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Auswahl seiner Schriften

Auswahl seiner Schriften

Titel: Auswahl seiner Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wagner
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Blasinstrumenten dagegen mit möglichster Kraft vorgetragene Motiv war nun, wie ich glaube – zum ersten Mal seit dem Vorhandensein dieser Symphonie, mit bestimmender Deutlichkeit zu hören. In ähnlicher Weise verfuhr ich durchgehends um mich der größten Bestimmtheit der dynamischen Wirkung des Orchesters zu versichern. Nichts anscheinend schwer Verständliche durfte so zum Vortrag kommen, daß es nicht in bestimmender Weise das Gefühl erfaßte. Viel Kopfzerbrechen's gab von je z. B. das Fugato in 6/8 Takt nach dem Chorverse: »Froh wie seine Sonnen fliegen«, in dem » alla Marcia « bezeichneten Satze des Finale's: indem ich mich auf die vorangehenden, ermuthigenden, wie auf Kampf und Sieg vorbereitenden Strophen bezog, faßte ich dieses Fugato wirklich als ein ernst-freudiges Kampfspiel auf, und ließ es anhaltend in äußerst feurigem Tempo und mit angespanntester Kraft spielen. Ich hatte am Tage nach der ersten Aufführung die Genugthuung, den Musikdirektor Anacker aus Freiberg bei mir zu empfangen, welcher kam, um mir reuig zu melden, daß er bisher einer meiner Antagonisten gewesen sei, seit dieser Aufführung aber zu meinen unbedingten Freunden sich zähle: was ihn – wie er sagte – gänzlich überwältigt habe, sei eben diese Auffassung und Wiedergebung jenes Fugato gewesen. – Eine große Aufmerksamkeit widmete ich ferner der so ungewöhnlichen rezitativ-artigen Stelle der Violoncelle und Kontrabässe im Beginn des letzten Satzes, welche einst in Leipzig meinem alten Freunde Pohlenz so große Demütigungen eintrug. Bei der Vorzüglichkeit namentlich unserer Kontrabassisten konnte ich mich dazu bestimmt fühlen, auf die äußerste Vollendung hierbei auszugehen. Es gelang mir in zwölf Spezialproben, welche ich nur mit den betreffenden Instrumenten hielt, zu einem fast ganz wie frei sich ausnehmenden Vortrage derselben zu gelangen, und sowohl die gefühlvollste Zartheit, als die größte Energie zum ergreifendsten Ausdruck zu bringen. – Vom Beginne meines Unternehmens an hatte ich sogleich erkannt, daß die Möglichkeit einer hinreißend populären Wirkung dieser Symphonie darauf beruhe, daß die Überwindung der außerordentlichen Schwierigkeiten des Vortrages der Chöre in idealem Sinne gelingen müsse. Ich erkannte, daß hier Anforderungen gestellt waren, welche nur durch eine große und enthusiasmirte Masse von Sängern erfüllt werden konnten. Zunächst galt es daher, mich eines vorzüglich starken Chores zu versichern; außer der gewöhnlichen Verstärkung unseres Theaterchores durch die etwas weichliche Dreissig 'sche Singakademie, zog ich, mit Überwindung umständlicher Schwierigkeiten, den Sängerchor der Kreuzschule mit seinen tüchtigen Knabenstimmen, sowie den ebenfalls für kirchlichen Gesang gutgeübten Chor des Dresdener Seminariums herbei. Diese, zu zahlreichen Übungen oft vereinigten dreihundert Sänger, suchte ich nun auf die mir besonders eigenthümliche Weise in wahre Extase zu versetzen; es gelang mir z. B. den Bassisten zu beweisen, daß die berühmte Stelle: » Seid umschlungen Millionen «, und namentlich das: » Brüder, über'm Sternenzelt muß ein guter Vater wohnen « auf gewöhnliche Weise gar nicht zu singen sei, sondern nur in höchster Entzückung gleichsam ausgerufen werden könne. Ich ging hierfür mit solcher Extase voran, daß ich wirklich Alles in einen durchaus ungewohnten Zustand versetzt zu haben glaube, und ließ nicht eher ab, als bis ich selbst, den man zuvor durch alle Stimmen hindurch gehört hatte, mich nun nicht mehr vernahm, sondern wie in dem warmen Tonmeere mich ertränkt fühlte. – Große Freude machte es mir, das Rezitativ des Barytonisten: »Freunde, nicht diese Töne«, welches seiner seltsamen Schwierigkeiten wegen wohl fast unmöglich vorzutragen zu nennen ist, durch Mitterwurzer , auf dem uns bereits innig bekannt gewordenen Wege der gegenseitigen Mittheilung, zu hinreißendem Ausdrucke zu bringen. – Ich trug aber auch Sorge, durch einen gänzlichen Umbau des Lokales mir eine gute Klangwirkung des jetzt nach einem ganz neuen Systeme von mir aufgestellten Orchesters zu versichern. Die Kosten hierzu waren, wie man sich denken kann, unter besonderen Schwierigkeiten zu erwirken; doch ließ ich nicht ab, und erreichte durch eine vollständig neue Konstruktion des Podiums, daß wir das Orchester ganz nach der Mitte zu konzentriren konnten, und es dagegen amphitheatralisch auf stark erhöhten Sitzen von dem zahlreichen Sängerchor umschließen

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