Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
die Beine stellen, aber im Moment nehme ich eine Auszeit.«
»Ich habe viel zu viel Auszeit gehabt.«
Ich hörte aufmerksam zu. ›Auszeit‹ hieß offenbar, dass es nicht viel zu tun gab. Das gefällt mir, wenn ich in den Staaten bin: Ich kriege den neuesten Slang mit, bevor er in Irland aufkommt. Es ist ein bisschen so, als würde man alle großen Filme ein halbes Jahr, bevor sie in die irischen Kinos kommen, sehen.
»Wahrscheinlich habe ich für den Rest meines Lebens nur noch Auszeit.« Emily fing an zu jammern. »Dieser bescheuerte Agent.«
»Es ist erst drei Tage her!«, beschwichtigte Lara sie. »Gib ihm eine Chance.«
»Fünf Tage. Er hat es seit letztem Freitag.«
»Drei Arbeitstage. Das ist gar nichts. Und wie kommst du mit dem neuen Drehbuch zurecht?«
»Schlecht. Sehr schlecht.«
»Weil du kein Selbstvertrauen hast. He, hier ist Justin.«
Justin entsprach nicht unbedingt dem Bild eines gut aussehenden Mannes. Er trug eine Brille, hatte kurzes krauses Haar und war recht rundlich. Fairerweise muss man allerdings hinzufügen, dass er wahrscheinlich nur ein oder zwei Kilo über seinem Idealgewicht lag, aber da alle anderen in L.A. so gertenschlank waren, wirkte er ein bisschen pummelig.
»Tut mir Leid, dass ich zu spät komme, Mädels.« Er hatte eine etwas hohe Stimme. »Desiree war ein bisschen deprimiert, da wollte ich sie nicht allein lassen.«
Ich hielt Desiree für seine Freundin, aber es stellte sich heraus, dass es sein Hund war.
Emily erklärte mir, dass Justin Schauspieler war.
»Habe ich Sie in irgendwas gesehen?«, fragte ich ihn.
»Vielleicht.« Aber er schien meine Frage nicht sehr ernst zu nehmen. »Ich spiele immer den Dicken, der als Erstes dran glauben muss. Zum Beispiel, wenn sie sich auf einen fremden Planeten runterbeamen, und einer von der Crew wird von einem feindseligen Eingeborenen ausgeschaltet. – das bin ich. Oder wenn es zu einer Schießerei kommt mit der Polizei, dann bin ich der Polizist, den es erwischt.«
»Mach es nicht schlecht«, sagte Emily. »Du hast mehr Arbeit, als du annehmen kannst.«
»Das stimmt. Bei Planet Movie brauchten sie eine Menge Dicke, die dran glauben mussten. – Und?«, sagte er zu Emily. »Wie war es bei deiner Blind-Date-Dinner-Party letzten Samstag?«
»Ach, du lieber Himmel«, stöhnte Emily. »Also, ich komme da hin, und Al, der Typ, den sie für mich ausgesucht hatten, sieht ganz okay aus.«
»Schlechtes Zeichen«, sagte Lara trocken.
»Er erzählt mir, er hat mit Organspenden zu tun, und ich finde, in den muss ich mich einfach verlieben. Dieser Mann
rettet Leben, dachte ich. Also sage ich zu ihm: Erzähl mir von deinen guten Taten.«
»Ein folgenschwerer Fehler in dieser Stadt«, sagte Lara zu mir. »Man bittet jemanden, ob er einem den Wasserkrug reichen kann, und dann muss man sich einen zehn Minuten langen Monolog darüber anhören, wie toll er ist.«
Emily nickte. »Er fährt zu Unfallorten und muss die Organe der Toten untersuchen, also erzählt er mir von den Unfallstellen. Da war dieser Mann, dem – es ist einfach schrecklich – dem hat es den Kopf abgerissen. ›Sein Kopf lag dreißig Meter weiter‹, erzählt mir Al. ›Sie haben ihn erst am nächsten Tag gefunden. Er lag irgendwo in einem Vorgarten. Ein Hund hat ihn entdeckt.‹«
»Ihh«, sagte Lara, und Justin schüttelte sich.
»Es hat ihm einfach unglaublichen Spaß gemacht, mir das zu erzählen«, sagte Emily. »Ich musste zur Toilette, und als ich zurückkam, hörte ich, wie er alle im Restaurant damit unterhielt: ›DER HUND HAT IHN IM VORGARTEN ENTDECKT.‹ Aber ich habe mich sehr gut mit diesem anderen Typen, Lou, verstanden. Er hat sich meine Telefonnummer geben lassen. Aber bisher hat er nicht angerufen.« Plötzlich ernüchtert sagte sie mit schmalen Lippen: »Ich bin beziehungsunfähig, keiner will meine Arbeit. Ich bin die größte Niete aller Zeiten.«
»Das stimmt nicht«, tröstete ich sie verzweifelt. Ich schluckte und zwang mich zu sagen: »Demnächst bin ich eine geschiedene Frau und damit die größte Niete überhaupt.«
»Wenigstens warst du verheiratet«, sagte Emily düster. »Obwohl, im Moment würde ich mich auch mit Sex begnügen. Dank Bretts missglückter Penisvergrößerung habe ich seit vier Monaten mit keinem Mann geschlafen. Und wie ist es bei dir, Maggie?«
»Nicht ganz so lange her.« Es war mir viel zu peinlich, das vor Lara und Justin zu erörtern. Es war mir schon schwer genug gefallen, das mit der Scheidung zu
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