Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
Recht; ich sagte, ich hatte Angst herauszufinden, dass ich zwei Jahre lang jede Woche vierzig Pfund dafür bezahlt hatte, einen Fremden mit meiner Lebensgeschichte zu unterhalten.
»Kannst du irgendeinen positiven Aspekt sehen, wenn du schwanger würdest?«, fragte Garv.
Ich dachte lang und gründlich nach. »Ja.«
»Ja?« Der hoffnungsvolle Ton in seiner Stimme beschämte mich.
»Schokolade.«
»Schokolade?«
»Überhaupt, alles Essen. Ich könnte essen, was ich wollte, und müsste nie Gewissenbisse haben.«
»Na ja«, sagte er und seufzte tief. »Immerhin ein Anfang.«
Noch ein Jahr verging, ich wurde zweiunddreißig und fühlte mich immer noch nicht bereit. Mehr als zuvor, aber immer noch nicht genug. Bis ich eines Tages aufgab, als wäre ich jahrelang auf der Flucht gewesen und könnte nicht mehr. Es musste sein, das wusste ich. Der stumme Kampf war zu nervenaufreibend,
und ich argwöhnte, dass das Verhältnis zwischen Garv und mir seit der Ankunft von Hoppy und Rider etwas gespannt war. Ich liebte Garv und wollte nicht, dass es noch schlechter zwischen uns wurde.
Als ich mich ihm auslieferte, strahlte Garv vor Glückseligkeit. »Was hat dich dazu bewogen?«
»Ich will nicht, dass du eine von den Frauen wirst, die ein Kind aus einem Kinderwagen vor dem Supermarkt stehlen«, sagte ich.
»Du wirst es nicht bereuen«, beteuerte er.
Und obwohl ich vermutete, dass ich es sehr wohl bereuen würde, wurde meinem Groll auf ihn die Schärfe genommen, weil ich wusste, dass er das Ausmaß meiner Bedenken nicht begriff. Wahrscheinlich glaubte er aufrichtig, dass er mich nur schwängern müsste, und alle meine Ängste würden von einer Welle von Östrogen davongespült.
»Soll ich mal ein Thermometer kaufen und das alles?«, fragte ich. Garv sah mich verwundert an.
»Nein! Können wir nicht einfach …«
Also haben wir einfach …
Als wir das erste Mal ohne Verhütung miteinander schliefen, hatte ich ein Gefühl, als wäre ich ohne Fallschirm aus einem Flugzeug gesprungen, und obwohl man uns gesagt hatte, es könnte sechs Monate bis zu einem Jahr dauern, beobachtete ich meinen Körper von der ersten Minute an.
Doch trotz aller Risiken bekam ich meine Tage, und auch die heftigen Krämpfe änderten nichts daran, dass ich mich ungemein erleichtert fühlte. Ich entspannte mich ein wenig – einen Monat hatte ich gewonnen. Vielleicht gehörte ich zu den Frauen, bei denen es ein Jahr dauert.
Von wegen. Im zweiten Monat wurde ich schwanger, und ich spürte es sofort. Nicht, dass ich umgehend nach Erdnussbutter und Weißbrot mit Wasabi verlangt hätte, aber irgendwas in mir war nicht normal, und als mich eine Abneigung gegen Sandwiches mit Bacon, Tomate und Salat erfasste, war ich mir völlig sicher.
Allerdings war ich im Monat davor auch ziemlich sicher gewesen, und da hatte ich falsch gelegen. Aber nach wenigen
Tagen war klar, dass dies keine neurotische Einbildung war. Ich war schwanger, kein Zweifel. Wie konnte ich eine solche Gewissheit haben? Vielleicht hatte es damit zu tun, dass ich bis abends um acht nicht einmal ein Glas Wasser bei mir behalten konnte. Oder dass ich jeden, der nur vage in die Nähe meiner Brüste kam, hätte umbringen können. Oder dass ich kalkweiß war. Nur dann nicht, wenn meine Gesichtsfarbe ins Lindgrüne changierte.
Es war alles ganz falsch. Als Shelley fünf Wochen schwanger war, ist sie zum Wandern in die Pyrenäen gefahren (Warum sie unbedingt wandern gehen wollte, ist mir allerdings rätselhaft!), ist zehn Meilen am Tag in den Bergen herummarschiert, und ihr war nicht einmal übel! Claire hat im ersten Monat gar nicht gewusst, dass sie schwanger war, und ging Abend für Abend aus, ohne sich auch nur einmal übergeben zu müssen.
Aber mir war so übel wie nie jemandem zuvor, was mich besonders hart ankam, denn mir wurde normalerweise nicht oft schlecht. Sogar mein Verstand war in Mitleidenschaft gezogen, ich konnte nicht richtig denken.
Um es offiziell zu machen, kauften wir einen Schwangerschaftstest, und als die zweite blaue Linie sichtbar wurde, weinte Garv – auf männliche Art: Er tat so, als hätte er plötzlich eine Wimper im Auge. Ich weinte auch, aber aus anderen Gründen.
Obwohl mir speiübel war, ging ich weiter zur Arbeit – ich habe keine Ahnung, wie nützlich ich war – und das Einzige, was mir die Kraft gab durchzuhalten, war die Vorstellung, dass ich am Ende des Tages in mein Bett durfte. Wenn ich nach Hause kam, fast wimmernd vor Erleichterung,
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