Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auswahl seiner Schriften

Auswahl seiner Schriften

Titel: Auswahl seiner Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wagner
Vom Netzwerk:
wie gut er sich zu helfen wisse; auf seinen gesunden Füßen sei er kaum so schnell gewesen. Neiding verbietet den Spott: des Mannes große Kraft setze ihn in Erstaunen. Jeder andere wäre nach dem Erlittenen vielleicht erlegen; solche Geistesstärke aber, mit der sich Wieland in seine schlimme Lage schicke, zeige edle, hohe Art. – Er schmeichelt ihm, und wünscht, er möge immer so guter Laune bleiben, munter und rüstig sein, dann solle er es wahrlich gut bei ihm haben.
    Wieland. (mit allmählich immer grimmigerem Hohn) .»Wie gut würd' ich's wohl bei dir haben? Vielleicht wie ein Vogel, den du im Walde gefangen? Nie Flügel verschnittest du ihm, daß er dir nicht entfliege; – doch, daß er mit seines Sanges süßer Klage dein Ohr erfreue, blendest du ihm die Augen wohl, daß aus ewiger Nacht in angstvollem Sehnen nach seinem Weibchen er rufe? dann reichst du ihm wohl süße Beeren, den lahmen Blinden zu löhnen? Wie gut, Neiding, daß ich nur Füße hatte, nicht Flügel auch. Dir fiele wohl bei, daß ich auch singen könnte, wie im Walde der frohe Vogel!«
    Neiding. »Was soll das, Wieland? Grämst du dich und verlorst schon die Geduld?«
    Wieland. »Ich singe dir Lieder, so gut ich kann!«
    Neiding. »So laß die Lieder, sie wollen mir nicht gefallen. Um deiner scharfen Schwerter willen hast du mich zum Freunde. Was du versprachest, das ford're ich jetzt von dir. Die Frist ist um; mit großem Heere fiel Rothar schon in Nordland ein: schufst du die Schwerter, die uns noth? – Bathilde kannst du noch gewinnen!«
    Wieland. »Hältst du dem Vogel süße Beeren vor? Im Walde pflückt er wohl bald sie sich selbst!« –
    Neiding. »Ende das Lied, und sag' von den Schwertern!«
    Wieland. »Was brauchst du Schwerter? Du hast ja den herrlichen Siegerstein! Den trägst du Heldenkönig, ruhig am Finger, und stehest mit Lust, wie Rothar's streitliches Heer deinem bloßen Wunsche erliegt.«
    Neiding. »Fürwahr, ich preise den Stein, den mir Bathilde verwahrt. Doch was kümmert er dich? Du Knecht, hast mir Schwerter zu schmieden.«
    Wieland. »Unnütz sind Schwerter dem, der durch Wundersteine siegt! Mehr frommten neue Krücken mir, daß noch behender zu deinem Dienst ich flöge hin und her, als auf den Weidenstöcken ich es vermochte. – Sieh', aus Klingen schuf ich mir Krücken; die lassen die Füße mich gerne vermissen.«
    Neiding. »Bist du rasend? Die Schwertklingen verschmiedest du zu Tand?«
    Wieland. (hinter dem Heerde stehend und mit den Armen in die Schienen des Flügelpaares fahrend). »Solchen Tand schafft sich ein einsamer lahmer Mann! – Hei! was mich der Krücken Schwung erfreut!« (Er hebt mit immer höherem Schlage die Flügelschwingen und facht dadurch das Feuer auf dem Heerde zu wachsender Flamme an, die er gegen Neiding und die Hofleute treibt.)
    Neiding. »Welch' grimmes Feuer nährst du auf dem Heerde?«
    Wieland. »Mit meinen Krücken fach' ich die Gluth; der Bälge nicht hab' ich mehr nöthig; die will ich dir, König, ersparen!«
    Neiding. »Was jagst du den Brand nach uns daher?«
    Wieland. (mit furchtbarer Stimme). »Die Kraft der Schwingen prüf' ich nur, ob sie mich mächtig zur Esse hinaustragen, wenn euch das Feuer verzehrt!« – (Wachsender Rauch verhüllt den Heerd und Wieland hinter ihm, Feuergluthen erfassen Boden und Wände.)
    Neiding. (stürzt entsetzt nach der Thüre). »Verrath! Wir sind gefangen! Greift den Verräther, eh' wir ersticken!« –
    Wieland ist im Rauche gänzlich unsichtbar geworden. Als die Leute auf den Heerd eindringen, um Wieland zu greifen, stürzt mit einem furchtbaren Krache die Esse ein, so daß nur die Seitenwände noch stehen. Dichte Feuerlohe schlägt von allen Seiten auf. Über dem Qualme in der Luft sieht man Wieland mit ausgebreitetem Flügelpaare schweben. –
    Neiding (in Todesangst) . »Wieland, rette mich!« –
    Wieland (dessen Gestalt von der hellaufschlagenden Gluth bluthroth erleuchtet worden). »Vergehe, Neiding, hin ist dein Leben, – hin ist dein Reich! Der Siegerstein schließt mir die Flügel im Nacken! Dort meine Brüder! Rothar naht! Deine Tochter ist sein Weib, sie fluchet dir! – Nichts bleibt von dir und deiner Macht, als die Kunde von der Rache eines freien Schmiedtes, und dem Ende seiner Knechtschaft! Vergehe, Neiding, vergehe!«
Fünfte Scene.
    (Die Schmiede stürzt vollends ganz zusammen und begräbt Neiding und die Seinigen unter ihren Trümmern.)
    Eigel und Helferich eilen an der Spitze von Rothar's Heer herbei. Eigel

Weitere Kostenlose Bücher