Außer Kontrolle: Thriller (German Edition)

für unmittelbar bevorstehend halten?«
    » Eine Menge, Sir«, erklärte Patrick. » Die Analysen von Scion haben ergeben, dass die Türken derzeit fünfundzwanzigtausend paramilitärische Jandarma-Soldaten drei Tagesmärsche von Mosul und Irbil entfernt stehen haben, dazu drei weitere Divisionen– einhunderttausend Mann der regulären Infanterie, gepanzerte und Artillerietruppen– einen Wochenmarsch entfernt.«
    » Drei Divisionen?«
    » Ganz recht, Sir– das sind annähernd so viele Truppen, wie sie die Vereinigten Staaten auf dem Höhepunkt der Operation Iraqi Freedom hatten, nur dass sich die Türken im Norden konzentriert haben«, erläuterte Patrick. » Diese Bodentruppen werden unterstützt von der größten und modernsten Luftwaffe zwischen Russland und Deutschland. Nach Ansicht von Scion sind sie bereit zum Angriff. Bestätigt werden meine Befürchtungen durch die jüngsten Rücktritte in der Führung des türkischen Militärs sowie das jüngste Durcheinander und den Kontaktverlust zur Botschaft in Ankara.«
    In der Leitung entstand eine längere Pause; Patrick sah, wie sich der Vizepräsident auf seinem Platz zurücklehnte und sich über Gesicht und Augen rieb– ob aus Verwirrung, Angst, Zweifel, Unglauben oder aus einer Kombination von allem, vermochte er nicht zu sagen. » Als Sie noch im Weißen Haus gearbeitet haben, habe ich Sie nicht sehr gut gekannt«, sagte Phoenix schließlich. » Mein Wissen über Sie beruht größtenteils auf dem, was ich im Oval Office und dem Kabinettsraum gehört habe, üblicherweise, wenn sich irgendjemand in einer wütenden Tirade über Sie ausgelassen hat. Sie sind für zwei Dinge bekannt: dass Sie jede Menge Leute gegen sich aufbringen– und für Ihre prompten, korrekten Analysen. Ich werde mit dem Präsidenten reden und ihm vorschlagen, dass Außenministerin Barbeau und ich in die Türkei reisen, um uns mit Präsident Hirsiz und Premierministerin Akas zu treffen«, fuhr er fort. » Was die Entschuldigungen anbelangt, kann Stacy die Regie übernehmen. Ich werde unterdessen Präsident Hirsiz fragen, was hier vorgeht, wie er die Lage politisch und sicherheitstechnisch einschätzt und was die Vereinigten Staaten seiner Meinung nach tun können, um zu helfen. Offensichtlich droht die Situation aus dem Ruder zu laufen– da reicht es nicht, die PKK einfach zu einer Terrororganisation zu erklären. Wir sollten größere Anstrengungen zur Unterstützung der Republik Türkei unternehmen. Des Weiteren werde ich empfehlen, dass Sie, General, die Erlaubnis erhalten, Ihre Überwachungsoperationen an der irakisch-türkischen Grenze fortzusetzen. Wenn Colonel Wilhelm der Ansicht ist, dass es Wochen dauern wird, sich wieder in Stellung zu bringen, bleibt uns nicht viel anderes übrig. Ohne ausdrückliche Erlaubnis von Pentagon oder Weißem Haus wird es keine weiteren dieser Netrusionsangriffe gegen die Türkei geben. Ist das klar?«
    » Jawohl, Sir.«
    » Also schön. Colonel Wilhelm, in der Kommandostruktur sind Sie weder Außenministerin Barbeau noch mir unterstellt, Sie sollten sich daher an Ihre letzten Befehle halten. Dennoch rate ich Ihnen: Bleiben Sie in der Defensive, aber seien Sie auf alles vorbereitet, für den Fall, dass sich die Theorie des Generals bewahrheitet. Ich weiß nicht, wie viel Vorwarnzeit Sie bekommen werden. Und verzeihen Sie das Durcheinander, aber so geht das nun mal gelegentlich.«
    » So geht es meistens, Sir«, sagte Wilhelm. » Botschaft angekommen.«
    » Ich werde mich bei Ihnen melden. Gentlemen, vielen Dank.« Der Vizepräsident nickte jemandem außerhalb der Kameraperspektive zu, dann erlosch sein besorgtes, von innerer Zerrissenheit gezeichnetes Gesicht.
    OVAL OFFICE, WEISSES HAUS, WASHINGTON, D. C.
    Kurze Zeit später
    » Patrick McLanahan ist im Irak!« Die Stimme von Außenministerin Stacy Ann Barbeau überschlug sich fast, als sie mit großen Schritten in das Oval Office stürmte. » Gerade eben habe ich im Rahmen der Telefonkonferenz mit Phoenix und der Armee mit ihm gesprochen. McLanahan ist verantwortlich für die Luftaufklärung im gesamten nördlichen Irak! Wie, zum Teufel, konnte es passieren, dass dieser Mann im Irak auftaucht, ohne dass wir davon wissen?«
    » Beruhige dich, Stacy Ann«, sagte Präsident Gardner und lockerte, ein Lächeln auf den Lippen, seine Krawatte, während er sich in seinem Sessel nach hinten sinken ließ. » Wenn du wütend bist, siehst du sogar noch schöner aus.«
    » Was gedenkst du, wegen dieses McLanahan