Australien 03 - Tal der Sehnsucht
mit John Rich mit einer Zigarre und einem Glas Portwein in den Herrensalon zurückzog, hielt er das winzige Kristallglas lässig in den breiten Fingern.
In dem holzgetäfelten Rauchsalon erzählte ihm John Rich, dass kürzlich ein schwarz-brauner Rüde namens Brutus und eine Hündin namens Jenny im Distrikt angekommen seien.
»Es waren Gilbert Elliot und Allen von der Geralda Station nahe Stockinbingal, die diese beiden Collies aus Schottland importierten«, dozierte John, als wäre dies eine unglaubliche Neuigkeit, wo doch Jack, genau wie alle Viehtreiber im Distrikt, längst alles über die Hunde wusste.
»Sie haben sich auf dem Schiff gefunden… und waren fortan fester verbunden als die Schiffstakelage mit dem Mast… nicht mal die größten Wellen konnten die beiden trennen. Bald nach ihrer Ankunft auf Geralda warf Jenny die prächtigsten Welpen. Während der Rüde, Brutus… Sie haben doch gewiss schon von seinen Siegen bei den Vorführungen gehört?«
»Das habe ich allerdings.« Jack nickte und spürte dabei, wie seine Wangen vom Portwein und dem warmen Feuer glühten. Just wegen der Welpen aus dieser Paarung hatte Jack auf dieses Treffen mit John Rich gedrungen, und Mary hatte es in ihrer charmanten Art in die Wege geleitet. Rich trat ans Bücherregal, zog ein in Leder gebundenes Notizbuch heraus und legte es aufgeschlagen in Jacks Schoß. Dann rückte er die Lampe näher. Gleich darauf las Jack die Schilderung von Brutus’ Sieg:
Die Darbietung dieses Hundes war Ehrfurcht gebietend. Drei Schafe wurden freigelassen und auf den Vorführplatz hinausgebracht, wo sie der Hund auf Kommando und ohne ein einziges Mal Laut zu geben ins Gehege zurücklenken musste, und zwar durch eine Menge von Menschen hindurch, welche in einer Weise, die jeden Menschen in Verwirrung stürzen würde, hierhin und dorthin liefen. Dabei legte dieser Freund des Hirten ein so ungewöhnlich gutes Betragen an den Tag, dass alle Mitstreiter ihre Ansprüche auf den Siegpreis hintan stellten und ihre Hunde nicht mehr zum Wettbewerb antreten ließen.
»Drei Welpen!«, verkündete John, während er, leicht schwankend nach dem vielen Port, das Buch ins Regal zurückstellte. »Drei Welpen bekam sie bei ihrem ersten Wurf: Nero, Laddie und Caesar.«
Natürlich wusste Jack all das bereits.
»Ich möchte Ihnen den Vorschlag unterbreiten, guter Mann«, fuhr John fort, »dass Sie Ihre Kelpie von meinem Caesar decken lassen. Das wäre eine Kreuzung, aus der nur Gutes erwachsen könnte. Ich habe überall im Distrikt nach einer Hündin ihrer Klasse gesucht.«
»Oh, das ist sie, ganz recht!«, erwiderte Jack. »Wenn Sie das schon früher gesagt hätten, Mr Rich, dann hätten Sie sich das Mahl und den teuren Portwein sparen können. Ich hätte auch eingeschlagen, wenn Sie mir den Vorschlag auf der Weide bei einem trockenen Biskuit und einem Blechnapf mit dünnem, kalten Tee unterbreitet hätten. Man könnte meinen, Sie hätten meine Gedanken gelesen!«
John Rich lachte, blieb neben Jack stehen und schlug ihn auf den Rücken. Die beiden Männer reichten sich die Hände, und damit war beschlossen, dass Caesar Kelpie decken würde.
Rosie klappte das Buch zu. Ein dicker Kloß saß ihr in der Kehle. Sie und Jim hatten oft darüber gesprochen, welchem Rüden sie Dixie zuführen sollten, wenn sie das nächste Mal läufig würde. Jetzt müsste sie diese Entscheidung allein fällen.
Duncan bemerkte, wie sich Rosies Miene verdüsterte, und drängte sie, die Geschichte weiterzuerzählen.
»Na ja«, fuhr Rosie fort, »einer der Welpen aus dem Wurf von Kelpie und Caesar sah seiner Mutter so ähnlich, dass Jack die Hündin ›junge Kelpie‹ nannte.«
»Wirklich? So hat sich der Name also festgesetzt«, folgerte Duncan. »Und wodurch wurde die junge Kelpie berühmt?«
Wollongough Station, um 1879
»Ach, du bist das Abbild deiner Mutter«, sagte Jack und hob die feste, kleine, schwarz-braune Hündin hoch. Einen Augenblick fühlte sich Jack, auf dem roten Boden der Riverina kauernd, in jene gespenstisch neblige Nacht am Ufer des Glenelg River zurückversetzt, als er Kelpie zum ersten Mal in seine Jacke gepackt hatte.
»Du bist schlicht und einfach die junge Kelpie«, sagte er und kraulte dabei liebevoll das rosa Bäuchlein. Jack konnte der Versuchung, die kleine Hündin zu behalten, kaum widerstehen, aber trotzdem war er hierher gekommen, um sie auf der Wollongough Station am Humbug Creek abzugeben. Schon kam Jacks Schwager Charles King mit einem
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