Ausgeträumt
ich
ihn.
Er gab keine Antwort.
Ich drückte ihm den Lauf noch ein Stück weiter rein. Er ließ
einen fahren. Einen lauten. Einen, der stank. Ich zog den Lauf
heraus und stieß ihn zu Boden.
»Ekelhaft! Mach sowas bloß nicht nochmal!«
Ich drehte mich zu Deja um. »Hat er hier ein Zimmer?« »Ja.«
»Also«, sagte ich zu Bernie, »du gehst jetzt auf dein Zimmer,
und du kommst erst wieder raus, wenn ichs dir sage.« Er nickte.
»Dann mal los«, sagte ich.
Er rappelte sich hoch und schlurfte um die nächste Ecke. Kurz
danach war das Geräusch einer Tür zu hören. Deja hatte ihre
Zigarre ausgedrückt. Ihr Lächeln war verschwunden. »So, Baby«, sagte ich, »jetzt laß uns mal weitermachen, wo
wir aufgehört haben.«
»Ich will nicht.«
»Was? Wieso? Du warst mir mit deiner Zunge schon halb die
Speiseröhre runter.«
»Ich hab Angst vor Ihnen. Sie sind ein Gewaltmensch.« »Aber er hat dich doch killen wollen! Hast du ihn nicht
gehört?«
»Er hats wahrscheinlich nicht ernst gemeint.«
»Wenn Liebe und Knarren im Spiel sind, verläßt man sich
nicht auf ne Vermutung.«
Sie seufzte. »Ich mach mir Sorgen um Bernie. Er sitzt ganz
allein in seinem Zimmer.«
»Hat er keinen Fernseher? Kreuzworträtsel? Einen Comic?« »Bitte, Mr. Belane – gehn Sie bitte!«
»Baby, ich will hinter diese Red-Sparrow-Geschichte
kommen.«
»Nicht heute Abend … nicht jetzt.«
»Wann denn?«
»Morgen. Um die gleiche Zeit.«
»Dann schick aber Bernie ins Kino oder sonstwohin.« »Ist gut.«
Ich nahm mein Glas in die Hand und trank es aus. Sie blieb auf
ihrer Couch sitzen und starrte den Teppich an. Ich machte die
Tür hinter mir zu, ging den Flur runter und raus zu meinem
Wagen, stieg ein und ließ den Motor an. Ich blieb eine Weile
sitzen, bis er warmgelaufen war. Es war eine laue Nacht, und
der Mond schien. Ich hatte noch immer einen stehen.
42
Ich fand eine Bar, in der ich noch keinen Ärger gehabt hatte. Sie nannte sich Blinky’s und sah auf den ersten Blick ganz passabel aus: Dumpfbacken, allerhand Nischen mit ledergepolsterten Sitzen, schummrige Beleuchtung, Qualm. Der Raum hatte eine angenehm tote Atmosphäre. Ich setzte mich in eine Nische. Die Bedienung kam. Sie steckte in einem blöden Outfit – ein Jumper in Pink und ein dick wattierter Stütz-BH. Sie lächelte ein grausiges Lächeln und ließ einen Goldzahn blitzen. Ihre Augen waren leer.
»Was soll’s sein, Honey?« fragte sie mit ätzender Stimme.
»Zwei Flaschen Bier. Ohne Glas.«
»Zwei Flaschen?«
»Ja.«
»Welche Sorte?«
»Was Chinesisches.«
»Chinesisch?«
»Zwei Flaschen chinesisches Bier. Kein Glas.«
»Kann ich Sie mal was fragen?«
»Ja.«
»Wollen Sie alle zwei Flaschen trinken?«
»Das hoff ich doch.«
»Warum trinken Sie nicht erst eine und bestellen dann die
andere? Dann bleibt die zweite länger kalt.«
»Ich wills halt einfach so. Wird wohl irgend ’n Grund haben.« »Honey, wenn Sie den finden, müssen Sie’s mir sagen.« »Warum soll ichs Ihnen sagen? Vielleicht behalt ichs lieber für
mich.«
»Sir, Sie wissen, daß wir Sie nicht bedienen müssen. Wir
behalten uns vor, einen Gast nicht zu bedienen.«
»Soll das heißen, Sie bedienen mich nicht, weil ich zwei
Flaschen chinesisches Bier will und Ihnen nicht sage warum?« »Ich hab nicht gesagt, daß wir Sie nicht bedienen. Ich hab
gesagt, wir behalten uns das Recht vor …«
»Hören Sie, der Grund ist mein unbewußtes Bedürfnis nach Sicherheit. Ich hatte ne beschissene Kindheit. Zwei Flaschen auf einmal, das erfüllt bei mir ein tiefsitzendes Bedürfnis. Vielleicht. Sicher bin ich mir nicht.«
»Honey, ich sag Ihnen mal was – Sie brauchen einen
Psychiater.«
»Na schön, ich werd mir einen suchen. Kann ich inzwischen
zwei Flaschen chinesisches Bier haben?«
Ein massiver Kerl mit einer verschmutzten weißen BarkeeperSchürze kam an den Tisch.
»Gibts hier Ärger, Betty?«
»Der Typ will zwei Flaschen chinesisches Bier. Ohne Glas.« »Betty, der erwartet wahrscheinlich noch ’n Freund.« »Der hat keinen Freund, Blinky.«
Blinky sah mich an. Wieder so ein wuchtiger fetter Mensch.
So groß wie zwei.
»Ham Sie keinen Freund?« fragte er mich.
»Nee.«
»Was wollen Sie dann mit zwei Flaschen chinesischem Bier?« »Trinken will ich sie.«
»Warum bestellen Sie nicht erst eine, trinken sie aus und
bestellen dann noch eine?«
»Weil’s mir so lieber ist.«
»So was hab ich noch nie gehört«, sagte Blinky.
»Wieso geht das nicht? Gibts ne Verordnung dagegen?« »Nee, ist bloß komisch.«
»Ich hab
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