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Auswahl seiner Schriften

Auswahl seiner Schriften

Titel: Auswahl seiner Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wagner
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Meistersingerschaft mit Humor, und schließt mit dem Reime:
»Zerging' das heil'ge römische Reich in Dunst,
Uns bliebe doch die heil'ge deutsche Kunst.« –

 
    So mein schnell erfundener und entworfener Plan.
Anmerkung des Herausgebers: 10) Dieser Plan ist nur äußerlich der gleiche wie der der nachmaligen »Meistersinger«. Wer sich für die Wandlung näher interessiert, findet in Chamberlains »Richard Wagner«, Textausgabe S. 378 ff. ausgezeichnete Ausführungen hierüber. Der Entwurf des Jahres 1845 ist übrigens in der Zeitschrift »Die Musik«, Jahrg. 1902, zum Abdruck gelangt. In Siegel's Verlag erschien 1907: Richard Wagner: Entwürfe zu »Die Meistersinger von Nürnberg«, »Tristan und Isolde«, »Parsifal«. – Hierin sind drei Entwürfe zu »Meistersingern« in extenso abgedruckt.
    Kaum hatte ich ihn niedergeschrieben, so ließ es mir aber auch schon keine Ruhe, den ausführlicheren Plan des »Lohengrin« zu entwerfen. Es geschah dieß während desselben kurzen Badeaufenthaltes, trotz der Ermahnungen des Arztes, mit derlei Dingen mich jetzt nicht zu beschäftigen. Eine besondere Vewandtniß mußte es damit haben, daß ich gerade jetzt so schnell von dem erquicklichen kleinen Ausfluge in das Gebiet des Heiteren, in die sehnsüchtig ernste Stimmung zurückgetrieben ward, mit der ich den »Lohengrin« zu erfassen so leidenschaftlich mich gedrängt fühlte. Mir ist es jetzt klar geworden, aus welchem Grunde jene heitere Stimmung, wie sie sich in der Konzeption der »Meistersinger« zu genügen suchte, von keiner wahrhaften Dauer bei mir sein konnte. Sie sprach sich damals nur erst noch in der Ironie aus, und bezog sich als solche mehr auf das bloß formell-künstlerische meiner Richtung und meines Wesens, als auf den Kern desselben, wie er im Leben selbst wurzelt.
Anmerkung des Herausgebers: 11) Wie in den späteren »Meistersingern« aus jener Ironie die weltüberwindende Heiterkeit Sachsens hervorging und wie das Objekt des »bloß formell-künstlerischen« von Wagners Richtung in ihnen tatsächlich in den Hintergrund trat, um den »Kern seines Wesens, wie er im Leben selbst wurzelt«, als neuen Mittelpunkt zu gewinnen, dazu vergl. die Anm. 10) angeführten Veröffentlichungen.
    – Die einzige, für unsere Öffentlichkeit verständliche und deshalb irgendwie wirksame Form des Heiteren ist, sobald in ihr ein wirklicher Gehalt sich kundgeben soll, nur die Ironie. Sie greift das Naturwidrige unserer öffentlichen Zustände bei der Form an, und ist hierin wirksam, weil die Form, als das sinnlich unmittelbar Wahrnehmbare, das Einleuchtendste und Jedem Verständlichste ist; während der Inhalt dieser Form eben das Unbegriffene ist, in welchem wir unbewußt befangen sind, und aus dem wir unwillkürlich immer wieder zur Äußerung in jener, von uns selbst verspotteten Form gedrängt werden. So ist die Ironie selbst die Form der Heiterkeit, in der sie ihrem wirklichen Inhalte und Wesen nach nie zum offenen Durchbruch, zur hellen, ihr selbst eigenthümlichen Äußerung als wirkliche Lebenskraft kommen kann. Der Kern der Erscheinung unserer unnatürlichen Allgemeinheit und Öffentlichkeit, den die Ironie unberührt lassen muß, ist somit nicht für die Kraft der Heiterkeit in ihrer reinsten, eigentümlichsten Kundgebung angreifbar, sondern sie ist es nur für die Kraft, die sich als Widerstand gegen ein Lebenselement äußert, welches mit seinem Drucke eben die reine Kundgebung der Heiterkeit hemmt. So werden wir, wenn wir diesen Druck empfinden, aus der ursprünglichen Kraft der Heiterkeit, und um diese Kraft in ihrer Reinheit wiederzugewinnen, zu einer Widerstandsäußerung getrieben, die sich dem modernen Leben gegenüber nur als Sehnsucht, und endlich als Empörung, somit in tragischen Zügen, kundgeben kann.
    Meine Natur reagirte in mir augenblicklich gegen den unvollkommenen Versuch, durch Ironie mich des Inhaltes der Kraft meines Heiterkeitstriebes zu entäußern, und ich muß diesen Versuch jetzt selbst als die letzte Äußerung des genußsüchtigen Verlangens betrachten, das mit einer Umgebung der Trivialität sich aussühnen wollte, und dem ich im Tannhäuser bereits mit schmerzlicher Energie mich entwunden hatte. –
    Ist es mir nun aus dem Innersten meiner damaligen Stimmung erklärlich, warum ich von jenem Versuche so plötzlich und mit so verzehrender Leidenschaftlichkeit auf die Gestaltung des Lohengrinstoffes mich warf, so leuchtet mir jetzt aus der Eigenthümlichkeit dieses Gegenstandes selbst

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