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Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Titel: Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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Jahren richtig schick gewesen war, und setzte sich an den Küchentisch.
    »Siehst du, du tust es schon wieder.« Sam streckte den Kopf noch einmal zur Küchentür herein.
    »Was?«
    »Du hast schon wieder gestöhnt wie eine Uroma.«
    »Habe ich nicht!«
    »Hast du wohl!«
    »Na schön, du Klugscheißer«, rief sie ihm nach.
    Emily blickte durch den Spalt der Ofentür und schaute dem Tanz der hellen Flammen zu. Sie lauschte dem Rauschen der Luft im Ofenrohr und reckte die Fingerspitzen der Wärme entgegen. Ihre Hände strichen über den schweren Holztisch. In seine Oberfläche waren unzählige Erinnerungen an die Geschichte ihrer Familie gekerbt. Das weiche Licht der Kerzen warf flackernde, dunkle Schatten auf die pockennarbige Landschaft der Tischplatte. Ihre Ururgroßmutter hatte ihn aus der ersten Hütte im Tal von Mayford heraufbringen lassen, und seither stand er hier oben. Emily spürte einen Schub frischer Energie, unter dem sich die Härchen auf ihren Armen aufstellten. Ihre Haut begann zu kribbeln, als sie vor sich sah, wie die Emily von damals mit ihren massigen Stiefeln über den Lehmboden stapfte, um an diesem Tisch einen Hasen zu füllen und ihn dann zum Schmoren in einen geschlossenen Topf zu legen, der anschließend in die Holzkohle gestellt wurde. Emily blinzelte, das Bild verschwand, und im selben Moment kam Sam mit einer Armladung Holz zurück.
    »Bisschen ruhiger als in Nashville hier draußen«, bemerkte er.
    »Tut dir nur gut«, erklärte ihm Emily.
    »Dir auch.«
    »Ich will nur meine Mädchen zu mir holen, dann bin ich zufrieden.«
    »Gleich morgen früh rufen wir Dad an.« Sam hob den Wasserkessel hoch. »Eine Tasse Tee?«
    Emily schüttelte den Kopf. »Nein danke, ich lege mich gleich hin.«
    Während sie die Kerze durch den schmalen Gang trug, eine Hand schützend vor die Flamme haltend, spürte Emily, wie sich der Trost, den das Haus ausstrahlte, schützend über sie legte. Inzwischen tat ihr alles weh, und Angst hatte sie auch, trotzdem wusste sie, dass es richtig gewesen war, aus dem Krankenhaus zu verschwinden. Hier würde sie viel schneller gesund.
    Weil sie unbedingt den Schlafanzug ausziehen wollte, der so nach Krankenhaus roch, öffnete sie den alten Schrank und leuchtete mit der Kerze hinein. Wann immer sich die Flanaghans hier aufgehalten hatten, hatten sie aus dem Koffer gelebt, denn sie waren nie länger als eine Woche am Stück auf den High Plains geblieben. Zu Zeiten ihrer Großeltern war das anders gewesen. Die Kleider im Schrank hingen dort, seit ihre Vorfahren die Sommer hier verbracht hatten, um das Vieh zu versorgen und zu treiben, um die Zäune zu reparieren und gegen das wuchernde Unkraut anzukämpfen. Damals war es einfacher gewesen, den Sommer über in den Bergen zu bleiben, als in ihrem kleinen, klapprigen und schlecht gefederten Auto oder auch auf dem Pferderücken die kurvenreiche achtzig Kilometer lange Reise nach Dargo zu unternehmen. Ihr Großvater war immer lieber geritten als Auto gefahren.
    Damals war er von Zeit zu Zeit bei geeignetem Wetter ausgeritten und hatte entlang der Wege in regelmäßigen Abständen ein Streichholz fallen lassen, um kontrollierte Buschbrände auszulösen, so wie es schon die Aborigines getan hatten. Aber im Lauf der Jahre war die althergebrachte Brandrodung, mit der neues Wachstum gefördert wurde, von der Regierung immer weiter eingeschränkt und schließlich ganz verboten worden, was die Landschaft allmählich verändert hatte. Das einst offene, baumbestandene Bergland der australischen Alpen war inzwischen übersät von knochenbleichen Ästen, die der Winterschnee von den Bäumen gebrochen hatte. Weiter unten erstickte die Vegetation unter Hartriegeln und Akazien, die früher von den Cattlemen durch gezielte Brandrodungen in Schach gehalten worden waren. Wiesen, die einst behutsam durch kontrollierte Brände entlaubt und in regelmäßigen Abständen beweidet worden waren, waren inzwischen unzugänglich.
    Auch das Leben der Flanaghans hatte sich im Lauf der Zeit verändert. Die einst abgeschieden auf der Hochebene lebende Familie war den Behörden zunehmend ein Dorn im Auge, denn die Beamten sahen nicht ein, warum die Flanaghans von der unversehrten Natur profitieren sollten. Je dichter das Straßennetz wurde, desto dichter wurde auch das Regelwerk. Je mehr Buschwalker, Skifahrer und Tagestouristen auftauchten, desto mehr Vorschriften hatten die Cattlemen zu befolgen. Emilys Großvater war als trauriger Mann gestorben. Er hatte um

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