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Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Titel: Auszeit für Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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fuhr die beschämend kurze Strecke zum Strand und parkte. Vor mir lag das perfekte Postkarten-Panorama, wie an den anderen Tagen auch: der Sand, die Sonne, die Wellen, das klare, goldene Licht. Zu schade, dass ich so entsetzlich einsam war. Was jedoch noch schlimmer war – und es war mir peinlich, das zuzugeben –, war meine Verlorenheit ohne die Routine und die festen Zeiten meiner Arbeit, und ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich mich darüber ärgerte, denn ich hatte mir in all den Jahren meiner Berufstätigkeit immer wieder gewünscht, dass ich im Lotto gewinnen würde und meine Arbeit an den Nagel hängen könnte und unendlich viel Zeit haben würde, faul in der Sonne herumzuliegen. Jetzt, da diese Situation eingetreten war, hatte ich Angst davor. Natürlich hatte ich in den letzten Jahren oft Ferien gemacht, aber dieser seltsame, unstrukturierte Bruch in der Routine war nicht wie Ferien. Ich wusste nicht, was es war, aber dass es keine Ferien waren, das wusste ich.
    Mein linker Ringfinger sah inzwischen nicht mehr so schlimm aus – die Farbe von rohem Teig glich sich von Tag zu Tag der restlichen Hautfarbe an, der Sonnenbrand war abgeklungen, und die Eindellung verschwand, so dass der Finger eine durchgehende Dicke hatte. Es war wie mit der Schrift im Sand, die von den Wellen fortgewaschen wird.
    Ich breitete mein Handtuch aus und setzte mich in die unsichtbare Plastikblase, die mich von dem Rest der Welt abschnitt – nur nicht von Rudy, dem Eisverkäufer. Am Tag davor war er nicht gekommen. Ob es sein freier Tag gewesen war?
    Nein, sagte er, er sei beim Vorsprechen gewesen.
    »Was soll’s denn heute sein?«, fragte er.
    »Was kannst du empfehlen?«
    »Wie wär’s mit einem Klondike?«
    Ich nahm ein Klondike, und er ging davon.
    Ich sah ihm nach, wie er durch den Sand davontrottete und mit jedem Schritt kleiner wurde. Wo bewahrte er nachts das Eis auf, fragte ich mich. Gab es irgendwo ein großes Haus, wo das ganze Eis hinkam? Wie ein Busbahnhof, bloß für Eis? Oder musste er es mit nach Hause nehmen? Und wenn ja, hatte er Angst, dass die anderen in seiner Familie sich bedienen würden? Es würde ja nichts ausmachen, wenn sie ihm das Geld dafür gaben, denn dann müsste er nicht am Strand entlangstapfen und sich mit Steinen bewerfen lassen. Aber wahrscheinlich würden sie ihm kein Geld geben … ich döste ein.
    Die Gefahr, dass ich zu viel schlafen würde, bestand nicht. Ich schlief immer noch wie ein Stein, so wie zu Hause – zumindest sobald der lauteste Fernseher der westlichen Welt abgestellt worden war. Der Schlaf war eine gesegnete Befreiung, und das Aufwachen war wie der Abstieg in die Hölle. Jeden Morgen, wenn die Wirklichkeit auf mich einstürzte, kam mir als Erstes der Schreckgedanke: »Ich kann nicht glauben, dass das alles passiert ist. Ich kann nicht glauben, dass ich wirklich hier bin.« Doch eine Weile nach dem Aufwachen löste sich der Schrecken langsam auf und hinterließ lediglich einen faden Nachgeschmack.
     
    Als ich gegen halb sieben zurückkam, war Emily auf der Couch eingeschlafen, den Laptop auf dem Bauch, und am Anrufbeantworter blinkte das Licht. Eine Nachricht war auf dem Band.
    Eine Männerstimme, die in dem superentspannten kalifornischen Singsang sprach, als ginge es bei diesem Anruf nicht um Leben oder Tod. »He, hallo, Emily. Hier ist David. David Crowe. Dein eifriger Agent.« An der Stelle wurde der Singsang noch singsanghafter. »Ich habe gerade einen Anruf von Mort Russell von Hothouse erhalten. Er hat dein Drehbuch gelesen und ist seeehr, sehr angetan.« Noch einmal Singsang. »Ruf mich an.«
    »Emily! Wach auf!« Ich packte sie am Arm und versuchte, sie durch das Zimmer zu zerren. »Wach auf, du musst dir das anhören!«
    Sie sah mich benommen und verständnislos an, und ich spielte ihr die Nachricht vor. Dann sprang sie wie der Blitz von der Couch und hatte schon den Hörer in der Hand …
    »Wer ist Hothouse?«, fragte ich. »Taugen die was?«
    »Ich glaube, sie gehören zu Tower«, murmelte sie und drückte auf die Tasten. »Bitte seid noch da, seid bitte noch nicht nach Hause gegangen. Bitte! Emily O’Keeffe, ich möchte David Crowe sprechen.«
    Sie wurde sofort durchgestellt.
    »Jaha«, sagte sie und nickte.
    »Ja.«
    »Gut.«
    Ein Nicken.
    »In Ordnung.«
    »Wann?«
    »In Ordnung.«
    »Ciao.«
    Langsam legte sie den Hörer auf. Und noch langsamer glitt sie mit dem Rücken an der Wand runter, bis sie auf dem Boden saß. All das verhieß eine

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