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Auszeit - Ein Schwarz Weiss Tot Krimi

Titel: Auszeit - Ein Schwarz Weiss Tot Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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engagierte sich sehr stark für Zuyanes Ausbildung.
    Es fiel ihm schwer, sich einzugestehen, warum Zuyane ihm das Herz schwermachte. Die Wahrheit lautete: Zuyane und er waren sich zu ähnlich. Auch er hasste seine Arbeit.
    Unwillkürlich schreckte er vor der krassen Formulierung zurück, aber zu spät, schon hatte sie sein Selbstwertgefühl erheblich angekratzt. Es stimmte. Er hasste seine Arbeit. Alles an ihr. Er hasste die Routine, die Bummelei, die erstickende Langeweile, die dauernden Versuche, sich einzureden, dass all das wichtig sei. Und alle wussten von seiner Schande, die Kollegen, die ihn täglich grüßten: »Morgen, Oom Johnnie«, mit jenem abwesenden Blick, der sagte: Genauso gut hätte es mich erwischen können, ich darf gar nicht daran denken!
Leiter des Archivs,
sein aufgeklebter Titel, sein Trostpreis, sein Job bis zur Rente, verbannt an den Ort, an dem die südafrikanische Polizei ihre Peinlichkeiten verbarg.
    Doch dann stieg unwillkürlich der tröstliche Gedanke in ihm auf, dass es nur noch ein Jahr bis zu seinem sechzigsten Geburtstag war. Dann würde er in Pension gehen, ungebrochen und mit vollem Rentenanspruch, und könnte seinen Mitmenschen wenigstens in die Augen sehen.
    Gereizt schnalzte er mit der Zunge bei diesen Gedanken. Er verabscheute seinen Selbstbetrug, sein krampfhaftes Klammern an seine Würde, wie heute Nachmittag, bei seiner Konfrontation mit dem Wecker. Er war entnervt von seinem eigenen Unvermögen, die Realität zu akzeptieren. Wütend darüber, dass er sich an die Briefe des Mädchens wie an einen Strohhalm geklammert hatte und über seine Enttäuschung, dass sie doch nur eine von diesen armen Irren war, ein trauriges, einsames Mädchen mit Wahnvorstellungen über abstruse Geisterwelten und einem schlechten Geschmack, der vor billigen Scherzen nicht zurückschreckte.
    Doch am schwersten zu ertragen war seine Enttäuschung darüber, dass sich die Briefe nicht als der Rettungsanker entpuppt hatten, den er sich erhofft hatte. Der letzte große Fall, mit dem seine Ehre wiederhergestellt worden wäre. Deswegen lastete diese dunkle Wolke auf ihm. Doch er würde sich zusammenreißen müssen, denn Pearlie hatte das nicht verdient. Sie brauchte Unterstützung, Hilfe, einen Mann, der mit beiden Beinen auf der Erde stand.
    Er würde dieses letzte Jahr seiner Strafe durchstehen wie ein Mann. Und nächstes Jahr würde er hocherhobenen Hauptes abtreten und von da an Pearlie helfen. Er würde die Buchführung des Restaurants übernehmen, die Ankäufe und die Verwaltung, damit sie ihren Traum ungestört ausleben konnte. Er würde seine Ehrenschulden für ihre unerschütterliche,bedingungslose und unendliche Liebe einlösen.

    Um Viertel vor zehn schloss er die Tür hinter sich und stieg die Treppen hinunter. Er betrat das Restaurant und war mit sich im Reinen – er konnte ohne die Briefe und die Possen leben.
    Muna eilte geschäftig hin und her, Pearlie kümmerte sich um ihre Gäste. Der Laden war noch zu drei Vierteln voll und von Stimmengewirr und Geschirrklappern erfüllt. Ein verliebtes Pärchen saß an seinem gewohnten Tisch in der Ecke. Er setzte sich auf einen freien Platz, bis ihm einfiel, dass es Büfett gab, rutschte wieder heraus und ging zu dem langen Tisch. Pearlie kam vorbei, küsste ihn herzhaft und lächelte ihn strahlend an. »Das Büfett ist ein voller Erfolg, mein Herz!«, sagte sie und eilte schon wieder weiter zu einem Gast, der gerade die Hand hob.
    October registrierte erleichtert, dass noch genügend Kabobs übrig waren. Die Weißen hielten sie bestimmt für gewöhnliche Frikadellen. Er legte sich vier Stück auf den Teller, beträufelte sie mit Blatjang-Soße, nahm ein wenig von dem Dattelsalat und setzte sich an seinen Tisch. Muna fragte ihn, ob er etwas trinken wolle. Er lehnte dankend ab, denn sie hatte schrecklich viel zu tun.
    Er schnitt einen Kabob auf und das Ei steckte wie ein Goldnugget im Hackfleisch-Erz. Er kostete. Perfekt, der leichte Räuchergeschmack des Fleischs, die Konsistenz …
    »Superintendent October«, sagte plötzlich eine weibliche Stimme neben ihm.
    Die Stimme kam ihm bekannt vor, doch er konnte sienicht sofort einordnen. Er blickte auf, mit vollem Mund. Neben seinem Tisch stand eine junge Frau. Sie war jung, sportlich-schlank und hatte lange, hellblonde Haare. Zu ihren Jeans trug sie ein weißes Hemd. Sie musterte ihn mit einem eigenartigen Gesichtsausdruck an, nervös wie ein Kind, das Schelte erwartet. In der einen Hand hielt sie einen

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