Ausreißer
den Besten gehören.
Es ging hier nicht um eine nette Freizeitbeschäftigung, es ging nicht einfach um eine sportliche Betätigung. Jabali sah in
seinem neuen Team die Chance, den Sprung zum Profisportler zu schaffen. Diese Chance wollte er nutzen. Um jeden Preis.
Die verbliebenen vier Asse hatten ein Stückchen gemeinsamen Weges nach Hause. Betrübt ließen sie die Köpfe hängen.
»Ich kenne keinen Jabali mehr«, stellte Michael kurz und bündig fest.
Linh knuffte ihn in die Seite. »Du bist ein Dickschädel«, warf sie ihm vor. »Soll Jabali seine Chance ungenutzt verstreichen
lassen, nur weil auch Grünheimer in seinem Team mitmachen?«
»Natürlich!« Das war für Michael gar keine Frage.
Linh schüttelte den Kopf. »Ich dachte immer, du träumst davon, später einmal bei den Olympischen Spielen teilzunehmen?«
»Tu ich auch«, bestätigte Michael. »Was hat das damit zu tun?«
»Und du würdest auf deine Olympiateilnahme verzichten, wenn auch ein Grünheimer in der deutschen Delegation wäre?«
Michael stutzte, überlegte einen Augenblick und entschied dann: »Das ist ja wohl was anderes!«
»Das finde ich überhaupt nicht«, stellte Linh klar.
Michael schwieg.
»Aber dass Jabali plötzlich Tabletten in der Tasche hat, ist schon eigenartig«, bemerkte Ilka.
»Vielleicht ist er krank?«, überlegte Lennart. Nur hatte Jabali nichts von einer Krankheit erzählt. Außerdem wussten sie alle:
Bei Krankheit pausierteman und trainierte nicht. Das war eine Grundregel für jeden Sportler.
»Das kann doch alles Mögliche gewesen sein«, versuchte Linh, sich die Tabletten zu erklären. »Ge gen Heuschnupfen oder so etwas.«
Sie zeigte hinüber auf die gegenüberliegende Straßenseite zu einer Apotheke und fragte Michael: »Weißt du noch, wie die Tabletten
hießen?«
Michael überlegte. Er hatte nur kurz auf die Packung geschaut. »Irgendwas mit Regen.«
»Regen?«, staunte Linh. Das konnte sie sich nicht vorstellen.
Trotzdem wollte sie den Versuch wagen. »Ich frag mal. Bin gleich wieder da!«
Und schon rannte sie los.
Michael und Lennart wollten mit. Doch Ilka hielt sie zurück. Sie fand es keine gute Idee, gleich mit einer ganzen Horde in
eine Apotheke einzufallen, um eine vernünftige Auskunft zu erhalten.
So gingen sie langsam über die Straße und warteten draußen vor der Apotheke auf Linh, die auch schon bald wieder herauskam.
»Ich hab’s!«, verkündete sie froh. »Regenzymat forte.«
»Sag ich doch!«, stellte Michael klar. »Regen!«
Linh lachte ihn an. »Das hat mit Sonne und Regen nichts zu tun, sondern steht für Regeneration.« Linh hielt einen Zettel hoch.
»Den Beipackzettel hat die Apothekerin mir gegeben. Ich hab gesagt, ich brauche ihn für ein Schulreferat. Also: Das Medikament
dient zur Deckung eines erhöhten Magnesiumbedarfs bei Leistungssportlern. Vorbeugung und Linderung von Muskelkrämpfen. Fördert
die Entspannung und Regeneration sowie die allgemeine Entspannung bei Stressbelastungen, stellt die Aktivität der Enzyme sicher
. . .«
»Von was?«, fragte Michael.
»Ich weiß auch nicht, was das ist«, gab Linh zu.
»Das sind Eiweißmoleküle im Körper, die für den Stoffwechsel wichtig sind«, wusste Ilka. Immerhin wollte sie später einmal
Meeresbiologin werden. Ihr Zimmer war jetzt schon überschwemmt mit naturwissenschaftlichen Zeitschriften für Kinder. Sie lachte:
»Immerhin wissen wir jetzt, dass Jabali nicht ernsthaft krank ist.«
Auch die anderen waren erleichtert, obwohl sie Jabalis Verhalten nach wie vor seltsam fanden.
»Wie machen wir das denn jetzt mit unserem eigenen Training?«, wechselte Lennart das Thema.
»Zweimal pro Woche schaffe ich«, antwortete Ilka. »Mehr nicht. Ich muss auch noch schwimmen und will in Mathe nicht noch weiter
abfallen.«
»Wenn’s danach geht, darf ich gar nicht mehr trainieren«, wandte Michael ein. Ihm bereiteten alle Fächer außer Sport und Englisch
Schwierigkeiten. »Aber zweimal pro Woche ist auch für mich okay.«
»Damit werden wir aber keine Spitzenzeit beim Radrennen fahren«, warf Lennart ein. »Das muss uns klar sein!«
Michael, Linh und Ilka nickten.
»Aber mehr ist auch bei mir nicht drin«, erklärte Linh. »An erster Stelle steht immer noch mein Judo. Und bald sind auch wieder
die Turnmeisterschaften.«
So beschlossen sie gemeinsam, es beim Training zweimal pro Woche zu belassen.
Für Michael war die Diskussion damit beendet. Außerdem hatte er sich am Nachmittag zum
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