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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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sich durch die Gratulanten und umarmte den Sieger. »Die einen werden ausgezählt, die anderen steigen auf. Bravo, Bruno!« Er schüttelte Janssen die Hand. »Haben Sie ihm das beigebracht? Er tanzt wie Ali und schlägt zu wie Ali. Alle Achtung.«
    Bruno stellte den Polizeikollegen vor. Thomas Eberhard, sein Partner in der Kriminalwache. Sein Trainer in Sachen Kripoarbeit. Der Kollege zog eine Flasche Schampus aus der Papiertüte. Eberhard scherzte: »Im Dienst wirkt der Junge ganz harmlos.«
    Der Coach taxierte den Blonden: durchschnittlich muskulös, Zigarettenpackung in der Hemdtasche, knapp zu alt, um an Kämpfen teilzunehmen – die Grenze bei den Amateuren lag bei 37 Jahren.
    Die Pulle hatte ein gelbes Etikett – echter Champagner, das richtig teure Zeug.
    »Jedenfalls können Sie sich mit ihm an Ihrer Seite sicher fühlen«, antwortete Janssen.
    »Solange er nicht auf mich losgeht!«
    Alle lachten. In Ermangelung der Gläser tranken sie das Sprudelzeug aus der Flasche. Janssen bekniete Bruno erneut. Er bot Einzeltraining an. Am frühen Morgen, bevor er selbst in die Fabrik musste. Oder am Abend, bevor Brunos Nachtschicht begann.
    Bruno ließ sich nicht umstimmen.
    Der Sprecher kündigte die Entscheidung im Schwergewicht an. Die Leute im Saal beruhigten sich. Der eine Finalist war ebenfalls Polizist. Er trat für den Boxclub Kamp-Lintfort an.
    Bruno blieb – aus reiner Höflichkeit.
    Der letzte Kampf des Tages endete mit einem K.-o.-Sieg des Kerls aus Kamp-Lintfort. Noch während der Ringrichter zählte, verdrückte sich Bruno.
    Es scheint wirklich etwas Ernstes zwischen ihm und der neuen Freundin zu sein, stellte Janssen fest.

2.
    Mahé-Düsseldorf. Schlappe fünfundzwanzig Grad Temperaturunterschied. Als Bruno und Karen Wegmann in den deutschen November zurückkehrten, war die Wohnung ungeheizt.
    Am nächsten Tag spürte Bruno ein Kratzen im Hals. Leichte Kopfschmerzen, Schnupfen im Anmarsch. Der Alltag hatte ihn wieder.
    Als Bruno sich zum Dienst verabschiedete, machte sich Karen ans Formulieren der Danksagungen für all die Glückwünsche und Geschenke, die sie erhalten hatten – sie hielt sich für die bessere Texterin.
    Seine erste Schicht nach drei Wochen Urlaub: ein kalter Nachmittag, dämmrig und regnerisch.
    Er parkte im Innenhof vor den abweisenden Mauern der Festung, quittierte die grüßende Geste von Jupp, dem Pförtner, mit einem Niesen und durchquerte das Foyer. Selbst der öde Flur, der zu seiner Dienststelle führte, konnte seine Stimmung nicht trüben. Er öffnete die Tür zum Funkraum der Kriminalwache und stand sofort im Mittelpunkt.
    Das Ritual, das Bruno erwartet hatte: Die Kollegen machten sich über seine Sonnenbräune lustig – als sei es ein Zeichen von Impotenz, die Flitterwochen nicht ausschließlich im Bett zu verbringen. Sie mokierten sich über die angebliche Extravaganz eines Seychellenurlaubs und Bruno gönnte sich den Spaß, ihren Neid noch weiter anzustacheln. Er zeigte Schnappschüsse, frisch vom Express-Service: Karen beim Tauchgang zwischen Korallen, Karen beim Paragliding am Strand, Karen und er an der Bar – die Kokosnüsse enthielten Pina Colada und waren mit Früchten und Blüten dekoriert.
    Schichtleiter Ritter klopfte Bruno die Schulter. »Na, ist sie schon schwanger?«
    »Dafür haben wir noch Zeit.«
    »Man muss ihnen ein Kind machen, sonst laufen sie einem davon!«
    Bruno fiel keine schlagfertige Antwort ein. Karen war es, die mit dem Nachwuchs warten wollte. Er verstand selbst nicht recht, worauf.
    »Dir laufen sie davon, aber nicht unserem Champion«, warf Marietta ein, das Huhn der Schicht, die einzige Frau. Nun lachten alle über Ritter.
    »Wenn man bedenkt, dass alles in diesem Zimmer angefangen hat«, bemerkte Thomas Eberhard. »Das hübsche Mädel vom Fernsehen und Bruno, gerade drei Tage bei uns. In dem Beitrag hast du smarter als jeder Tatort-Kommissar gewirkt. Der Gruppenleiter tut immer noch so, als hätte er euch beide verkuppelt.«
    Sein Partner wusste, dass Bruno die Reporterin schon gekannt hatte, bevor sie hier aufgekreuzt war, um ihren Film über die Kriminalwache zu drehen. Bereits in der Schulzeit hatten er und Karen viel miteinander unternommen, gemeinsam mit Fred, seinem besten Kumpel, der gleichzeitig Karens damaliger Freund gewesen war. Nach dem Abitur hatten sich die Wege getrennt.
    Marietta warf ein: »Apropos Gruppenleiter. Was kann ein Zitronenfalter nicht?«
    »Zitronen falten«, antwortete Bruno. Er ahnte, welche Frage sich

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