Auswahl seiner Schriften
ausgehen, die Geldfürsten unserer Tage aber immer gleichgiltiger den Rücken wenden, am ersten auf die Gründung von Vereinen und Gesellschaften, sowie auf deren zusammenschießende Wirksamkeit, sich hingewiesen sehen. Die Kunstvereine werden jetzt immer mehr die eigentlichen Brodgeber der bildenden Kunst, und eine »Goethestiftung« kann in den Augen unserer bildenden Künstler gar nichts Anderes heißen, als ein Goethe-Aktien-Kunstverein: Mitglieder zu diesem Vereine werden sich – wie man gewiß endlich auch vorschlagen wird – am zahlreichsten und zahlungslustigsten finden, wenn man an jedem Goethetage eine Kunstlotterie statthaben läßt. Zu solchen Forderungen sehen sich unsere bildenden Künstler durch die Noth gedrängt, und es dürfte in der That schwer werden, die Gerechtigkeit ihrer Nothforderung zu bestreiten, weil sie diese Forderung in Wahrheit an ein künstlerisches Moment anknüpfen, nämlich daß ihre Kunstprodukte in Originalexemplaren bestehen, die nicht vervielfältigt werden können, ohne ihre wirkliche künstlerische Eigenschaft zu verlieren. Dichtern und Musikern können sie sagen, daß ihnen, falls sie aus der Litteratur zum wirklichen Leben herausgehen wollen, unsere zahlreichen Theater und Konzertanstalten zu Gebote stehen, in denen sie ihre Werke, »wenn sie nur den Geschmack des Publikums zu treffen wissen«, zu jeder Zeit und an jedem Orte durch Aufführungen vervielfachen und bezahlt machen können; wogegen ihre Werke eben zur monumentalen Einheit verdammt und deßhalb auch einem besonderen Schutze zu empfehlen seien, der für Dichter und Musiker gänzlich unnöthig erscheinen müsse.
Würde somit keine höhere Absicht hierbei in das Auge gefaßt, so könnte, wenn von Verwendung der Geldmittel einer »Goethestiftung« die Rede ist, gerechter Weise eigentlich nur die bildende Kunst in Betracht kommen; und die hierin gemachten Erfahrungen haben Dich auch jedenfalls bestimmt, in Deinen Vorschlägen auf die Befriedigung aller Künstlerstände auszugehen. Eine höhere Absicht ist aber zugleich vorhanden, und deutlich sprichst Du sie aus, wenn Du im Allgemeinen auf Förderung von solchen Werken dringst, die ihrem Charakter nach nicht auf den herrschenden Geschmack des Publikums als Lohngeber angewiesen sein dürfen und daher besondere Anstrengungen von Seiten der höheren Kunstintelligenz zu ihrer Förderung nöthig haben. Du zielst unverkennbar auf die Unterstützung von Kunstrichtungen ab, die sich ihrer Eigentümlichkeit wegen nur schwer Bahn brechen können: hierbei kannst Du aber unmöglich die bildende Kunst im Auge haben, sondern nur die Dichtkunst und Musik insofern, als diese aus der Litteratur heraus zum sinnlich darzustellenden Kunstwerke sich anlassen. Der bildende Künstler hat für Anerkennung, Erfolg und Lohn seiner Leistungen nur mit jener fein erzogenen Kunstintelligenz zu thun, die an sich eben als fähig betrachtet wird, neue eigenthümliche Richtungen zu erkennen, und deßhalb zu ihrer Förderung beitragen soll; gar nicht in Berührung, am allermindesten in Abhängigkeit, geräth er aber mit dem, von ihm gänzlich unbeachtet gelassenen, wirklichen Publikum, an welches der Dichter mit seinem sinnlich darzustellenden Kunstwerke sich fast einzig wendet, und welchem gegenüber eine besondere Förderung von Seiten der Kunstintelligenz allein als nothwendig und wirksam gedacht werden kann. Bleibt nun Dichtkunst und Musik nur Litteratur, so bedürfen sie einer besonderen Förderung, wie durch den Goetheverein, gar nicht, und der bildende Künstler hat durchaus Recht, wenn er sie ihnen verwehrt wissen will, so lange die ganze Wirksamkeit der »Goethestiftung« eben nur im Kreise der Kunstintelligenz und nur ihr wiederum gegenüber sich kundgeben, nicht aber in eine fördernde Beziehung zum wirklichen Publikum treten soll. Handelt es sich bei Dichtern und Musikern aber darum, das papierene Kunstwerk zum wirklich dargestellten zu machen, aus dem litterarisch formulirten Gedanken zur einzig wirksamen Wirklichkeit als Kunst erscheinung zu gelangen, so ändert sich die uns vorliegende Frage allerdings gewaltig; denn es fragt sich plötzlich nun darum, wie dem Dichter die Organe der Verwirklichung erst zu verschaffen seien , die dem bildenden Künstler in seinem mechanischen Apparate mit leichter Mühe zu Gebote stehen? Der Maler und Bildhauer hat die Mittel, sein Kunstwerk – so wie er es konzipirte und einzig seiner Fähigkeit nach auszuführen vermag – vollkommen fertig und
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