Australien 01 - Wo der Wind singt
Gräten aussah, für ein nächtliches Lagerfeuer aufgeschichtet worden. Überall unten im Tal füllten bereits glänzende Reihen von Fahrzeugen die Koppeln. Die Menschen wanderten wie ein Zug Ameisen von allen Seiten zum Zentrum des Platzes und scharten sich dann um das große Zelt, als wäre es ein riesiges Baiser. Kate lächelte. Sie konnte es gar nicht erwarten, dort unten zu sein. Mitten drin.
»Himmel!«, schrie Dave plötzlich und trat kräftig auf die Bremse, da der Pick-up vor ihnen völlig unerwartet angehalten hatte. Ein lautes Hupen ertönte. Kate blickte gerade noch rechtzeitig auf, um drei Jungen in weißen Hemden, schwarzen Hosen und riesigen Sombreros auf sie zurennen zu sehen. Im Nu sprangen die drei auf die Motorhaube von Daves Pick-up und pressten ihre nackten weißen Hinterteile gegen die Windschutzscheibe. Zu nah, um ein schöner Anblick zu sein.
Janie kreischte, Kate lachte, und Dave schaltete die Scheibenwaschanlage ein, so dass die Hintern der Jungen nass wurden.
»Danke, Arschputzer!«, rief einer von ihnen, bevor sie, die Hosen noch immer auf Halbmast, wieder davonliefen.
»Das sind diese Typen, die sämtliche B&S-Bälle auf dem Festland abklappern und ihre gesamte Kohle dafür ausgeben«, sagte Dave. »Zu uns kommen sie auch immer, jedes Jahr. Erinnert ihr euch noch an die drei? Ich kann nicht glauben, dass sie immer noch nicht genug davon haben!«
»Ja«, sagte Kate. »Ich habe sie auch schon ein paarmal gesehen. Bei Conargo und in der Nähe von Dubbo. Himmel. Wie hießen die doch gleich? Das ist das Problem, wenn man jemanden auf einem B&S kennen lernt. Man ist meistens schon zu betrunken, um sich die Namen merken zu können. Aber ich glaube, die nannten sich die Banditos. Könnt ihr euch erinnern? Johnno, Simmo … und …«
»Blue«, sagte Dave.
»Da war tatsächlich ein Karottenkopf dabei!«, sagte Janie. »Das muss Blue gewesen sein. Jetzt erinnere ich mich. Der Kerl ganz rechts. Aber eigentlich war es nicht sein Kopf, den ich gesehen habe, sondern sein fetter roter Arsch. Nein, tatsächlich war er ziemlich mager … ein magerer, roter, haariger Arsch.«
»So genau hättest du nun auch wieder nicht hinsehen müssen«, protestierte Dave. »Du hättest ja auch die Augen zumachen können!«
»Ach was. Ich könnte von der ganzen verrückten Bande ein Phantombild zeichnen, wenn es nötig wären. Ich bin sehr gut, wenn es ums Beobachten geht. Mir entgeht so gut wie nichts.«
»Du musst es ja ganz schön nötig haben, wenn du deine Augen nicht zumachst, während man dir einen Arsch vors Gesicht hält«, spöttelte Kate.
»Das«, entgegnete Janie trocken, »oder Mutter von Zwillingen sein.«
Nachdenkliches Schweigen breitete sich aus, als sie an ihre Kinder dachten. Sie mussten jetzt schon gebadet und zum Schlafengehen fertig sein. Nell in ihrem Häschenpyjama, Jasmine in ihrem Saddle-Club-Nachthemd und Brendan würde Thomas the Tank Engine tragen. Das war eine völlig andere Welt. Kate schüttelte den Kopf.
»Warum mache ich das hier eigentlich?«, murmelte sie leise vor sich hin. Sie war jetzt Mutter. Plötzlich hatte sie das Gefühl, als hätte sich einfach zu vieles geändert.
In der Scheune scharten sich die jungen Männer in ihren Anzügen wie Pinguine in einer Brutkolonie um die Bar. Ein paar Mädchen in bunten Kleidern standen zwischen ihnen und verliehen der Ansammlung
von Schwarz und Weiß etwas Farbe. Kate fielen zwei Mädchen in weißen Satinanzügen im Shania-Twain-Stil auf, die dicht beieinanderstanden. Auf ihren Jacken waren braune Rumflecken zu sehen, und der Boden um ihre weißen Stiefel herum hatte sich bereits in eine suppige Mischung aus Matsch, Dung und Bier verwandelt. Die eklige braune Brühe begann ihre weit ausgestellten Hosenbeine hinaufzukriechen wie die Gezeitenmarke in einer Kläranlage. Aber das war den beiden Mädchen offensichtlich völlig egal. Sie genossen die Aufmerksamkeit, die ihnen zuteilwurde, in vollen Zügen. Sie warfen ihre glänzenden Haare zurück und lachten aufreizend, als die Jungen um sie herumstolzierten. Erst jetzt sah Kate, dass die kleinere der beiden ihre Chefin Lisa war.
Kate begrüßte sie mit einem lauten Freudenschrei und umarmte sie dann begeistert. »Du siehst einfach fantastisch aus! Und verdammt witzig!«, sagte sie.
Lisa, die bereits ziemlich betrunken war, gab ein »oh, oh, oh« im Shania-Stil von sich und machte dabei ein paar Tanzbewegungen.
Auf einem B&S einfach Weiß zu tragen, war an sich schon eine völlig
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