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Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Titel: Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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Ställe auf den Bergen damals um ein Haar niedergebrannt wären und der Hund nur entkommen war, weil das Seil, an dem er festgebunden war, durchschmorte. Dreimal hatte die Familie das Farmhaus und die Pferche retten können. Aber bei dem Brand im Jahr 1939 waren siebenhundert Rinder ums Leben gekommen.
    Rod hatte schon viele Brände erlebt, allerdings noch nie ein Monster wie den Brand von 1939. Heute allerdings, das war ihm klar, drohte eine Katastrophe. In ihrer Unfähigkeit, dieses Land wirklich zu bewirtschaften und zu verstehen, hatten die Schreibtischhengste über Jahrzehnte hinweg den Boden für eine Brandkatastrophe vorbereitet. Und jetzt, dachte Rod schaudernd, würden sie alle dafür bezahlen müssen.

42
    Emily hatte das Gefühl, dass sie ewig brauchten, bis sie endlich die gewundene Bergstraße zu Evies Hütte hinabfuhren. So vieles war in kürzester Zeit zu erledigen, sie merkte, wie Angst sie immer stärker antrieb, je heißer der Tag wurde, je mehr Wind aufkam und je stickiger die Luft wurde. Die Brandmeldungen der Anrufer im Radio klangen immer dringlicher.
    Als sie Evie winkend hinter der Steinmauer ihres grünen Gartens stehen sahen, atmeten sie alle auf. Hier, an der Nordflanke des Berges, lag weniger Rauch in der Luft, und es war kaum vorstellbar, dass dieser schattige, grüne Fleck je niederbrennen könnte. Emily drückte kurz auf die Hupe, worauf Jesus Christus durchdrehte und wie besessen kläffend seinem Schwanz hinterherjagte. Emily ließ den Pick-up im Leerlauf stehen, sprang aus dem Wagen und half den Mädchen, ihre Rucksäcke auszuladen.
    Meg und Tilly warfen sich in Evies Arme, und Emily gab ihr einen kurzen Kuss auf die Wange.
    »Vielen Dank, dass du sie aufnimmst.«
    »Das ist doch selbstverständlich, Schätzchen. Einstweilen sind sie hier sicher.«
    »Dad wird wahrscheinlich noch drei Stunden brauchen, um die Rinder zu holen, dann kommen er oder Flo sie abholen. Ich komme später mit den Pferden nach.«
    »Tu das.«
    »Gehst du danach mit uns ins Tal? Wenn du mich fragst, sollte man an einem Tag wie heute nicht hier oben bleiben.« Emily sah zu der Rauchfahne auf, die sich allmählich über die Berge in Richtung Westen ausbreitete.
    »Du kriegst mich hier nicht weg«, sagte Evie.
    »Aber …«
    »Mir passiert schon nichts, Liebes«, versicherte sie ihr. »Ich bin auf alles vorbereitet.«
    »Wir sehen noch mal nach dir, wenn wir später ins Tal fahren«, sagte Emily. »Wenn sich der Brand bis dahin in deine Richtung ausbreitet, dann stopfe ich dich zu den anderen störrischen Kühen in den Hänger und zwinge dich notfalls mitzukommen.«
    Normalerweise hätte Evie in diesem Moment laut aufgelacht, aber heute wirkte sie abwesend, beinahe verträumt.
    »Ganz bestimmt alles okay?«, erkundigte sich Emily noch einmal.
    Evie nickte, und ihr Lächeln kehrte zurück. »Es geht mir gut, ehrlich. Jetzt fahr, deine Mädchen sind bei mir gut aufgehoben.«
    »Danke«, sagte Emily und schloss die ältere Frau fest in die Arme. »Ich muss los. Kühe eintreiben.«
    »Du musst dich beeilen, wenn dich das da nicht einholen soll«, sagte Evie und sah zu der Rauchfahne auf. »Aber Gott wird über dich wachen.« Sie legte die Hand auf Emilys Wange. Zum ersten Mal überhaupt spürte Emily ein leises Zittern in Evies Berührung. »Adieu, Liebes.«
    »Bis später!«
    Emily nahm ihre beiden Mädchen in die Arme und küsste sie.
    »Ihr helft Evie, okay? Granddad kommt euch nachher holen.«
    Als sie in ihren Pick-up kletterte, sah sie lächelnd, dass Evie die Arme um Meg und Tilly gelegt hatte, als wollte sie die beiden unter ihre Flügel nehmen. Sie war wahrhaftig ein Engel. Aus einem Impuls heraus ließ Emily das Fenster herunter und schrie: »Ich liebe dich, Evie!«
    Der Wind trug Evies Antwort zu ihr: »Ich liebe dich auch, Mädchen.« Dann zog Emily den Pick-up um die Kurve, und Evie war verschwunden.
    Sie fuhr ins Farmhaus zurück und sammelte dort die Kartons mit den Erinnerungsstücken ein, die sie während der heißen Nächte der letzten Woche gepackt hatten. Sie nahm die alten Familienfotos ab, die jahrelang an den Wänden gehangen hatten, wickelte sie in ein Tuch und blickte dabei in das Gesicht der alten Emily, die sie mit blitzenden, dunklen Augen ansah.
    »Ich weiß«, sagte Emily zu dem Foto. »Ich weiß, dass du mir zusiehst, und ich werde bestimmt aufpassen.«
    Den Feueralarm hatten sie in ähnlich heißen Sommern wie diesem immer wieder geprobt. Sie wusste genau, was sie zu tun hatte, und

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