Ausgezählt
anschließen würde. Ihm lief die Nase. Er schnorrte Tempos.
Geißler, dem Chef der Kriminalgruppe vier, unterstanden Fahndung, Erkennungsdienst und Kriminalwache. Es hieß, er sei so lange befördert worden, bis er eine Karrierestufe erreicht hatte, die ihn restlos überforderte. Und die Führungsetage sei voll mit solchen Leuten.
»Wohnungseinbruch in der Heinrichstraße«, meldete Onkel Jürgen, der am Monitor Platz genommen hatte. Keiner nannte ihn beim richtigen Namen. Der Spitzname rührte daher, dass er mit seiner Mähne dem Schlagersänger Jürgen Drews ähnelte.
Eberhard riss die Adresse ab, die der Drucker ausspie. »Schluss mit dem siebten Himmel, Bruno. Du bist wieder in Düsseldorf.«
Sobald die Sachbearbeiter der einzelnen Kommissariate Feierabend machten, waren die Beamten der Kriminalwache in Spät- und Nachtschicht zuständig für jeden Kriminalfall, der im Stadtgebiet gemeldet wurde. In erster Linie leisteten sie Tatortarbeit – die notwendigen und unaufschiebbaren Maßnahmen. Am nächsten Morgen übernahmen dann die Sachbearbeiter der einzelnen Kommissariate die Fälle. Die K-Wache genoss keine große Wertschätzung. Bewaffnete Verwaltung, lästerten die Kripokollegen aus anderen Dienststellen. Bruno scherte sich nicht darum.
Der Job war abwechslungsreich und die Zweierteams arbeiteten selbstständig. Bruno war froh, keine Kutte mehr tragen zu müssen wie noch vor einem Dreivierteljahr in der Polizeiinspektion Südwest. Dass ihm die Arbeit Spaß machte, lag auch an Eberhard.
Privat pflegte Bruno kaum Kontakt mit seinem Partner, aber er verehrte ihn – es hatte gedauert, bis er ihn Ebi nannte, wie die anderen in der Dienststelle es taten. Bruno lernte von ihm. Wie Ebi mit Leuten umsprang, das erinnerte Bruno an seinen alten Boxtrainer: Dominanz ausüben.
Sie bepackten den Omega mit ihren Taschen und rollten vom Hof. Das Fahren war Brunos Job.
In der Lorettostraße brannte bereits die Weihnachtsbeleuchtung. Bruno lutschte Halspastillen.
Vor zwei Tagen waren er und Karen noch im Meer geschnorchelt. Auf der Rückfahrt zum Strand hatten sie sich auf dem Bug in die Sonne gelegt und vom Auswandern geträumt. Delfine hatten das Boot begleitet. Sie hatten das Versprechen wiederholt: In guten wie in schlechten Tagen.
Nach seinen Kambodscha-Erfahrungen vor zwölf Jahren hätte Bruno nicht gedacht, dass ihm die Tropen gut gefallen würden – Karen hatte ihn jedoch überredet, dorthin zu fahren.
Ebis Handy klingelte. Der Kollege verhandelte mit seinem Broker. Bruno war froh, dass er sich nicht vom Aktienfieber hatte anstecken lassen. Die meisten Werte waren abgestürzt. Sein Partner zockte weiter. Schlechte Zahlen nannte Ebi Einstiegskurse.
Der Blonde steckte das Handy weg. »Gut, dass du zurück bist.«
»Wer ist in den letzten Wochen mit dir rausgefahren?«
»Fast jeden Tag ein anderer. Manchmal musste ich sogar allein raus.«
»Allein?« Das war unüblich. Sie fuhren stets zu zweit. Damit der eine den anderen schützte. Damit beide sich gegenseitig kontrollierten.
»Ritter war ’ne Zeit lang krank. Dann ging Schröder auf seinen Lehrgang und sie haben mich mit Marietta zusammengesteckt. Nichts gegen Marietta. Aber meine Frau ist eifersüchtig.« Ebi machte die Scheibenwischerbewegung. »Lara glaubt, ich hätte was mit unserem Huhn.«
Schon vor Brunos Urlaub hatte es in Ebis Ehe gekriselt. Bruno hatte gehofft, es würde sich wieder einrenken. Er konnte Lara gut leiden. Die beiden passten zueinander. Sie hatten ein Baby.
»Wie steht’s mit dir und Lara?«
»Besser«, antwortete Ebi und machte eine Kunstpause. »Besser, du fragst nicht.« Er lachte matt über den eigenen Scherz.
Sie erreichten den Tatort. Heinrichstraße, ein Mietshaus aus den Fünfzigern. Der übliche Einbruchs fall, einer von rund dreizehnhundert im Jahr. Der Schließzylinder der Wohnungstür war geknackt, die Schubladen im Schlafzimmer standen auf, Bargeld fehlte. Die Mieter wunderten sich, dass ihr Fernseher noch da stand – als wäre die Glotze das wichtigste Gut.
Zurück zur K-Wache. Im Aufenthaltsraum stand eine Polstergarnitur, die Bruno noch nicht kannte. Tabakbraunes Leder.
»Onkel Jürgen hat sich was Neues gekauft«, erklärte Marietta. Die ausrangierten Teile des Onkels waren ein Fortschritt gegenüber den Sesseln vom Sperrmüll, die vorher hier gestanden hatten. Keine Sprungfedern mehr, die in den Hintern stachen.
Im Fernseher flimmerte n-tv. Ebi studierte die Börsenkurse. Zwei Kollegen brachten
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