Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
legte ich mich sofort hin. War Garv vor mir zu Hause, hatte er schon das Bett aufgedeckt, und ich brauchte nur noch zwischen die kühlen, wohltuenden Laken zu kriechen. Garv legte sich dann neben mich, und ich nahm seine Hand und erklärte ihm, wie sehr ich ihn hasste.
»Ich weiß«, sagte er besänftigend, »ich verstehe das, aber ich verspreche, dass es dir in ein paar Wochen besser geht.«
»Ja«, flüsterte ich dankbar. »Danke, ja. Und dann bringe ich dich um.«
Irgendwann setzte ich mich auf, und Garv wusste, was jetzt kam. »Kotzschüssel?«, fragte er hilfreich, während ich anfing, trocken zu würgen.
»Gleich wird’s besser, gleich ist es vorbei«, murmelte Garv, während ich in die hübsche himbeerrote Schüssel, die Garv eigens dafür gekauft hatte, würgte.
Ein Monat war überstanden, da spürte ich etwas durch mich hindurchströmen, das mir so fremd war, dass ich es zunächst nicht einordnen konnte.
»Verdauungsprobleme?«, fragte Garv. »Blähungen?«
»Nein …«, sagte ich benommen. »Ich weiß nicht, vielleicht ist es … Freude.«
Garv weinte wieder.
Schieb es auf die Hormone oder auf die Natur, was auch immer, doch zu meiner großen Überraschung wollte ich plötzlich dieses Kind. Und als wir in der siebten Woche zu der ersten Ultraschalluntersuchung gingen, entbrannte mit einem Mal die Liebe in mir. Auf dem körnigen Bild war etwas zu erkennen, ein winziger Klumpen, der nur ein klein wenig dunkler war als die Klumpen drum herum, aber es war unser Kind. Ein neuer, einzigartiger Mensch. Wir hatten ihn gemacht, und ich trug ihn in mir.
»Es ist ein Wunder«, flüsterte ich Garv zu, als wir das Bild ansahen.
»Ein neues Leben, ein Wunder«, stimmte er mir feierlich zu.
In wilder Feierlaune nahmen wir uns den Rest des Tages frei und gingen in ein Restaurant, wohin ich manchmal mit Mandanten ging und wo ich folglich noch nie genussvoll gegessen hatte. Diesmal schaffte ich sogar eine halbe Hühnerbrust, ohne dass mir schlecht wurde. Danach schlenderten wir durch die Stadt, und Garv überredete mich, ihm zu erlauben, dass er mir eine Handtasche von Tod’s kaufte (die, auf die Helen so scharf ist). Sie war so teuer, dass ich sie mir niemals hätte leisten können, auch nicht von dem Konto für hübsche Kleinigkeiten. »Das letzte Mal, dass wir Geld für solche Sachen haben«, sagte er übermütig. Dann kaufte ich ihm eine CD von einem Saxophonisten, von dem ich nichts wusste und den er verehrte. »Das letzte Mal, dass du die Möglichkeit hast, solche
Musik zu hören«, erklärte ich ebenso übermütig. Es war einer der schönsten Tage in meinem Leben.
Zu dem Zeitpunkt beschlossen wir, Hoppy und Rider Dermot zu schenken. Er war ganz närrisch auf sie, und obwohl wir sie ungern weggaben, wussten wir, das wir sie nicht behalten konnten, wenn das Baby da war. Wir hatten genug Geschichten von eifersüchtigen Haustieren gehört, die kleine Kinder angriffen, und obwohl Hoppy und Rider nie Anzeichen von Bösartigkeit gezeigt hatten, wollten wir lieber nichts riskieren. So verabschiedeten wir uns unter Tränen von ihnen und versprachen, sie regelmäßig zu besuchen.
Um diese Zeit herum veränderten sich auch andere Dinge. Ich war nie besonders an meinem Körper interessiert gewesen. Ich meine, ich hasste ihn nicht so, dass ich gehungert oder mich absichtlich geschnitten hätte, aber ich hatte ihn auch nie besonders beachtet. Aber mit meiner Schwangerschaft kündigte sich eine tiefgreifende Veränderung an: Ich fühlte mich reif und prächtig und mächtig und – ich weiß, es klingt komisch – nützlich. Bis zu dem Zeitpunkt war meine Gebärmutter für mich so etwas Ähnliches wie der Schlüsselring an meiner Texier-Handtasche: weder dekorativ noch nützlich, aber er wurde mitgeliefert, und deshalb hatte ich ihn eben.
Eine weitere Nebenwirkung meiner Schwangerschaft war, dass ich mich plötzlich sehr normal fühlte. So lange hatte ich aufgrund meiner mangelnden mütterlichen Gefühle geglaubt, ich sei ungewöhnlich. Zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich im Einklang mit der Welt.
Eigentlich soll man bis zur zwölften Woche warten, bevor man seinen Mitmenschen davon erzählt, und normalerweise kann ich Geheimnisse gut bewahren, aber diesmal fiel es mir schwer. Deshalb weihten wir in der achten Woche unsere Familien ein, die sich sehr erfreut zeigten – die meisten Mitglieder zumindest. »Und ich dachte schon, du wärst eine Jaffa«, sagte Helen eiskalt zu Garv.
»Was ist eine
Weitere Kostenlose Bücher