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Auswahl seiner Schriften

Auswahl seiner Schriften

Titel: Auswahl seiner Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wagner
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Gedankenlosen – bis dahin in unbestimmtesten Umrissen als der Gegenstand vorgeschwebt hatte, an den ich mich als Dichter mittheilte. Das Verständniß meiner Absicht ward mir immer deutlicher zur Hauptsache, und um dieß Verständniß mir zu versichern, wandte ich mich unwillkürlich nun eben nicht mehr an die mir fremde Masse , sondern an die individuellen Persönlichkeiten, die nur nach ihrer Stimmung und Gesinnung deutlich gegenwärtig waren. Diese bestimmtere Stellung zu Denen, an die ich mich mittheilen wollte, übte von nun an auch einen sehr wichtigen Einfluß auf mein künstlerisches Gestaltungswesen aus. Ist der Trieb, seine Absicht verständlich mitzutheilen, der wahrhaft gestaltunggebende im Künstler, so wird seine Thätigkeit nothwendig durch die Eigenthümlichkeit Dessen bestimmt, von dem er seine Absicht verstanden wissen will. Steht ihm als solcher eine unbestimmte, nie deutlich erkennbare, in ihren Neigungen nie sicher zu erfassende, daher auch nie von ihm selbst wirklich zu verstehende, Masse gegenüber, wie wir sie im heutigen Theaterpublikum vorfinden, so wird der Künstler nothwendig auch für die Darlegung seiner Absicht zu einer verschwimmenden, in das Allgemeine oft willenlos sich verlierenden, undeutlichen Gestaltung, ja – genau genommen – schon für den Stoff selbst bestimmt, der ihm gar nicht anders, als für eine verschwimmende Gestaltung geeignet, beikommen kann. Die aus einer solchen Stellung sich ergebende, ungünstige Beschaffenheit der künstlerischen Arbeit, kam meinem Gefühle jetzt an meinen bisherigen Opern zur Wahrnehmung. Ich empfand, den Erscheinungen der modernen Theaterkunst gegenüber, wohl den bedeutenderen Inhalt meiner Schöpfungen, zugleich aber auch das Unbestimmte, oft Undeutliche der Gestaltung dieses Inhaltes, dem jene nothwendige, scharfe Individualität somit selbst noch nicht zu eigen sein konnte. Richtete ich nun meinen Mittheilungstrieb unwillkürlich an die Empfänglichkeit mir vertrauter, gleichfühlender, bestimmter Individuen, so gewann ich hierdurch die Fähigkeit eines sichereren, deutlicheren Gestaltens. Ich streifte, ohne hierbei mit reflektirter Absichtlichkeit zu Werke zu gehen, das gewohnte Verfahren des Gestaltens in das Massenhafte, immer mehr von mir ab; trennte die Umgebung von dem Gegenstande, der früher oft gänzlich in ihr verschwamm, schärfer ab; hob diesen desto deutlicher hervor, und gewann so die Fähigkeit, die Umgebung selbst aus opernhafter, weitgestreckter Ausdehnung, zu plastischen Gestalten zu verdichten.
    Unter solchen Einflüssen, und bei diesem Verfahren, führte ich meinen »Tannhäuser« aus, und vollendete ihn nach wiederholten und verschiedenartigen Unterbrechungen. –
    Ich hatte mit dieser Arbeit einen neuen Entwicklungsweg in der mit dem »fliegenden Holländer« eingeschlagenen Richtung zurückgelegt. Mit meinem ganzen Wesen war ich in so verzehrender Weise dabei thätig gewesen, daß ich mich entsinnen muß, wie ich, je mehr ich mich der Beendigung der Arbeit näherte, von der Vorstellung beherrscht wurde, ein schneller Tod würde mich an dieser Beendigung verhindern, so daß ich bei der Aufzeichnung der letzten Note mich völlig froh fühlte, wie als ob ich einer Lebensgefahr entgangen wäre. –
    Sogleich nach dem Schlusse dieser Arbeit war es mir vergönnt, zu meiner Erholung eine Reise in ein böhmisches Bad zu machen. Hier, wie jedesmal wenn ich mich der Theaterlampenluft und meinem »Dienste« in ihrer Atmosphäre entziehen konnte, fühlte ich mich bald leicht und fröhlich gestimmt; zum ersten Male machte sich eine, meinem Charakter eigentümliche Heiterkeit, auch mit künstlerischer Bedeutung merklich bei mir geltend. Mit fast willkürlicher Absichtlichkeit hatte ich in der letzten Zeit mich bereits dazu bestimmt, mit Nächstem eine komische Oper zu schreiben; ich entsinne mich, daß zu dieser Bestimmung namentlich der wohlgemeinte Rath guter Freunde mitgewirkt hatte, die von mir eine Oper »leichteren Genre's« verfaßt zu sehen wünschten, weil diese mir den Zutritt zu den deutschen Theatern verschaffen, und so für meine äußeren Verhältnisse einen Erfolg herbeiführen sollte, dessen hartnäckiges Ausbleiben diese allerdings mit einer bedenklichen Wendung zu bedrohen begonnen hatte. Wie bei den Athenern ein heiteres Satyrspiel auf die Tragödie folgte, erschien mir auf jener Vergnügungsreise plötzlich das Bild eines komischen Spieles, das in Wahrheit als beziehungsvolles Satyrspiel meinem

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