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Auswahl seiner Schriften

Auswahl seiner Schriften

Titel: Auswahl seiner Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wagner
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willkürliche Wesen Lohengrin's sich zu erlösen sehnt; dieses Verlangen ist aber selbst wiederum das unbewußte Nothwendige, Unwillkürliche im Lohengrin, durch das er dem Wesen Elsa's sich verwandt fühlt. Durch das Vermögen dieses »unbewußten Bewußtseins«, wie ich es selbst mit Lohengrin empfand, kam mir auch die weibliche Natur – und zwar gerade als es mich zur treuesten Darstellung ihres Wesens drängte – zu immer innigerem Verständnisse. Es gelang mir, mich durch dieses Vermögen so vollständig in dieses weibliche Wesen zu versetzen, daß ich zu gänzlichem Einverständnisse mit der Äußerung desselben in meiner liebenden Elsa kam. Ich mußte sie so berechtigt finden in dem endlichen Ausbruche ihrer Eifersucht, daß ich das rein menschliche Wesen der Liebe gerade in diesem Ausbruche erst ganz verstehen lernte; und ich litt wirklichen, tiefen, – oft in heißen Thränen mir entströmenden – Jammer, als ich unabweislich die tragische Notwendigkeit der Trennung, die Vernichtung der beiden Liebenden empfand. Dieses Weib, das sich mit hellem Wissen in ihre Vernichtung stürzt um des notwendigen Wesens der Liebe willen, – das, wo es mit schwelgerischer Anbetung empfindet, ganz auch untergehen will, wenn es nicht ganz den Geliebten umfassen kann; dieses Weib, das in ihrer Berührung gerade mit Lohengrin untergehen mußte, um auch diesen der Vernichtung preiszugeben; dieses so und nicht anders lieben könnende Weib, das gerade durch den Ausbruch ihrer Eifersucht erst aus der entzückten Anbetung in das volle Wesen der Liebe geräth, und dieß Wesen dem hier noch Unverständnißvollen an ihrem Untergange offenbart; dieses herrliche Weib, vor dem Lohengrin noch entschwinden mußte, weil er es aus seiner besonderen Natur nicht verstehen konnte – ich hatte es jetzt entdeckt: und der verlorene Pfeil, den ich nach dem geahnten, noch nicht aber gewußten, edlen Funde abschoß, war eben mein Lohengrin, den ich verloren geben mußte, um mit Sicherheit dem wahrhaft Weiblichen auf die Spur zukommen, das mir und aller Welt die Erlösung bringen soll, nachdem der männliche Egoismus, selbst in seiner edelsten Gestaltung, sich selbstvernichtend vor ihm gebrochen hat. – Elsa, das Weib, – das bisher von mir unverstandene und nun verstandene Weib, – diese notwendigste Wesenäußerung der reinsten, sinnlichen Unwillkür, – hat mich zum vollständigen Revolutionär gemacht. Sie war der Geist des Volkes, nach dem ich auch als künstlerischer Mensch zu meiner Erlösung verlangte. –
    Doch dieses selig empfundene Wissen lebte zunächst noch still in meinem einsamen Herzen: nur allmählich reifte es zum lauten Bekenntniß. –
    Ich muß jetzt meiner äußeren Lebensstellung gedenken, wie sie sich in jener Zeit gestaltete, wo ich – bei häufigen und langen Unterbrechungen – an der Ausführung des Lohengrin arbeitete. Diese Stellung war die meiner inneren Stimmung widersprechendste. Ich zog mich in immer größere Einsamkeit zurück, und lebte in innigem Umgange fast nur noch mit einem Freunde, der in der vollen Sympathie für meine künstlerische Entwicklung so weit ging, den Trieb und die Neigung zur Entwicklung und Geltendmachung seiner eigenen künstlerischen Fähigkeiten – wie er mir selbst erklärte – fahren zu lassen. Nichts Anderes konnte ich so wünschen, als in ungestörter Zurückgezogenheit schaffen zu können; die Möglichkeit der, wiederum mir einzig nöthigen, verständnißvollen Mittheilung des Geschaffenen, kümmerte mich damals kaum. Ich konnte mir sagen, daß meine Einsamkeit nicht eine egoistisch von mir aufgesuchte, sondern lediglich von der Öde weit um mich herum mir ganz von selbst geoffenbarte sei. Nur ein widerlich fesselndes Band hielt mich noch an unsere öffentlichen Kunstzustände fest, – die Verpflichtung, auf möglichen Gewinn aus meinen Arbeiten bedacht zu sein, um meiner äußeren Lage aufzuhelfen. So hatte ich noch immer für äußeren Erfolg zu sorgen, trotzdem ich diesem für mich und mein inneres Bedürfniß bereits gänzlich entsagt hatte. Die Annahme meines »Tannhäuser« war mir in Berlin verweigert; nicht mehr für mich, sondern für Andere besorgt, bemühte ich mich dort um die Aufführung meines für mich längst abgethanen »Rienzi«. Hierzu bestimmte mich einzig die Erfahrung des Erfolges dieser Oper in Dresden, und die Berechnung des äußeren Vortheiles, den ein ähnlicher Erfolg, bei den dort gewährten Tantiemen von den Einnahmen der Vorstellungen, mir in

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