Auswahl seiner Schriften
Schritte für die Verbreitung dieser Oper, und faßte dafür namentlich Berlin in das Auge. Von dem Intendanten der königlich preußischen Schauspiele ward ich mit dem kritischen Bedeuten abgewiesen, meine Oper sei für eine Aufführung in Berlin zu »episch« gehalten. Der Generalintendant der königlich preußischen Hofmusik schien dagegen einer anderen Ansicht zu sein. Als ich durch ihn beim König, um diesen für die Aufführung meines Werkes zu interessiren, um die Erlaubnis; zur Dedikation des Tannhäusers an ihn nachsuchen ließ, erhielt ich als Antwort den Rath, ich möchte, da einerseits der König nur Werke annehme, die ihm bereits bekannt seien, andererseits aber einer Aufführung der Oper auf dem Berliner Hoftheater Hindernisse entgegenstünden, das Bekanntwerden Seiner Majestät mit dem fraglichen Werke zuvor dadurch ermöglichen, daß ich Einiges daraus für Militärmusik arrangirte, was dann dem Könige während der Wachtparade zu Gehör gebracht werden sollte. – Tiefer konnte ich wohl nicht gedemüthigt, und bestimmter zur Erkenntniß meiner Stellung gebracht werden! – Von nun an hörte unsere ganze moderne Kunstöffentlichkeit immer grundsätzlicher auf für mich zu existiren. Aber welches war nun meine Lage? Und welcher Art mußte die Stimmung sein, die gerade jetzt, und diesen Erscheinungen, diesen Eindrücken gegenüber, mich drängte, mit jäher Schnelle die Ausführung des Lohengrin vorzunehmen? – Ich will sie mir und meinen Freunden deutlich zu machen suchen, um zu erklären, welche Bedeutung für mich das Gedicht des Lohengrin haben mußte, und in welcher ich es einzig als künstlerischer Mensch erfassen konnte.
Ich war mir jetzt meiner vollsten Einsamkeit als künstlerischer Mensch in einer Weise bewußt geworden, daß ich zunächst einzig aus dem Gefühle dieser Einsamkeit wiederum die Anregung und das Vermögen zur Mittheilung an meine Umgebung schöpfen konnte. Da sich diese Anregung und dieses Vermögen so kräftig in mir kundgaben, daß ich, selbst ohne alle bewußte Aussicht auf Ermöglichung einer verständlichen Mittheilung, mich dennoch eben jetzt auf das Leidenschaftlichste zur Mittheilung gedrängt fühlte, so konnte dieß nur aus einer schwärmerisch sehnsüchtigen Stimmung hervorgehen, wie sie aus dem Gefühle jener Einsamkeit entstand. – Im Tannhäuser hatte ich mich aus einer frivolen, mich anwidernden Sinnlichkeit – dem einzigen Ausdrucke der Sinnlichkeit der modernen Gegenwart – heraus gesehnt; mein Drang ging nach dem unbekannten Reinen, Keuschen, Jungfräulichen, als dem Elemente der Befriedigung für ein edleres, im Grunde dennoch aber sinnliches Verlangen, nur ein Verlangen, wie es eben die frivole Gegenwart nicht befriedigen konnte. Auf die ersehnte Höhe des Reinen, Keuschen, hatte ich mich durch die Kraft meines Verlangens nun geschwungen: ich fühlte mich außerhalb der modernen Welt in einem klaren heiligen Ätherelemente, das mich in der Verzückung meines Einsamkeitsgefühles mit den wohllüstigen Schauern erfüllte, die wir auf der Spitze der hohen Alpe empfinden, wenn wir, vom blauen Luftmeer umgeben, hinab auf die Gebirge und Thäler blicken. Solche Spitzen erklimmt der Denker, um auf dieser Höhe sich frei, »geläutert« von allem »Irdischen«, somit als höchste Summe der menschlichen Potenz zu wähnen: er vermag hier endlich sich selbst zu genießen, und bei diesem Selbstgenusse, unter der Einwirkung der kälteren Atmosphäre der Alpenhöhe, endlich selbst zum monumentalen Eisgebilde zu erstarren, als welches er, als Philosoph und Kritiker, mit frostigem Selbstbehagen die warme Welt der lebendigen Erscheinungen unter sich betrachtet. Die Sehnsucht, die mich aber auf jene Höhe getrieben, war eine künstlerische, sinnlich menschliche gewesen: nicht der Wärme des Lebens wollte ich entfliehen, sondern der morastigen, brodelnden Schwüle der trivialen Sinnlichkeit eines bestimmten Lebens, des Lebens der modernen Gegenwart. Mich wärmte auch auf jener Höhe der Sonnenstrahl der Liebe, deren wahrhaftigster Drang mich einzig aufwärts getrieben hatte. Gerade diese selige Einsamkeit erweckte mir, da sie kaum mich umfing, eine neue, unsäglich bewältigende Sehnsucht, die Sehnsucht aus der Höhe nach der Tiefe , aus dem sonnigen Glanze der keuschesten Reine nach dem trauten Schatten der menschlichsten Liebesumarmung. Von dieser Höhe gewahrte mein verlangender Blick – das Weib : das Weib, nach dem sich der »fliegende Holländer« aus der
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