Ausreißer
Speerwurf verabredet.
Doch Ilka kam noch mal auf Jabali zurück. »Wir sollten mal mit Jabali reden«, schlug sie vor. »We gen der Pillen und so!«
Michael warf ihr einen finsteren Blick zu.
Linh empfand Ilkas Vorschlag als eine gute Idee.
Lennart zuckte mit den Schultern. Er fand die Idee zwar auch gut, glaubte aber nicht, dass es im Moment viel Sinn hatte, mit
Jabali zu sprechen.
Daher beschlossen Ilka und Linh, sich um Jabali zu kümmern.
Was ist los mit Jabali?
Schon am nächsten Tag in der Schule sprachen Ilka und Linh Jabali direkt auf seine Tabletten an. Linh zeigte Jabali den Beipackzettel.
Jabali reagierte sauer. »Was soll das? Wieso spioniert ihr mir nach?«
»Wir spionieren nicht«, stellte Linh klar. »Wir haben uns nur die Antwort geholt, die du uns nicht gibst. Was ist los mit
dir? Seit wann brauchst du Tabletten für den Sport?«
»Ich mache jetzt Hochleistungssport, verstehst du?«, verteidigte sich Jabali. »Wir trainieren hart und stehen unter ärztlicher
Kontrolle. Da braucht ihr nicht auch noch eure Nase hineinzustecken und alles besser zu wissen!«
Mit diesen Worten hatte Jabali die Mädchen stehen lassen.
Auch in den Folgetagen kam es nicht zu einer Versöhnung zwischen Jabali und den anderen vier
Assen. Linh, Ilka, Michael und Lennart blieben misstrauisch, sorgten sich um ihren Freund. Jabali aber fühlte sich beobachtet
und bevormundet. So ging er seinen Freunden vormittags aus dem Weg und nachmittags war er nie zu Hause. Bei einem der vergeblichen
Versuche, Jabali nachmittags aufzusuchen, weil sie hofften, da vielleicht einmal in Ruhe miteinander reden zu können, hatten
Linh und Ilka von Jabalis Eltern eine Adresse erfahren, die ihnen aber zunächst nicht weiterhalf. Denn ein Radsportteam besaß
kein Vereinsheim und keinen Sportplatz, etwa so wie ein Fußballverein. In der Regel traf das Team sich mit den Rädern auf
der Straße. Aber es gab ein Büro für den Trainer. Linh und Ilka suchten diese Adresse auf. In erster Linie hofften sie, Jabali
zu treffen, und wenn nicht, so konnten sie vielleicht ein Wort mit seinem Trainer wechseln und ihm erzählen, wie sehr sich
Jabali verändert hatte, seit er in dem neuen Team mitfuhr.
Glücklicherweise lag das Büro nicht allzu weit entfernt, sodass die Mädchen es mit ihren Rädern in einer Viertelstunde erreichen
konnten. Das Büro hätte natürlich ebenso in Grünheim und damit für die Mädchen unerreichbar sein können.
Wo wohnen eigentlich die anderen aus dem Team, die aus Grünheim oder sonst woher kommen?, fragte sich Ilka und ahnte die Antwort,
als sie das Büro erreichten.
Es lag in einem Hinterhof. Auf dem Hof stand das Teamfahrzeug, das unschwer an den Raddachgepäckträgern und der protzigen
Aufschrift des Cornflakes-Teams zu erkennen war. Der Wagen stand vor einer offenen Garage, von der wiederum eine Fahrrad-Werkstatt
abging, die im Moment aber verschlossen war. Anscheinend war das ganze Gelände verlassen.
Als Ilka den Blick hob, sah sie die Antwort auf ihre Frage. Über der Garage und der Werkstatt führte ein Laubengang entlang,
von dem – ähnlich wie Linh es einmal während einer Reise in einem Motel gesehen hatte – einzelne Eingangstüren abgingen. Die
anderen Teammitglieder bewohnten hier offenbar einzelne Zimmer oder kleine Appartements.
»Hallo?«, rief Ilka durch den Hof. »Ist hier jemand?«
Niemand antwortete.
»Seltsam!«, fand Linh. Man ließ doch so ein Teamfahrzeug nicht einfach vor einer offenen Garage stehen, wenn niemand da war.
Linh prüfte, ob das Fahrzeug verschlossen war. Zu ihrer Verwunderung konnte sie die Tür öffnen. Neugierig warf sie erst einen
Blick in den Van und stieg dann ein.
»Was tust du da?«, fragte Ilka. »Wenn jemand kommt!«
»Schau mal!«, antwortete Linh und winkte Ilka zu sich.
Ilka blieb draußen stehen und sah nur durch die offene Tür hinein.
Linh war bereits in den hinteren Bereich gekrabbelt, aus dem die Hintersitze ausgebaut worden waren. »Das ist eine fahrende
Werkstatt und ein Krankenwagen in einem!«
Tatsächlich gab es auf der einen Seite eine Vorrichtung, an der man ein Rad aufhängen konnte, um es an Ort und Stelle zu montieren
und zu reparieren. Auf der anderen Seite eine kleine Trage, auf die man einen Verletzten legen oder jemandem auch nur die
Beine massieren konnte. Ein entsprechendes Massageöl stand in einer kleinen Schachtel daneben. Der Rest war in fest installierten
Schubladen untergebracht.
Linh
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