strich sich die langen Haare aus dem Gesicht, zart und nervös fuhr ihre Hand
durch die Luft. Eine Gazelle auf dem Sprung.
    »Ich habe sie gewarnt«, Rita gesellte sich wieder zu den
anderen. »Eines Tages musste was Schlimmes passieren. So wie Caro mit den
Männern spielte.«
    »Was willst du damit sagen, Rita?« Berenike nippte an der
heißen Flüssigkeit. »Damn …!«
    »Was ist?« Ellen stellte sich neben Berenike.
    »Zunge verbrannt.«
    Hilflos hob Ellen die Schultern.
    »Caro hatte zahllose Affären. Aber sie nahm keinen Mann
ernst.« Rita zupfte an ihrem Ausschnitt herum. »Kein Wunder, dass sie …« Mit
dem Kinn deutete sie auf Caro in der Auslage.
    »Du willst doch nicht sagen, dass sie das verdient hat? Du
bist verrückt!« Gerhild schniefte. »Die

Weitere Kostenlose Bücher