Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen
ein paar Sachen abzuholen. Kleider und so.«
»Die kann mich mal.«
»Hallo, Clancy.« Emily gab sich alle Mühe, das Beben in ihrer Stimme zu unterdrücken.
»Deine stinkende Töle kannst du gern mitnehmen, aber du wirst deinen Fuß nie wieder in dieses Haus setzen. Du wolltest gehen – also geh!«
»Na schön, vielleicht könntest du ja schnell ein paar von Ems Sachen in eine Tasche schmeißen, Kumpel, dann sind wir gleich wieder weg«, sagte Sam.
»Kommt nicht in die Tüte, Kumpel. Leck mich.«
»Clancy«, versuchte Emily ihn zu beschwichtigen. »Bitte sei nicht wütend. Wir müssen trotzdem miteinander auskommen. Um der Kinder willen.«
Er brüllte auf wie ein verwundetes Tier und kam die Stufen heruntergepoltert. Sie zuckte zusammen, als er mit der Faust auf das Dach des Pick-ups einhämmerte.
»Verpiss dich bloß! Verschwinde aus meinem Leben!«
Emily roch den Alkohol in seinem Atem. Beim Brüllen sammelte sich der Speichel in seinen Mundwinkeln, sie rutschte immer tiefer in ihren Sitz und packte ihren Kopf mit beiden Händen. Im nächsten Moment zerrte Sam Clancy weg und schleuderte ihn auf den Rasen.
»Lass sie in Frieden!«, brüllte Sam über Clancy stehend. Clancy rappelte sich wieder auf, aber da saß Sam schon auf dem Fahrersitz, der Motor heulte auf, und gleich darauf schoss der Wagen mit schwänzelndem Heck über die Straße.
Sechs Jahre Kummer strömten aus Emily heraus. Sie saß weinend auf dem Beifahrersitz, die tröstende Hand ihres Bruders auf dem Knie. Die Tränen wollten kein Ende nehmen. Immer wieder sagte er: »Wir kriegen das wieder hin, Schwesterherz. Wir kriegen das wieder hin. Wir gehen zurück ins Hochland, und da kriegen wir das wieder hin.«
In der Dunkelheit sah Emily auf das sanft leuchtende Armaturenbrett. Es erinnerte sie an ihre erste Fahrt in Clancys Truck. Sie musste daran denken, wie aufgeregt sie gewesen war, als er vor Tranquility in die Auffahrt bog, und wie sie die Stufen hochgeklettert war, um die schwere Tür zum Fahrerhaus aufzuziehen. Es war halb sechs Uhr morgens und noch dunkel gewesen. Der Mond am frühmorgendlichen Himmel hatte sanft auf den Raureif über den Koppeln geschienen. Das Erste, was Clancy ihr auf dem komplizierten, computerisierten Armaturenbrett mit den unzähligen Anzeigen und Knöpfen gezeigt hatte, war sein Schlaflicht gewesen.
»Ich nenne es das Sexylicht.« Er hatte ihr im Dämmerschein einen einladenden Blick zugeworfen. »Soll ich mein Sexylicht für dich anmachen?« Unter einem neckischen Lächeln hatte er das kleine kirschrote Quadrat mit dem Halbmond angetippt. Die Lampe über ihren Köpfen tauchte die Kabine in ein verführerisch rotes Licht. Auf dieser ersten Fahrt waren sie gerade mal fünf Kilometer weit gekommen, als Clancy schon an den Straßenrand gefahren war. Emily hatte eine Gänsehaut bekommen, als er sie sanft über dem Spitzenbesatz ihres BH s geküsst hatte. Dieses erste Mal mit ihm im Truck war so sinnlich gewesen, dass es sie völlig berauscht hatte.
Als er sie in der Kabine ausgezogen hatte, hatte sie hinter seinem Sitz auch den elektrischen Viehtreiber lehnen sehen, dessen aufragende Zacken aussahen, als gehörte er Satan persönlich. Sie war noch nie einem so bösen Jungen begegnet. Es war aufregend. Ihr ganzes Leben war sie brav gewesen. Verantwortungsvoll. Sie war der Kleber, der ihre Familie zusammengehalten hatte. Und jetzt kam dieser böse Mann, der sie zum Lachen und Weinen brachte und es schaffte, dass sie sich in ekstatischer Lust verlor. »Lust auf ein bisschen Laster im Laster?«, hatte er sie gefragt, dann hatte er ihr in die Koje geholfen und die Vorhänge zugezogen.
Bei diesem ersten Trip durch die Dämmerung hatte Emily, völlig elektrisiert nach Clancys Liebesakt, verträumt die anderen, wie Weihnachtsbäume erleuchteten Trucks auf sie zukommen sehen. Sie merkte, wie sie sich dem sanften Schaukeln der Fahrerkabine mit ihrer modernen, sauberen und korrekten Innenausstattung überließ und sich gleichzeitig zu verlieben begann. Während der gesamten Fahrt hatte sie sich danach verzehrt, dass Clancy sie noch einmal berühren würde. Sie hatte zugesehen, wie er die sexy Hände um das große runde Lenkrad gelegt hatte und wie sein Mittelfinger den Schalter am Ganghebel umspielte. Wenn er vor einer Kurve beim Herunterschalten zwischenkuppelte, erinnerte sie das Seufzen der hydraulischen Kupplung an ihre eigene Begierde. Alles in diesem Truck war plüschig und phallisch: von der lila Politur, mit der
Weitere Kostenlose Bücher