Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
Jaffa?«
»Eine Apfelsine ohne Kerne.«
Er sah sie verwirrt an, sodass sie noch nachsetzte: »Ich habe geglaubt, du schießt mit Platzpatronen.« Dann fügte sie hinzu:
»Wenn ich den Gedanken daran überhaupt ertragen konnte.«
Dann rief ich Emily an, die mit am besten wusste, wie groß meine Bedenken gegen eine Schwangerschaft gewesen waren – hauptsächlich, weil sie die gleiche Einstellung hatte. Sie war eine von denen, die auf die Frage, ob sie Kinder mochte, antwortete: »Sehr gern, aber ein Ganzes würde ich nie schaffen.«
Ich teilte ihr mit, dass ich in der achten Woche schwanger sei, und sie fragte mich: »Bist du glücklich?«, worauf ich mich antworten hörte: »Ich war nie im Leben so glücklich. Es war dumm von mir, dass ich so lange gewartet habe.«
Darauf war es still, dann war ein Schniefen zu hören. »Weinst du?«, fragte ich misstrauisch.
»Ich bin so glücklich, deinetwegen«, sagte sie mit wackliger Stimme. »Das ist eine wunderbare Nachricht.«
An einem Samstagnachmittag musste ich ganz regulär zur Toilette, und da sah ich es. Es waren nicht nur ein paar Tröpfchen, wie man es manchmal hört. Das war blutrot, überall.
»Garv«, rief ich und war überrascht, dass ich so normal klang. »Garv! Ich glaube, wir sollten ins Krankenhaus fahren.«
Als wir beim Auto waren, beschloss ich, dass ich selbst fahren wollte. Ich bestand darauf, es hatte sicherlich mit dem Wunsch nach Kontrolle zu tun. Und Garv, der nur selten die Beherrschung verliert, stand auf der Straße und schrie: »ICH FAHRE, VERDAMMT NOCH MAL!«
Ich erinnere mich an den ganzen Weg zum Krankenhaus in gestochen scharfen Bildern. Wir mussten durch die Stadt, die an einem Samstagnachmittag voller Fußgänger war, so dass wir nur im Schritttempo vorankamen. Angesichts der großen Menge der Menschen fühlte ich mich völlig allein auf der Welt.
Beim Krankenhaus parkten wir in einer Haltebucht für Krankenwagen, und bis heute weiß ich noch, wie die Frau in der Anmeldung aussah. Sie versprach, dass sich sofort ein Arzt um mich kümmern würde, dann setzten Garv und ich uns auf die orangefarbenen Plastikstühle, die am Fußboden festgeschraubt waren. Wir schwiegen.
Als eine Krankenschwester kam und mich holte, beruhigte sie Garv und sagte: »Es ist bestimmt alles in Ordnung.«
Aber das war es nicht.
Es war ein neun Wochen alter Fötus, aber es fühlte sich an, als wäre jemand gestorben. Es war zu früh, um das Geschlecht zu erkennen, und das machte es noch schlimmer.
Ein gemeinsamer Verlust ist schwerer, glaube ich. Ich kam mit meinem eigenen Schmerz zurecht, aber nicht mit Garvs. Und dann war da etwas, das ich ihm sagen musste, bevor mich die Schuldgefühle ganz verschlangen. »Es ist meine Schuld, weil ich es nicht wollte. Er oder sie hat gewusst, dass es unerwünscht war.«
»Aber du wolltest es doch.«
»Nicht am Anfang.«
Und darauf konnte er nichts erwidern. Er wusste, dass es stimmte.
26
A m Samstag Abend kam Lara vorbei.
»Nicht mit Nadia unterwegs?«, fragte Emily.
»Nein, sie hat sich den Anus bleichen lassen und kann nicht sitzen.«
»Wie bitte?«, platzte ich heraus. »Den Anus? Bleichen lassen?«
»Das ist das Neueste in der plastischen Chirurgie«, erklärte Lara. »Das lassen viele Frauen machen. Damit es hübsch aussieht.«
»So wie Zähne weißen lassen«, sagte Emily. »Nur dass es eben der Anus ist.«
»Das habt ihr euch ausgedacht!«
»Natürlich nicht!«
»Aber … wer sieht es denn .., wenn …?« Ich brach ab. Es war besser, ich wusste es nicht.
»Ich habe mir ein Geschenk gekauft.« Lara schob uns einen Karton hin.
»Wie schön«, sagte Emily. »Was ist es?«
»Mein neues super Anrufer-ID-Gerät, total auf dem neuesten Stand. So raffiniert, dass es mir fast sagen kann, was mein Anrufer denkt. Hört euch an, was für Funktionen es hat!«
Als sie all die Dinge aufzählte, die es konnte, musste ich an Garv denken – Jungen und ihre Spielsachen – und fragte mich, was wohl die Verbindung zwischen dem Interesse an elektronischen Geräten und der Vorliebe für Sex mit Frauen war.
Wir gingen mit einer Flasche Wein in den sommerlich duftenden Garten und machten es uns auf den Gartenliegen bequem, und Lara versuchte, aus Emily die Einzelheiten ihrer sechsunddreißig Stunden währenden Verabredung mit Lou herauszuquetschen. Aber Emily wehrte gereizt ab. »Ich hatte meinen Spaß, und er wird nicht anrufen.« Sie war weit mehr daran interessiert, ihre Arbeitssituation zu
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