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Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen

Titel: Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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Fünfzigjährigen gepasst hätte. Clancy fragte sich, ob der Alte wohl ahnte, dass sein Schwiegersohn eine Affäre mit der Busch-Krankenschwester hatte.
    Die schroffen Bewegungen, mit denen Rod den Ganghebel vor den Haarnadelkurven in den zweiten Gang rammte, und die Wut in seinem Gesicht verrieten Clancy, dass der alte Mann es sehr wohl wusste. Er wusste alles.

4
    Flo Flanaghan strich sacht über die Ohren ihres drahthaarigen Mischlingshundes. Trotzdem hörten ihre ledrigen Hände nicht auf zu zittern. Seit Rods Anruf war sie völlig aufgelöst. Er hatte ihr aus dem rauschenden Handy heraus erklärt, dass Emily mit dem Hubschrauber nach Melbourne ins Krankenhaus geflogen wurde. Flo hatte sich den Finger ins Ohr gesteckt, um das Muhen der Hereford-Kälber auszublenden, die überall nach ihren Müttern blökten, und sich dann so gut wie möglich auf Rods Stimme konzentriert. Sie hatte etwas von einer kollabierten Lunge verstanden, die Druck auf Emilys Herz ausübte, oder von einer stumpfen Herzverletzung oder irgendwas anderem, was sich ungeheuer blutig anhörte. Flo wusste es nicht mehr. Sie wusste nur, dass es schlimm klang und dass sie ganz krank vor Sorge um ihre Nichte war.
    Mit zusammengekniffenen Augen sah sie über die Pferche hinweg, wo ihr Kater Muscles auf einem Pfosten thronte, seine weißen Pfoten leckte und zu der baumbestandenen Anhöhe sah. Flo schob sich die Kappe in den Nacken und hielt Ausschau nach einem Lieferwagen oder einem Pferdeanhänger. Rod hatte ihr eröffnet, dass sie Snowgum nach Hause bringen würden, vor allem wegen Emily. Er hatte Flo erklärt, es sei völlig offen, ob die Stute durchkommen würde oder nicht, außerdem würde sie die Heimreise halb narkotisiert und mit Schmerzmitteln vollgepumpt antreten. Als Flo vorgeschlagen hatte, den Tierarzt in Brigalow anzurufen, hatte Rod geantwortet, wahrscheinlich bräuchten sie eher einen Schaufelbagger, um ein Grab für sie auszuheben, sobald sie zu Hause eintraf. Erst an diesem Punkt ihres Gesprächs hatte es Flo mit der Angst zu tun bekommen. Sobald sie aufgelegt hatten, hatte sie angefangen zu beten, dass Snowgum es lebend nach Tranquility zurückschaffen würde. So unlogisch das auch war, sie hatte genau wie ihr Bruder Rod das Gefühl, dass alles wieder ins Lot kommen würde, wenn nur die Stute überlebte. Dass dann auch Emily lebend zurückkommen würde.
    Jetzt stellte sich ihr anderer Bruder Bob zu ihr an den Pferch und blickte genau wie sie auf die staubige Schotterpiste.
    »Wenn das Pferd abkratzt, haben die Hunde heute Abend was zu feiern«, sagte er. Flo schoss einen giftigen Blick auf ihn ab. Ihr Bruder war selbst an seinen besten Tagen ein sarkastischer Miesepeter. Am liebsten hätte sie ihm gleich hier am Rinderpferch eine runtergehauen, und früher hätte sie das wohl auch getan.
    »Ach, halt einfach den Rand, Bob«, sagte sie stattdessen. Er konnte sie jederzeit mit einem einzigen Satz auf die Palme bringen. Tief im Inneren wusste sie, dass er mit der derben Sprücheklopferei nur seine Ängste überspielte, weil auch sein Herz an Emily und ihrer Stute hing. Aber hätte er in so einer Situation nicht einmal nett sein können? Sie hatte ihn schon fast den ganzen Nachmittag ertragen, während sie mit ihm die Rinder markiert hatte. Bob bot nur selten seine Hilfe an, darum hatte sie sie widerstrebend angenommen, auch weil sie gehofft hatte, dass er dabei aus seinem Schneckenhaus kommen würde. Sie hätte es besser wissen müssen. Die ganze Zeit hatte er nur gegen das Tieridentifikationsgesetz gewettert, das den Schafs- und Rinderfarmern zusätzliche Arbeit aufbürdete. Inzwischen musste jedes Tier auf einer Farm elektronisch markiert werden, damit die Herkunft von der Tränke bis zur Theke nachgewiesen werden konnte. Flos Notizbuch hatte im Wind geflattert wie ein panisches Vögelchen, während sie darauf gewartet hatte, dass Bob mit seinen Stummelfingern die kleinen runden Plastikscheiben in den Apparat pfriemelte.
    »Dämliche windige Drecksdinger«, hatte er geknurrt. »Wenn ich den Schreibtischhengst erwische, der sich das ausgedacht hat, zerre ich ihn an den Ohren hierher und markiere ihn mit dem Scheißding.«
    »Mach einfach weiter, Bob. Welche Nummer?«
    Er versuchte, den winzigen Aufdruck zu entziffern.
    »Ist das ein besch … eidenes E oder eine Acht?«
    »Sch … eibe, woher soll ich das wissen?«, seufzte Flo. »Ich gehe meine Brille holen.« Sie kletterte über den Zaun und machte sich auf den Weg zu ihrem Pick-up.

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