Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen
Also lass die Leute ihren Job tun, Kumpel, dann kriegen wir sie auch lebend nach Melbourne.«
Clancy sah ihn wütend an und betrachtete Kevs lächerliches, auf einer Seite gescheiteltes Drahtwollehaar und das eine zugekniffene Auge, in das die Sonne schien.
»Ich bin nicht dein Kumpel «, fauchte er. »Und ich bin nicht betrunken. Höchstens ein bisschen beschwipst.«
Penny sah ihnen zu, ihre Hände hingen völlig erschlafft herunter, weil das Adrenalin der letzten Stunden verpufft war und nichts als eine Mixtur aus Erschöpfung, Schuldbewusstsein und Verzweiflung zurückgeblieben war. Sie war froh, dass Kev es auf sich genommen hatte, Clancy den Bären zu beruhigen. Obwohl sie die Finger nicht von Clancy lassen konnte, wusste sie genau, was für ein Arsch er sein konnte. Unermüdlich redete Kev auf ihn ein, und schließlich sah sie, wie Clancy sich zu entspannen begann und sein Zorn langsam versiegte, bis schließlich die straff gespannten Schultern herabsackten. Er war wie ein großes, tollpatschiges, aber auch wunderschönes Tier. Wenn sie in seiner Nähe war, hatte sie sich einfach nicht mehr in der Gewalt.
»Komm schon.« Kev führte Clancy an die Seite des Krankenwagens. »Park deinen Hintern im Schatten.«
Als Clancy an ihr vorbeiging, sah ihn Penny durchdringend an, doch er mied ihren Blick. Sie drehte sich weg und begann die Ausrüstung einzupacken. Als sie in den Krankenwagen stieg, stand ihr plötzlich wieder vor Augen, wie Emily gerade eben leblos auf der Trage gelegen hatte. Auf derselben Trage, deren Laken Penny jetzt unter mühsam zurückgehaltenen Tränen glatt strich. Sie zuckte zusammen, als das Funkgerät knisterte und Kevin antwortete.
»Tut mir leid, Rod, du hast sie gerade verpasst. Der Hubschrauber ist schon weg.« Emilys Vater erwiderte etwas Unverständliches.
»Klaro«, sagte Kev, der die Wortfetzen trotz des statischen Rauschens verstanden hatte. »Wir sehen uns dann.«
Penny schauderte, als sie sich an die Höllenfahrt zum Hubschrauber erinnerte. Sie hatte versucht, die Maske der kühlen, professionellen Sanitäterin aufzusetzen, wie immer, wenn sie es mit Patienten aus ihrem Bekanntenkreis zu tun hatte, aber diesmal war ihr das kaum gelungen.
In der hektischen Enge des Krankenwagens und mit dem panischen Clancy im Rücken hatte sich Penny, während sie sich bemühte, Emily zu stabilisieren, einem Ansturm widersprüchlicher Gedanken ausgesetzt gesehen. Geübt zog sie die Medikamente auf die Spritzen und überwachte die Instrumente. Emilys Herzschläge zuckten wie Kindergekrakel über den Bildschirm. Obwohl es um Leben und Tod ging, ertappte sie sich dabei, wie sie die Schönheit der Frau auf der Trage bewunderte und wie Emilys gleichmäßig hellbraune Haut sie faszinierte, vor allem weil ihr eigenes Gesicht von hellroten Sommersprossen gesprenkelt war. Sie beneidete Emily um ihre schönen Kurven. Sie erschienen ihr so weiblich, verglichen mit ihren eigenen eckigen Hüften und Schultern. Sie merkte, dass sie sich zu fragen begann, was Clancy wohl in ihr sah, weswegen er während der letzten zwölf Monate sie und nicht seine wunderschöne Ehefrau zur Geliebten genommen hatte. Während ihre Konkurrentin bewusstlos vor ihr lag, sah sich Penny mit der unwillkommenen Einsicht konfrontiert, dass er nur auf eines aus gewesen war.
In diesem Moment bellte Kev ein paar Anweisungen und riss sie damit aus ihren Gedanken. Penny merkte, dass sie zu hyperventilieren drohte. Während Kev wie ein Geisteskranker durch die Schotterkurven rumpelte, spürte sie, wie Clancys schwerer Körper gegen sie geschleudert wurde. Wieder roch sie das Bier und seinen Schweiß, aber diesmal irritierte sie der Geruch.
»Setz dich endlich hin!«, schnauzte sie ihn an.
»Ist sie tot? Herr im Himmel, Penny! Ist sie tot ?« Sie drehte sich um und blickte in seine trüben, trunkenen Augen, die geweitet waren wie die eines in Panik geratenen Hundes. Sie wünschte sich, sie hätte ihm versichern können, dass Emily durchkommen würde, aber das konnte sie nicht. Sie spürte, wie Clancys starke Hände ihre Oberarme packten.
»Sag mir, dass sie wieder in Ordnung kommt!« Er begann sie zu rütteln, aber Penny versuchte mit ihren behandschuhten Fingern, seine Hände zu lösen und sich aus seinem Griff zu befreien.
»Scheiße nochmal, Clancy, setz dich hin!«, brüllte sie ihn an. »Willst du, dass sie überlebt? Dann lass mich meinen Job machen!«
Kev drehte sich kurz zu ihnen um, und der Krankenwagen kam für eine
Weitere Kostenlose Bücher